Pfadfinder mit Risiko-Bereitschaft

TRIER. Es gehört wohl eine gehörige Portion Mut dazu, sich in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation selbstständig zu machen. Dennoch gehen in der Region jährlich 3000 Menschen das Wagnis ein, ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Ihnen beratend zur Seite zu stehen, war das Ziel der Existenzgründer-Messe "Tandem" am vergangenen Wochenende auf der Landesgartenschau.

Vor einigen Jahren habe sie ein Aupair-Mädchen gesucht, erzählt Anja Jeffries. Dabei sei ihr die Idee mit einer eigenen Agentur gekommen. Nach einigen Monaten Vorbereitungszeit gründete die Frau aus Wiltingen (Kreis Trier-Saarburg) 2002 die Agentur "Avant AuPair". Jeffries hat - wie viele andere Jungunternehmer auch - einen Stand auf der Tandem, an dem sie Existenzgründer, aber auch potenzielle Kunden über ihre Arbeit und Firmenidee informiert.Pfade durch den Behörden-Dschungel

Informieren, weiterhelfen, Kontakte knüpfen - zu diesem Zweck hat die Initiative "fit - Existenzgründung in Trier" am vergangenen Wochenende die zweite "Tandem" auf dem Gelände der Landesgartenschau organisiert. Viele Verbände, Versicherungen und Banken sind vertreten, um über Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren oder Pfade durch den "Behörden-Dschungel" zu weisen. Angesichts der Flut von Formularen, die auf einen Existenzgründer warten, bedürfe es "ausgewiesener Pfadfinder-Qualitäten", um sich selbstständig zu machen, sagt Hans-Josef Jänschke - als Präsident der Handwerkskammer Trier einer der Organisatoren der Messe. Nach Meinung von Wirtschafts-Staatssekretär Günter Eymael ist für junge Unternehmer vor allem die finanzielle Beratung wichtig. Eymael weist bei der Eröffnung der Messe darauf hin, dass in Rheinland-Pfalz die Zahl der neu gegründeten Unternehmen im Jahr 2002 mit 23 000 die der Firmenliquidationen überstiegen habe. "Deutschland ist zu einem Land der Jungunternehmer geworden", sagt der Staatssekretär. Pro Existenzgründung würden drei bis vier neue Arbeitsplätze geschaffen. "Unser Wertesystem beruht auf der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und Risiken einzugehen", sagt Eymael. Dies seien Eigenschaften, die einem Unternehmer nicht fehlen dürften, meint der Unternehmensberater Manfred Sliwka aus Schleidweiler (Kreis Trier-Saarburg). In seinem Gastvortrag über "Werdewille, Werte und Visionen: Die Unternehmerpersönlichkeit der Zukunft", vertritt er die Überzeugung, dass die Führungspersönlichkeit eines Unternehmers viel wichtiger sei als alle Rankings, Produktionsabläufe und Geschäftszahlen: "Unternehmen sind Persönlichkeiten plus Konzept", ist sich Sliwka sicher. Der Unternehmer der Zukunft müsse "Biss, Ausdauer und Durchhaltevermögen" besitzen oder, mit einem Ausdruck des Philosophen Arthur Schopenhauer, "Werdewillen". Biss bedeute jedoch nicht, jegliche Werte über Bord zu werfen, fügt Sliwka hinzu. Er habe aber die "riesen Sorge, dass wir nur noch an Geld denken". Bevor Unternehmensgründer an - ihr eigenes - Geld denken können, müssen sie sich erst einmal in Arbeit stürzen. Wie sie das am besten tun und welche Strategien zum Erfolg führen, haben sie auf der "Tandem" bei Workshops und in Diskussionsrunden mit Experten erfahren. Moderiert wurden die Gespräche unter anderem von TV -Redakteur Heribert Waschbüsch. Gespräche mit Ausstellern haben Existenzgründern zudem die Möglichkeit geboten, von Erfahrungen aus der Praxis zu profitieren. Etwa von Anja Jeffries: Sie versuche, auch Mädchen aus weniger "gefragten" Ländern wie der Ukraine oder Russland als Aupair zu vermitteln: Und das wäre ja auch im Sinne der von Sliwka verfochtenen Werte.

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