"Nachteile für den Mittelstand"

Die Pläne der Bundesregierung zur Entsorgung milliardenschwerer Risiken aus den Bank-Bilanzen stoßen bei Kreditinstituten, Bundesbank und vielen Experten auf Widerstand. Die Sparkassen befürchten, dass sie benachteiligt werden. Der Trierer Sparkassen-Chef Remigius Kühnen übt heftige Kritik.

 Sparkassen und Volksbanken blieben in den Tumulten der Finanzkrise relativ stabil. Jetzt sollen die Sparkassen stärker belastet werden als die Großbanken. TV-Foto: Archiv

Sparkassen und Volksbanken blieben in den Tumulten der Finanzkrise relativ stabil. Jetzt sollen die Sparkassen stärker belastet werden als die Großbanken. TV-Foto: Archiv

Trier. "Werden die Pläne der Bundesregierung umgesetzt, zahlen wir die Zeche. Die Sparkassen und Volksbanken waren Stabilisatoren in der Finanzkrise, doch die Pläne der Regierung zu den Landesbanken würden uns deutlich stärker belasten als große Banken." Kühnen sieht hier eine starke Wettbewerbsverzerrung.

Worum geht es?

Grundsätzlich wird die angestrebte Bilanzbereinigung zur Ankurbelung des Kreditgeschäfts von fast allen Seiten begrüßt. Bedenken gibt es aber vor allem gegen die Bewertungsregeln für die Risikopapiere.

Und die Sparkassen und der Sparkassenverband kritisieren vor allem die geplante volle Haftung der Eigentümer der Landesbanken - also der Sparkassen und Länder.

"Die rheinland-pfälzischen Sparkassen halten zwar keine Anteile mehr an der Landesbank Baden-Württemberg. Doch die Risiken könnten auf alle Sparkassen überschwappen", sagt der Vorstands-Chef der Sparkasse Trier.

Wieso diese Befürchtungen?

Es liegen zwei Modelle zur Auslagerung von Risikoposten vor. Das erste Bad-Bank-Modell: Das eher auf Privatbanken zugeschnittene "Zweckgesellschafts-Modell" ist nur für strukturierte "giftige" Papiere gedacht - also die Finanzprodukte, die letztlich Auslöser der Krise waren. Sie können von den Banken mit Wertabschlägen abgestoßen werden. Als Gegenleistung müssen Anteilseigner der Privatinstitute unter anderem über längere Zeit eine Wert-Differenz aus Ausschüttungen an die Soffin, den Sonderfonds für Finanzmarktstabilisierung, abzahlen. Wenn später unterm Strich ein Minus steht, sollen Banken so lange keine Überschüsse ausschütten dürfen, bis die Verluste des Bundes ausgeglichen sind.

Das zweite Bad-Bank-Modell: Für die Landesbanken gibt es ein weitergehendes Modell, mit dem auch ganze Geschäftsfelder auf Abwicklungsanstalten ausgelagert werden können. Für Risiken und mögliche Verluste aber müssen hier Länder und Sparkassen als Eigentümer voll haften.

"Das bedeutet, dass gerade die Sparkassen mit ihrem Regional-Konzept weitaus stärker in Haftung genommen werden als die großen Institute, die die Finanzkrise verursacht haben," sagt Kühnen. Vor allem warnt der Sparkassen-Chef vor möglichen Konsequenzen. "Die Versorgung des Mittelstandes mit Finanzmitteln wird so gefährdet," sagt Kühnen. Wegen der Pflicht zum Verlustausgleich müssten Sparkassen Rückstellungen bilden. Dies würde das Eigenkapital massiv belasten. Die Sparkassen hätten bereits Milliarden-Lasten durch die Landesbanken zu tragen. "Dies wäre der vollkommen falsche Ansatz, denn wir müssen den Mittelstand fördern," fordert Kühnen ein Umdenken beim Bund. Die Sparkassen sind mit einem Anteil von rund 60 Prozent der Kreditfinanzierer für den Mittelstand in der Region.

Auch die Bundesbank schlug gestern bei einer Experten-Anhörung im Bundestag vor: "Die Nachhaftung könnte im Interesse der Gleichbehandlung der Institute in beiden Modellen gleich ausgestaltet sein." Und die Hans-Böckler-Stiftung kritisierte die ungleiche Behandlung unterschiedlicher Eigentümer als "problematisch". Private Eigentümer börsennotierter Banken würden nicht an den Kosten der Auslagerung beteiligt, Sparkassen als Eigentümer der Landesbanken hingegen direkt.

Der Bundesverband deutscher Banken ist indes anderer Ansicht und verweist darauf, dass auch die privaten Banken belastet würden. Die abschließende Beratung im Bundestag soll Anfang Juni sein.

Meinung

Verärgert

Sparkassen und Volksbanken können sich nicht so recht mit der Krisenpolitik der Regierung anfreunden. Als die Krise ausbrach, waren es diese Institute, die für etwas Vertrauen in das angeschlagene System sorgten. Der Ärger, dass die Politik die großen Banken und damit die Verursacher der Krise stützt und ihnen Vorteile verschafft, ist zu verstehen. h.waschbuesch@volksfreund.de

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