Mit Zielstrebigkeit und Feingefühl nach oben

Temmels · Heute ist Girls\' Day: Überall in der Region schnuppern Mädchen in Berufe, die als Männerdomänen gelten. Dazu gehören auch Führungspositionen. Ute Klassen, Chefin der Fleischerei Klassen in Temmels (Kreis Trier-Saarburg), ist gerade ausgezeichnet worden. Jungen Frauen rät sie, geradlinig Ziele zu verfolgen - ob in Männerberufen oder mit dem Blick nach oben.

 Rät Mädchen zum heutigen Girls' Day, sich Ziele zu setzen und diese geradlinig zu verfolgen: Ute Klassen, Chefin eines Fleischereibetriebs. Foto: privat

Rät Mädchen zum heutigen Girls' Day, sich Ziele zu setzen und diese geradlinig zu verfolgen: Ute Klassen, Chefin eines Fleischereibetriebs. Foto: privat

Temmels. Wenn Ute Klassen morgens in den Betrieb kommt, richtet sie zuerst die Kasse in dem 90 Quadratmeter großen Fleischerei-Fachgeschäft ein. Dann hilft sie beim Einräumen oder sie telefoniert mit dem Bäcker, wenn etwa zu wenig Ware für die Frühstücksbrötchen oder den Mittagstisch geliefert wurde.Seit 1986 arbeitet die ausgebildete Fleischereifachverkäuferin in dem Familienbetrieb mit den heute 31 Mitarbeitern, den sie zusammen mit ihrem Mann Peter führt.Miteinander muss stimmen

"Man wird als Ehefrau nicht automatisch Führungskraft", räumt sie ein Vorurteil aus. Einen Grundstein für ihren beruflichen Weg habe ihr "guter Chef", wie sie ihren Ausbilder in einer Trierer Metzgerei heute noch nennt, gelegt. "Mit dem Ausbildungsplatz ist es wie mit der Familie. Wie man dort aufwächst, ist entscheidend fürs Leben oder eben für das Berufsleben", sagt die 46-Jährige. Als Chefin setzt sie heute noch einiges von dem um, was sie in den 1980er Jahren von ihrem Meister gelernt hat: "Etwa Respekt voreinander zu haben", sagt die gebürtige Wasserliescherin.Sie ist überzeugt, dass ein Betrieb wie eine Uhr funktioniert. "Wenn das kleinste Zahnrad klemmt, bewegen sich auch die großen Zeiger nicht mehr", sagt Klassen. Von der Reinigungskraft bis zum Fleischer müsse das Miteinander stimmen. Viel habe sie auch auf Seminaren für Führungskräfte gelernt.Familienleben im Blick

Den Chefinnensessel des Fleischereibetriebs mit SB-Shop, Mittagstisch und Partyservice teilt sich die Mittvierzigerin mit ihrer Schwiegertochter. "Wir wechseln uns mit der Kinderbetreuung meiner 20 Monate alten Enkelin und der Stelle ab", sagt Klassen. Dafür und dass sie die Arbeitszeiten etwa von jungen Müttern auf Kinderbetreuungszeiten abstimmt, erhielt das Traditionsunternehmen dieser Tage den Preis "Frauen in Führungspositionen" im Rahmen des Landeswettbewerbs "Firma und Familie".Wie wichtig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist, hat Ute Klassen am eigenen Leib erfahren: Als berufstätige Frau hat sie Sohn Philipp großgezogen, der den Betrieb in die vierte Generation führt. Als Chefin kann sie nun auch Einfluss nehmen auf "den Spagat zwischen all den Anforderungen, die Frauen erfüllen müssen". Warum sollten Mädchen Führungspositionen anstreben? "Chefin zu sein, schafft eine persönliche Zufriedenheit. Man erfährt dadurch einen gewissen Stellenwert, gerade als Frau", sagt Klassen. Wer eine Führungsposition anstrebe, solle sich Ziele setzen, Strategien entwickeln und diese geradlinig verfolgen. "Aber wichtig ist auch, dass man feinfühlig bleibt für Situationen, für Menschen und für sich selbst", rät Ute Klassen.Gegen Klischees arbeiten

Mädchen, die gerne einen typischen "Männerberuf" wie Fleischer erlernen wollten, sollten sich nicht von Klischees abhalten lassen. Selbstkritisch sollten sie hinterfragen, ob sie die richtige Vorstellung haben von den Ansprüchen, die der Beruf körperlich, mental oder auch von den Arbeitszeiten her an sie stellt. Ute Klassen rät zu Praktika. "Idealerweise in dem Betrieb, in dem man sich auch vorstellen könnte, eine Ausbildung zu machen", sagt sie. Der Rest spiele sich im Kopf ab. Am Ende zähle auch hier der Wille.Bislang hat sich in ihrem Betrieb erst eine einzige junge Frau ernsthaft für die Ausbildung zur Fleischerin interessiert, wie Ute Klassen erzählt. Aber: "Sie hat sich dann aber doch für die Arbeit als ,Ladenmetzgerin\' entschieden." Extra

In den Vorjahren haben bis zu 1700 Schülerinnen an Girls\\'-Day-Angeboten in der Region Trier teilgenommen. Informationen darüber und die aktuelle Liste mit den Arbeitsstätten in der Region finden sich auf verbundsystem-trier.de girls-day.de red

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