Ökologischer Luxus fürs Haus

Farschweiler · Mit neuester Technik, Nachhaltigkeit und viel Sinn für Ökologie ist im Hochwaldort Farschweiler ein Plus-Energiehaus entstanden. Bauherr Alois Annen hat dafür im bundesweiten Wettbewerb den RWE-Innovationspreis Wärmepumpe gewonnen.

 Von außen und innen perfekt gedämmt: der prämierte Holz-Neubau und (von links) die Bauherren Alois und Elisabeth Annen, Rudolf Maier vom RWE-Vertrieb sowie Architekt Hans-Jürgen Stein. TV-Foto: Sabine Schwadorf

Von außen und innen perfekt gedämmt: der prämierte Holz-Neubau und (von links) die Bauherren Alois und Elisabeth Annen, Rudolf Maier vom RWE-Vertrieb sowie Architekt Hans-Jürgen Stein. TV-Foto: Sabine Schwadorf

Farschweiler. Die Form des Holzbaus mutet futuristisch an, dabei fügt er sich doch wie selbstverständlich ein in das mit Lavendel, Buchs und Rasen angelegte Grundstück. Innen beeindruckt die Helligkeit durch riesige Fensterfronten und Dachfenster sowie die heimelige Holz-Atmosphäre, obwohl außer dem weißen Küchenblock noch kein einziges Möbelstück die rund 180 Quadratmeter Wohnfläche füllen. Erst Mitte kommenden Jahres sollen die ersten Bewohner einziehen - wenn die Lichtanlage komplett und die restlichen Bodenbeläge verlegt sind.
Alles soll optimal sein


