Nach Strich und Faden betrogen

WITTLICH. Das Wittlicher Schöffengericht hat einen 33-jährigen Internet-Betrüger zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der Mann hatte monatelang über mehrere Internet-Auktionshäuser Produkte verkauft, die er gar nicht besaß.

Ralf Schmitt (Name geändert) ist ein Verkäufer, wie er im Buche steht. Der 33-jährige Familienvater redet wie ein Wasserfall, formuliert dabei fast druckreif, ein echter Akrobat des Wortes. Leicht vorstellbar, dass Herr Schmitt, Handelsvertreter aus Leidenschaft, Leuten Dinge andrehen kann, die sie eigentlich gar nicht benötigen. Das ist nicht strafbar, allenfalls Geschick des Verkäufers. Dummerweise aber hat Herr Schmitt auch Käufern Dinge angeboten, die er gar nicht besaß. Das nennt man schlicht Betrug und ist, sagt der Wittlicher Richter Josef Thul, "nix anderes, als an der Pommesbude Fritten zu bestellen und ohne Bezahlung abzuhauen". Ralf Schmitt hat allerdings keine Fritten geklaut, sondern ganz bequem vom heimischen Schreibtisch aus betrogen. Irgendwann, sagt er, habe ihn ein Freund darauf aufmerksam gemacht, wie kinderleicht man im Internet Geld verdienen könne. Die Masche: Schmitt sollte in einem Internet-Auktionshaus möglichst günstig Programmpakete ersteigern und sie dann - ebenfalls per Internet-Auktion - weiterverkaufen. 50 bis 100 Euro Gewinn pro Programmpaket ließen sich so locker machen, lautete die Geschäftsprognose. Zunächst lief laut Schmitt auch alles wie am Schnürchen. Bis er an den Microsoft-Programmpaketen eines Tages nicht mehr verdiente, sondern draufzahlte. Die Kosten der georderten Produkte waren deutlich höher, als der von ihm bei der Internet-Auktion erzielte Verkaufspreis."…dann ist Mathäi am Letzten"

Geld verdienen konnte der verschuldete Familienvater letztlich nur noch, in dem er anbot, was er gar nicht erst ersteigert hatte. Dutzende gutgläubige Käufer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz überwiesen artig zwischen 300 und 1200 Euro für Programmpakete, Computer oder Videokameras. Doch die vermeintlich ersteigerten Produkte kamen nie an. Ralf Schmitt wurde das erste Mal angezeigt, von der Polizei vernommen. Er leugnete, die Betrügereien gingen weiter. Auch eine Hausdurchsuchung wenig später, bei der Schmitts Computer beschlagnahmt wurde, änderte daran nichts. Der 33-Jährige schloss einfach seinen Ersatz-Computer an und versteigerte munter weiter seine virtuellen Produkte. Erst nach über einem Jahr machte die Polizei dem betrügerischen Treiben ein Ende. 54 geprellte Käufer und eine Gesamtschadenssumme von 21 000 Euro ermittelte Staatsanwalt Thomas Albrecht. "Ich kam da nicht mehr raus, es lief einfach weiter", entschuldigte sich Schmitt vor Gericht. Dass er weiter betrog, obwohl er von der Polizei bereits mehrfach vernommen worden war, wertete Richter Josef Thul strafverschärfend: "Sie haben die Geschädigten nach Strich und Faden belogen und betrogen. Das ist kein Bagatelldelikt, sondern hochkriminell." Weil Ralf Schmitt wegen seiner Internet-Betrügereien von einem anderen Gericht bereits einen Strafbefehl erhalten hat, verurteilte ihn das Wittlicher Schöffengericht schließlich gleich zwei Mal: zum einen wegen der Betrügereien vor dem Strafbefehl (acht Monate Haft), zum anderen wegen der Betrügereien danach (18 Monate Haft). Wohl auch deshalb, weil Schmitt zugesagt hat, für den angerichteten Schaden aufzukommen, muss der mittlerweile wieder als wortgewaltiger Vertreter arbeitende 33-Jährige nicht hinter Gitter. Allerdings muss Schmitt dem Gericht regelmäßig nachweisen, dass er die Betrogenen auch wirklich entschädigt. "Wenn Sie uns hinters Licht führen wollen", mahnte Richter Josef Thul zum Schluss, "ist Mathäi am Letzten."

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