Neuartige Turbinen schonen die Umwelt

Trier · Das Planungs- und Konstruktionsbüro HSI Hydro Engineering aus Morbach-Gonzerath (Landkreis Bernkastel-Wittlich) schwimmt mit seinen neuartigen Wasserturbinen auf der Erfolgswelle. Mehr als 25 Turbinen werden in den kommenden Jahren fertiggestellt. Die neueste Anlage geht am Montag auf ihre Reise.

Trier. 20 Meter in der Länge, mehr als fünf Meter in der Breite und 4,20 Meter in der Höhe misst die 140 Tonnen schwere Fließwasserturbine, die die Firma HSI derzeit bei der Trierer LB Produktion im Hafen zusammenbaut. Am Montag geht die Turbine auf große Fahrt. "Sie wird an den Fluss Kinzig im Schwarzwald in der Nähe von Offenburg gebracht", erklärt Diplom-Ingenieur Peter Marx. Der HSI-Chef hatte vor gut sieben Jahren die Idee zu diesen besonderen Turbinen. Das Unternehmen, das auch Erfahrungen mit konventionellen Turbinen hat, ist von dieser Entwicklung überzeugt:
Doppelfunktion


"Das Besondere: Die Turbine befindet sich in einem Stahlgehäuse und kann angehoben und gesenkt werden. Damit vereinigt sie gleichzeitig die Funktion von einem Wehr und einer Turbine", erläutert Marx. Das bringt große Vorteile beim Aufbau und vor allem beim späteren Einsatz. Vor Ort wird die Turbine noch mit 220 Tonnen Beton ausgegossen, das gibt der Turbine mehr Stabilität. Die Anlage benötigt in einem Flussbett zwei Wände und einen Boden und wird dann als komplett vorinstallierte Maschine einfach mit einem Kran eingesetzt.
Gegenüber herkömmlichen Flussturbinen hat die HSI-Anlage deutliche Vorteile in Sachen Ökologie, "da die Fische über oder unter der Turbine absteigen können". Zudem läuft die Anlage fast vollkommen emissionsfrei. "Kein Lärm, man sieht und man hört nichts", so Marx. Auch kann das sogenannte Geschiebe - Sand und Kies - weitertransportiert werden, und es wird kein Abfluss behindert. Ein Vorteil, der sich vor allem im Hochwasserfall auszahlt. Peter Marx zeigt in einem Demo-Video die dramatischen Unterschiede: Während eine herkömmliche Anlage unter den angeschwemmten Bäumen, Ästen und sonstigem Unrat versinkt und aufwendig gereinigt werden muss, wird die HSI-Turbine etwas abgesenkt, und der Hochwassermüll fließt unbeschadet ab. "Nach einem solchen Fall hatten wir bei einer konventionellen Anlage große Reinungsarbeiten mit Baggern und schweren Geräten, die Anlage fiel lange aus, bei uns ging nur die Leistung der Turbine für ein paar Stunden zurück", so der Fachmann.
EU-Vorschrift im Blick


Die Idee, dass seine Turbinen ein große Zukunft haben, hatte Marx, weil die EU vorschreibt, dass bis 2025 alle Staustufen eine Fischtreppe haben müssen. Im Zuge dieses Ausbaus lässt sich sehr leicht auch zusätzlich eine solche Turbine einbauen. "Allein für Deutschland haben wir 800 sinnvolle Anlagen errechnet", erklärt der Diplom-Ingenieur. Zunächst aber sind die Anlagen, die in Morbach-Gonzerath konstruiert werden, europaweit gefragt. "80 Prozent unserer Geschäfte machen wir im Ausland. Österreich, die Schweiz und Bulgarien gehören zu den wichtigsten Märkten. Frankreich, Italien und die Niederlande werden immer bedeutender." In den kommenden beiden Jahren liefert das HSI-Team rund zehn Turbinen aus. Pro Anlage müssen Investoren etwa zwei Millionen Euro aufbringen, Doppelanlagen kosten etwa fünf Millionen. "Wenn die Turbine auch etwas teurer ist als herkömmliche Anlagen, so ist das Gesamtinvestment doch günstiger", rechnet Marx vor. Denn die Turbinen kommen ohne große Gebäude und Infrastruktur aus und sind zudem leistungsfähiger. Im Normalfall sollte sich die Anlage nach 15 Jahren amortisieren, bei einer geschätzten Lebenszeit von 60 bis 70 Jahren. Diese Vorteile bescheren dem Unternehmen aus der Region zahlreiche Aufträge und Anfragen. "Die Anlagentechnik findet sehr reges Interesse, besonders in alpinen Gewässern, wo man viele Probleme mit Kiestrieb hat. So haben wir mit den Grenzkraftwerken (Versorgerverbund an österreichisch-bayerischen Flüssen) einen Exklusivvertrag zum Ausbau der Flüsse Salzach, Salach und Inn abgeschlossen. Dort sollen 16 dieser Turbinen eingebaut werden. Das entspricht für uns einem Umsatz von etwa 40 Millionen Euro", sagt Peter Marx. Die 16 Turbinen versorgen dann 26 000 Haushalte mit Strom.Extra

Die HSI Hydro Engineering wurde 1982 gegründet. 1999 übernahm Peter Marx die Geschäftsführung. Er war lange bei RWE im Bereich Wasserkraftanlagen an Mosel und Saar tätig. Seit August 2000 gehört die Firma HSI Turbinenstahlbau Dresden-Übigau GmbH zu der HSI-Gruppe. Dort werden neben dem Turbinenstahlbau auch andere Arbeiten ausgeführt. In Morbach-Gonzerath arbeiten zwölf Beschäftigte, bei der Dresdner Tochterfirma sind 52 Mitarbeiter angestellt. HSI arbeitet bei der Montage mit der LB Produktion in Trier zusammen (80 Beschäftigte). hw

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