Elisabeth und Alois Annen haben sich viel Zeit gelassen mit ihrem neuen Einfamilienhaus. Fast fünf Jahre brauchte die Idee, um im Kopf zu einer Vorstellung von einem Gebäude zu reifen. Kein Wunder, ist Annen mit seinem auf Holz spezialisierten Unternehmen in Farschweiler im Hochwald (Kreis Trier-Saarburg) doch Anbieter von Fenster- und Fassadentechnik und damit ständig mit neuer Technik, Trends und auch ihren Tücken beschäftigt. Da soll im eigenen Haus alles optimal sein. So optimal, dass das Ehepaar Annen nun den ersten Platz des bundesweiten RWE Innovationspreises Wärmepumpe 2010/2011 und 7500 Euro bekamen. Damit hat sich das Haus-Konzept - in Zusammenarbeit mit den Architekten Stein Hemmes Wirtz aus Kasel - unter Einsatz einer Sole-Wasser-Wärmepumpe gegen mehr als 100 Konkurrenten durchgesetzt.
Animiert von einem Vortrag des Umweltjournalisten und Friedensaktivisten Franz Alt macht Alois Annen 2006 erste Pläne. "Ich wollte vorausschauend denken, experimentieren und alles so machen, wie es im Hausbau sein sollte ", sagt der 50-Jährige.
Und der Architekt Hans-Jürgen Stein ergänzt: "Für uns gab es die einmalige Chance, neue Konstruktionen und Verfahren auszuprobieren."
Neuigkeiten in Architektur, Raumkonzeption, Bauweise und Technik gibt es an allen Ecken und Enden des Neubaus. Das beginnt schon beim Untergrund, der aus Glasschaumschotter besteht. "Hier wurde einfach Altglas auf neue Weise recycelt", sagt Architekt Stein. Das halte nicht nur das Wasser ab, sondern dämme auch noch den Boden.
Im Kellergeschoss ist im Beton der Wände acht Zentimeter dicker Volumendämmstoff verarbeitet - mit einer Dämmleistung, die sonst nur Styropor in einer Dicke von immerhin 80 Zentimetern erreicht. "Das wurde so noch nie gemacht", erklärt Hans-Jürgen Stein, und auch für den Luxemburger Hersteller sei dies ein Pilotprojekt gewesen.
Der Holzaufbau sowie die hölzerne Innenverkleidung zeigen eine alte Handwerkskunst. Denn die einzelnen Leisten wurden nicht miteinander verleimt, sondern mit Holzdübeln zusammengesteckt. "Eine Fassade, die, sofern man sie nicht bearbeiten will, 100 Jahre überlebt", sagt Bauherr und Holzspezialist Annen.
Zwischen Außen- und Innenhülle liegt eine 40 Zentimeter dicke Dämmschicht aus verfilzten Holzfasern, so dass die Wände 60 Zentimeter und die Dachdecke 75 Zentimeter dick sind. Oben auf dem Dach ist eine Photovoltaik anlage zur Stromherstellung untergebracht, die sowohl auf der bislang üblichen Südseite, aber auch auf der seltener genutzten Nordseite über Module verfügt. "Neu ist, dass alle Dachflächen belegt sind", sagt Architekt Stein. Eine zusätzliche thermische Solaranlage auf dem Dach wird für die Erwärmung des Dusch- und Badewassers und für die Raumheizung genutzt.
Auch die Fenster sind in dem in Passivweise gebauten Haus besonders gedämmt. Alle sind dreifach verglast, die große Nordfront sowie das Deckenfenster sogar vierfach.
Bei all der Rücksichtnahme auf maximale Hausdämmung liefert im Haus der Annens selbst die kleinste Wärmepumpe, die derzeit auf dem Markt ist, noch zu viel Heizenergie. Damit kommt das Haus mit einer Bodenbohrung von nur 80 Metern zur Aufnahme von Erdwärme aus. Die überschüssige Wärme wird in einem Speicher zwischengelagert und erst bei Bedarf abgerufen. Sowohl die Heizung als auch die Lüftung der Wohnräume erfolgt über Räume in Wänden und entlang von Bodenkanälen.
Rund 80 Prozent der Abluftwärme werden so zurückgewonnen und dem Heizkreislauf wieder zugeführt. Eine Tatsache, die den Annens auch die Auszeichnung beschert. "Sowohl wir als Bauherren als auch das Architektenbüro haben viel gelernt", sagt Alois Annen. Architekt Stein spricht sogar von einem "Innovationsschub und Erfahrungsvorsprung von etwa drei Jahren".
Der Vorteil bei diesem Projekt ist laut Stein die Philosophie des experimentierfreudigen Bauherren gewesen, Technik, Nachhaltigkeit und Ökologie zu verbinden. Dabei liege der Preis eines freistehenden Hauses in Passivbauweise rund 15 Prozent über dem eines konventionellen Einfamilienhauses. Das für die Technik und Dämmung zusätzlich ausgegebene Geld sei durch den geringeren Energieverbrauch innerhalb von 25 Jahren wieder eingenommen.
"Hier habe ich beruflich und privat meine Vision zusammengetragen. Das ist eine Lebenshaltung", bestätigt der Bauherr. Denn: "Man kann sich auch im Wohnbereich den Luxus gönnen, den sich viele sonst nur beim Auto erlauben", sagt Annen.

Wärmepumpe: Die Wärmepumpe nutzt Wärme aus dem Erdreich, dem Grundwasser oder der Luft, um sie für Heizung und Warmwasser einzusetzen. Die Funktionsweise ähnelt der des Kühlschranks. Während der Kühlschrank allerdings seinem Innenraum die Wärme entzieht und nach draußen abgibt, entzieht die Wärmepumpe dem Außenbereich die Wärme und gibt sie als Heizenergie an das Haus ab - aus rund 75 Prozent kostenloser Umweltwärme und 25 Prozent Antriebsenergie. Passivhaus: Ein solches braucht aufgrund seiner guten Wärmedämmung sowohl im Winter als auch im Sommer keine klassische Heizung oder Kühlung. Diese Häuser werden "passiv" genannt, weil der überwiegende Teil des Wärmebedarfs aus "passiven" Quellen gedeckt wird wie Sonneneinstrahlung und Abwärme von Personen und technischen Geräten. Plus-Energiehaus: Das Plus-Energiehaus hat derzeit den höchsten Energiestandard, es produziert mehr Energie, als seine Bewohner verbrauchen. Hinzukommt eine komplette regenerative Energieversorgung und ein missionsfreier Betrieb. Solarstrom kann an das öffentliche Netz abgegeben werden, natürliche Baustoffe sind eingesetzt. U-Wert: Der U-Wert gibt an, wie viel Wärme durch ein Bauteil nach außen abgegeben wird und ist somit ein Maß für die Wärmedämmung eines Bauteils. Je kleiner der U-Wert, umso besser die Dämmung. sas

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