Mülltrennung für den Müll

BERLIN. Der Grüne Punkt steht auf dem Prüfstand: Der Deutsche Bundestag beschäftigte sich in der kommenden Woche mit seiner Zukunft und effektiveren Mülltrennungs-Systemen.

Die deutsche Mülltrennung funktioniert so: Verpackungen mit grünem Punkt in die gelbe Tonne, Restmüll in die graue, Papier, Glas und Bio-Abfälle jeweils extra. Regionale Ausnahmen bestätigen die Regel. Seit 1991 sind die Verbraucher angehalten, ihren Müll sorgfältig zu trennen. Mit mäßigem Erfolg, wie der Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) festgestellt hat: "Fehlwürfe von bis zu 50 Prozent", sagen die Entsorger, sind keine Seltenheit. In Ballungsgebieten oder sozialen Brennpunkten liegt die Quote sogar bei 70 Prozent.Modellversuche in Nordrhein-Westfalen

Das ist ein Grund, warum "Mühen und Kosten" der umfassenden Mülltrennung "weder ökologisch weiterhin erforderlich noch ökonomisch länger zu vertreten sind", wie die FDP glaubt. In der kommenden Woche wird der Bundestag voraussichtlich darüber debattieren, ob das Prinzip des getrennten Sammelns nicht überholt ist. Der grüne Punkt steht dann auf dem Prüfstand. In einem Antrag fordern die Liberalen die Bundesregierung auf, ein überarbeitetes Abfallkonzept vorzulegen und anzuerkennen, dass die Getrenntsammlung "aufgrund des technischen Fortschritts bei Sortier- und Verwertungsanlagen teilweise entfallen kann". Neben der "Fehlwurfquote" Grund zwei also, weshalb laut FDP-Expertin Birgit Homburger die Haushalte entlastet werden können: Das Sortieren "per Hand" sei inzwischen durch die effektivere, automatisierte Mülltrennung ersetzbar, das Sammeln im gelben Sack überflüssig. Dass bald alles in einem Mülleimer landen könnte, sieht die FDP'lerin jedoch nicht - Bio-Abfälle, Papier, Pappe, Karton und Glas sollten weiterhin getrennt werden. Ins selbe Horn bläst die Entsorgungswirtschaft: Schon seit Monaten laufen Modellversuche zur vollautomatischen Trennung des Hausmülls, ab April werden diese Systeme flächendeckend in Nordrhein-Westfalen erprobt. Die Versuchsergebnisse seien "vielversprechend", resümiert Hauptgeschäftsführer Frank-Rainer Billigmann. Verwertung ist neben der Entlastung der Haushalte ein weiterer Grund, warum die FDP mit der derzeitigen Mülltrennung auf Kriegsfuß steht: Laut Bundesregierung sammelte das Duale System Deutschland (DSD), Betreiberfirma des Grünen Punkts, 2002 rund 2,3 Millionen Tonnen Leichtverpackungen ein - 28,9 Kilogramm pro Einwohner. Der Verwertung wurden aber nur 1,4 Millionen Tonnen zugeführt, 58 Prozent. Den Rest kippte man wieder zusammen, um ihn zu verbrennen oder zu deponieren. Die Regierung verteidigt dieses Vorgehen: Dabei habe es sich um nicht verwertbare Materialien gehandelt, oder um solche, für deren Verwertung niemand bezahlen wolle. Hinzu kommen die Kosten, die der FDP ein Dorn im Auge sind: 1,874 Milliarden Euro gibt das DSD jährlich aus für die getrennte Sammlung, Sortierung und Verwertung von 6,3 Millionen Tonnen Abfall. Das Geld holt es sich bei Handel und Hersteller wieder - und die wiederum bitten den Verbraucher zur Kasse.

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