Mit der Chipkarte ans Lenkrad

BERLIN/TRIER. Nach dem Maut-Chaos wartet auf Deutschlands Lastwagenfahrer die nächste Herausforderung: der digitale Fahrtenschreiber. Doch obwohl der Bundestag gerade die Einführung des "Tachografen" beschlossen hat, möchten deutsche Politiker ein neuesDesaster vermeiden.

In Zukunft muss ein LKW-Fahrer zuerst die Chipkarte ziehen, bevor er seine Arbeit aufnehmen kann. In Europa soll nämlich der digitale Tacho den alten Fahrtenschreiber mit Tachoscheibe ersetzen. Erst nachdem sich der Fahrer dann mit einer Karte beim digitalen Tachografen angemeldet hat, kann er losbrummen.EU will im August starten

Der eigentliche Starttermin für das neue, von der EU geforderte Überwachungsgerät ist europaweit der 5. August 2004. "Wenn dieser Termin bestehen bleibt, wird das genauso ein Chaos wie bei der Maut-Einführung", warnt Philipp Schultz, Verkehrs-Experte der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK). Diese Bedenken hat nun auch der Bundestag geäußert. Während die EU noch am August festhält, hat der Bundestag am Freitag zwar die Einführung beschlossen, aber auch gleichzeitig Brüssel aufgefordert den Starttermin zu verschieben, "damit es nicht zu einem neuen Debakel à la Maut kommt". "Der Vorlauf ist viel zu kurz", sagt auch Philipp Schultz. Bisher stehe nicht einmal fest, wer die neuen Geräte liefert. Aus Deutschland hat sich Siemens VDO für den Auftrag beworben - doch der Konzern habe bisher nicht einmal mitgeteilt, wie teuer die digitalen Erfassungsgeräte werden könnten. Wenigstens für die Chipkarten gibt es schon Preise genannt. Die Fahrerkarte (auf ihr werden Besitzerdaten gespeichert) soll voraussichtlich 22 Euro kosten und von den Führerscheinbehörden ausgegeben werden, die Unternehmenskarte wird voraussichtlich ebenfalls 22 Euro kosten und eine Werkstattkarte könnte 30 Euro kosten. Diese Karten sind bei den Arbeitsschutzbehörden erhältlich. Die Kosten für Karten und Erfassungsgerät muss der Unternehmer tragen. "Generell kann man die neuen EU-Richtlinien nur begrüßen. Sie bietet mehr Sicherheit auf unseren Straßen und schützt aber auch vor schwarzen Schafen in der Branche", ist IHK-Verkehrs-Experte Schultz von der neuen Technik überzeugt. In der Region Trier wären damit knapp 7000 Lastwagen und Busse von der Regelung betroffen. Neufahrzeuge müssen nach Einführung der Richtlinie mit der neuen Technik ausgerüstet sein. Der Tachograf werde zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei Lastwagen und Bussen beitragen. In der jüngeren Vergangenheit hatte es zahlreiche Unfälle gegeben, bei denen die Übermüdung der Fahrer als Ursache angenommen wurde. Das Gerät soll Polizei und dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) die Kontrolle der vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten bei Lastwagen mit über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht und Omnibussen mit mehr als acht Fahrgastplätzen erleichtern. Das neue Gerät kann aber viel mehr - beispielsweise kann der Fahrtenschreiber auch der Werkstatt Auskunft darüber gehen, ob der Fahrer zu hochtourig fährt oder wie und wie oft er schaltet. Herkömmliche Fahrtenschreiber hatten Missbräuchen durch die Fahrer teilweise Tür und Tor geöffnet. Überschreiten die von der Neuregelung betroffenen LKW- und Busfahrer die vorgeschriebenen Ruhezeiten, müssen sie künftig mit bis zu 15 000 Euro Bußgeld rechnen. Fachverbände befürchten, dass nachdem Verkehrskommissarin Loyola de Palacio bisher keine verbindliche Rechtsgrundlage habe, einzelne EU-Mitgliedsstaaten vorpreschen. Der niederländische LKW-Verband TLN fordert daher, dass sich die EU-Länder verpflichten auf keinen Fall vor dem neuen Datum den Einbau der Geräte von Unternehmen zu fordern.

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