19. bis zum 21. März Messe ProWein 2023: Zwischen Vorfreude und großer Skepsis

Trier/Düsseldorf · Das Schicksal von Mosel, Saar und Ruwer entscheidet sich auch in Düsseldorf – weil dort die Messe „ProWein“ stattfindet und dort die großen Geschäfte rund um das, was der Mensch aus Trauben (und mit destillierten Früchten) machen kann, verhandelt werden. Vom 19. bis zum 21. März entfalten sich in den Messehallen das bunte Treiben an den Ständen. Nicht nur die Winzer blicken darum in diesen Tagen gespannt gen Düsseldorf.

19. bis zum 21. März: Messe ProWein 2023: Zwischen Vorfreude und großer Skepsis
Foto: Moselwein e.V./Ansgar Schmitz

In Olewig, Nittel, Trittenheim und an anderen Orten: Die „ProWein“ ist überall Thema. Was nicht bedeutet, das alle die Messe in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt feiern. Mancher Erzeuger, auch und gerade solche aus der Spitzenklasse, sehen sie ausgesprochen skeptisch. Oder noch kritischer. Gernot Kollmann vom Enkircher Weingut Immich-Batterieberg zum Beispiel: „Wir werden nicht mehr zur ProWein gehen mit eigenem Stand. Zu teuer im Verhältnis zu den Ergebnissen“, gibt er zu Protokoll. Und schließt eine geharnischte Kritik an die Adresse der Veranstalter an: „Die ProWein muss aufpassen, dass sie nicht nur eine Großvermarktermesse wird und allen Charme verliert.“

Weingut Deutschherrenhof will auf Messebesucht bei der ProWein nicht verzichten

Wobei der Önologe mindestens in einer Hinsicht recht hat: Wer richtig fette Umsätze machen will, muss (noch) nach Düsseldorf. Kollmann und seine Mitstreiter hingegen setzen bei ihrer Art von zielgenauer Kundenpflege auf das Internet: „Wir nehmen an einer Veranstaltung von www.sommelier-consult.de teil.“ Und er weiß: „Viele Kollegen gehen auch nicht mehr.“

Christopher Jung aus Longuich betreibt in seinem Heimatort eines von vielen an der Mosel traditionell starken Familienweingüter mit angeschlossenen Ferienwohnungen und einer modernen Vinothek. Für den Enddreißiger bieten die Messehallen keine Spielwiese: „Wir sind ja sehr Endkunden-orientiert. Daher haben wir eher eine günstige Preisgestaltung mit wenig Handelsspielraum. Auf Grund dieser zwei Punkte waren wir noch nie als Aussteller auf der ProWein und planen dies aktuell auch nicht.“

Trotzdem plant der Absolvent der renommierten Hochschule in Geisenheim (Rheingau) einen Besuch in Düsseldorf: „Ich mag die Messe als Branchentreff und fahre auch gerne mal wieder hin. Man bekommt schon einen Eindruck wie es so läuft und so weiter. Daher betrachte ich die Messe schon als wichtig auch in Zeiten von Zoom & Co. Der persönliche Kontakt ist nicht zu unterschätzen denke ich.“

Die Endverbraucher, von denen Jung spricht, sind übrigens als Messebesucher nicht erwünscht: Wer ins Innere will, muss nachweisen, dass er Gastronom, Händler, Winzer oder Weinjournalist ist. Ganz außen vor bleiben Konsumenten in Düsseldorf indes nicht: Während der Messe findet in der Stadt für Menschen ohne professionellen Weinbezug die Veranstaltungsreihe „ProWein goes City“ statt. Bevor ein Stand auf der Messe sich auszahle, müsse der Winzer erst mal in Vorlage treten „Was mir Kollegen berichtet haben, ist Folgendes. Die Messe ist teuer, und es braucht schon eine Weile, bis man sich einen Namen gemacht hat.“

Zu den den Familienweingütern mit Ambitionen zählt auch der Deutschherrenhof von Sebastian Oberbillig und seiner Familie in Trier-Olewig – denn an der Mosel findet, wie auch zum Beispiel in Kürenz oder Koblenz-Güls, der Weinbau auch am Rand der Kernstädte statt. Der Chef, Mitgründer der legendären „Moseljünger“, will auf die ProWein nicht verzichten. Warum, das macht Oberbillig mit einfachen Worten klar: „Für uns ist die Messe vor allem für den Export alternativlos.“ Wie viel die Teilnahme für ihn ausmacht, vermag der Betriebsinhaber nicht so genau zu sagen, denn: „Leider kann man nicht so klar berechnen, wie viele Flaschen man über die Messe verkauft.“

In den meisten Familienweingütern jedoch ist von Vorfreude oder ähnlichen Stimmungen wenig zu spüren. Das ist nicht nur bei Christopher Jung in Longuich so. Viele Kollegen mit einstelliger Betriebsgröße äußern sich ähnlich, so auch Florian Blesius aus Graach: „Für uns als kleiner Fünf-Hektar-Betrieb lohnt sich die ProWein aktuell nicht, daher haben wir dort auch keinen Stand.“

Gemeinsames Probieren und direkter Kundenkontakt können durch Online-Meetings nicht ersetzt werden

Marketing-Managerin Katharina Jost vom Weingut Markus Molitor am Klosterberg oberhalb von Wehlen spricht hingegen für eines der mit einer Anbaufläche von 120 Hektar an Mosel und Saar größten Güter an der Mosel und sieht vor allem in einer Förderung des Exportgeschäfts ein Argument für die Teilnahme. In Online-Verkostungen wie während der Pandemie sieht sie keine Zukunft: „Das gemeinsame Probieren und der direkte Kundenkontakt können durch Online-Meetings nicht ersetzt werden, im Gegenteil: Gerade nach der zehrenden Pandemiezeit ist es wichtig, die persönlichen Kontakte wieder aufleben zu lassen, um damit die Geschäftsbeziehung wieder zu intensivieren.“

Traditionell im Geschäft mit den USA (und mit Südeuropa) stark aufgestellt ist auch Johannes Selbach aus Zeltingen-Rachtig, der immerhin 21 Hektar vor allem mit Riesling, Weiß- und Spätburgunder sein Eigen nennt. Er nimmt mit seinem Weingut Selbach-Oster schon seit Beginn in den 1990er-Jahre an der ProWein teil und sieht nicht nur auf die Abschlüsse und Einnahmen, sondern auch auf die Kosten: „Die Messe und alles, was mit ihr zusammen hängt, ist über die Jahre auch ständig teurer geworden.“ Darum gilt für ihn: „Das Resultat der diesjährigen ProWein wird für uns der Maßstab sein, an dem wir eine mögliche zukünftige Beteiligung messen.“

Einer spielt bei alledem nicht die geringste Rolle: Fernseh-Entertainer Jan Böhmermann. Hat er mit seinen abschätzigen Äußerungen über den Moselwein das Geschäft verhagelt? Noch nicht mal das, weiß der Winzer Gernot Kollmann: „Darauf hat mich niemand angesprochen.“

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