Nur ausländische Zerleger bei Simon Fleisch

Wittlich · Die Fleischbranche steht unter enormem Kostendruck. Das ist auch in der Wittlicher Großschlachterei Simon Fleisch zu spüren, die bald nur noch mit ausländischen Subunternehmern arbeitet. Der letzte deutsche Zerlegebetrieb, der für Simon arbeitet, die Firma Kolze aus Großlittgen (Kreis Bernkastel-Wittlich), hält dem Druck nicht mehr stand. Das Unternehmen macht dicht.

Wittlich. In den Discountern geht es derzeit um die Wurst. Wer im Aldi oder Norma die Regale studiert, sieht, dass bei Lyoner, Salami oder Bratenaufschnitt der Rotstift angesetzt wurde. Je nach Packungsgröße gibt es den Aufschnitt nun um bis zu 20 Cent billiger.Meist Ungarn und Rumänen


Eine neue Runde im Preiskampf der Fleischbranche ist damit eingeläutet. Ein Preiskampf, der schon lange währt und so manche Nebenwirkung hat. Nicht nur für die Tiere, die immer öfter in Massen gehalten werden, oder für die kleineren Bauern, die von ihrer Arbeit kaum noch leben können, sondern auch für die Beschäftigten der Schlachtindustrie.
Statt die Zerleger selbst anzustellen, vergeben die großen Schlachthöfe Werkverträge an Subunternehmen, die im Ausland billige Arbeitskräfte rekrutieren. So sparen sie sich die Sozialabgaben.
Auch die Wittlicher Firma Simon Fleisch - einer der zehn größten Schlachtbetriebe Deutschlands - arbeitet nach diesem System. Von den 520 bei Simon-Fleisch-Beschäftigten sind weniger als die Hälfte (250) eigene Mitarbeiter.
Für die Zerlegung der rund 20 000 Schweine, die in Wittlich wöchentlich ihr Leben lassen, sind überwiegend ungarische und rumänische Arbeiter zuständig, die von verschiedenen ausländischen Werkvertragsfirmen nach Wittlich entsandt werden - und deutlich weniger Geld verdienen, als ihre deutschen Kollegen. Falls es die denn gibt.
"Wir sind der einzige deutsche Großschlachtbetrieb, der überhaupt noch deutsche Zerleger hat", sagt Geschäftsführer Bernhard Simon. Allerdings wird das nicht mehr lange so sein. Denn die letzte deutsche Zerlegefirma bei Simon - Kolze aus Großlittgen - hat zum 30. April gekündigt. Die rund 30 Mitarbeiter müssen sich neue Jobs suchen. Die Firma wird aufgelöst.
"Es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Ich kann mit diesem System nicht länger konkurrieren", sagt Heinz Kolze, der seit vielen Jahren im Lohnbetrieb für Simon-Fleisch tätig ist. Er zahle seinen Leuten 12,50 Euro brutto die Stunde plus Nacht- und Sonntagszulagen. Das sei ja schon kein übertriebener Lohn. Dennoch hätte sein Betrieb die nächste "Preisrunde" offenbar nicht überstanden. "Es ist leider tatsächlich so, dass der Wettbewerbsdruck immer weiter gestiegen ist und im Laufe des Jahres 2013 ein für uns bisher nicht vorstellbares Niveau erreicht hat", sagt Bernhard Simon.
Deutschland wolle extrem billige Lebensmittel. "Aldi senkt aktuell wieder die Fleischpreise und alle freuen sich darüber und rennen hin", sagt Simon. Keiner - weder die Geschäftsleitung der Discounter noch die Verbraucher - stellten sich die Frage, wie man bei steigenden Energie- und Rohstoffpreisen Fleischwaren noch günstiger produzieren solle.Kritik und Betroffenheit


"Wenn dann Berichte von Schlachthöfen, in denen Zerleger aus Osteuropa eingesetzt werden, veröffentlich werden, sind alle Verbraucher betroffen", sagt Simon. Im Sommer hatten norddeutsche Großschlachtereien für Negativschlagzeilen gesorgt: Es war an die Öffentlichkeit gedrungen, unter welch miserablen Bedingungen osteuropäische Frauen und Männer dort arbeiten und wohnen.
Simon spricht von einer "Mühle". Einerseits werde die Schlachtbranche wegen des Einsatzes ausländischer Mitarbeiter angefeindet. Andererseits werde man vom Lebensmitteleinzelhandel mit immer neuen Preissenkungen unter Druck gesetzt. Man müsse sich als Lebensmittelproduzent die Frage stellen, ob und wie lange man das noch mitmachen will.

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