"Mir schwillt der Kamm"

TRIER. Die "Kammer-Jäger" machen mobil. Sie wettern gegen die Zwangsmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern (IHK). Auch in der Region wächst die Kritik. Bei der Trierer IHK ist das Problem bekannt.

"Wissen Sie nun, warum die Zwangsmitgliedschaft schnellstens abgeschafft werden muss?" fragt Axel Pestel, Chef-Kammerverweigerer, seine Anhänger, nachdem er ihnen in einem Schreiben mitgeteilt hat, dass sich die "Trierer Kammerherren eine genehme Vollversammlung" zusammensuchen wollen. Der Vorfall in der Trierer IHK gibt den Kammer-Gegnern Aufwind.Angeblich 350 000 Gegner bundesweit

Seit neun Jahren kämpfen Unternehmer aus ganz Deutschland gegen die Pflichtmitgliedschaft in den insgesamt 81 IHKen. Den Kammerbeiträgen stünden keine erkennbaren Leistungen gegenüber, argumentieren die auf 350 000 geschätzten "Kammerjäger". Bislang war ihr Kampf jedoch erfolglos. Erst kürzlich bekräftigte die Bundesregierung, an der Pflichtmitgliedschaft in den Wirtschaftskammern festzuhalten. Vor allem aus den Reihen der SPD und der Grünen wird immer wieder Kritik laut. So forderte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Rezzo Schlauch (Grüne), Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern zu fusionieren und den Pflichtbeitrag an die Verpflichtung zu knüpfen, ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Auch in der Region regt sich zunehmend Widerstand gegen die IHK. "Mir schwillt der Kamm", macht Versicherungsfachwirt Otmar Hilgert aus Traben-Trarbach seinem Kammerfrust Luft. Er bezahle knapp 300 Euro Beitrag, "und dafür erhalte ich Null Leistungen". Nur Großbetriebe hätten etwas von der Kammer. Er fordert, dass die Kammer mit den Berufsverbänden konkurrieren solle, damit sich jeder aussuchen könne, wer seine Interessen am besten vertrete. Hilgert hat seine Konsequenzen gezogen. Er bezahlt seine Kammerbeiträge nicht mehr. "Ich warte immer, bis der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht." Er kenne kaum einen Kleinunternehmer, der sich nicht genauso über die IHK aufregen würde, sagt Hilgert. Das kann Karl-Heinz Wulf aus Daun bestätigen. "Der Anteil der Kammer-Kritiker wird immer größer", sagt der 74-jährige Versicherungsmakler. Seine Argumente gegen die Pflichtmitgliedschaft sind die gleichen wie die von Hilgert: zu wenig Leistung, keine Berücksichtigung der kleinen Betriebe. Abschaffen will aber keiner der Kritiker die Kammern. Bei der Trierer IHK sind die Argumente bekannt. Hauptgeschäftsführer Arne Rössel glaubt, die "Pappenheimer" zu kennen, die gegen die Kammer wettern. Er macht sie vor allem unter den 1900 Versicherungs- und Handelsvertretern in der Region aus. Pro Jahr besucht er etwa 150 kritische Mitglieder, versucht sie von den Vorteilen der Mitgliedschaft zu überzeugen. "Oft gelingt mir das auch." Er weiß, dass es bei 23 000 Mitgliedern keine hundertprozentige Zufriedenheit geben kann. Mit verstärkter Vor-Ort-Präsenz und regelmäßigen Infos über die Kammer versuche man, das schiefe Bild bei einigen wieder gerade zu rücken. Mit mäßigem Erfolg wie es scheint. Denn von den knapp 2000 neuen Mitgliedern pro Jahr finden gerade mal 30 zu den beiden Info-Veranstaltungen.

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