Prall gefüllte Haushaltskasse

Luxemburg. Die Kommunen in der Großregion jammern über die bescheidenen Haushaltslage. Straßen können nicht repariert werden, für die Schulen ist kein Geld da, und so mancher Jugendclub steht vor dem Aus. Überall das gleiche Bild. Überall? Im luxemburgischen Niederanven ist die Welt noch in Ordnung.

 Glänzenden Bankgebäude sichern glänzende Einnahmen: In Niederanven wissen die Stadtväter kaum, wie sie das Geld ausgeben können.Foto: Friedemann Vetter

Glänzenden Bankgebäude sichern glänzende Einnahmen: In Niederanven wissen die Stadtväter kaum, wie sie das Geld ausgeben können.Foto: Friedemann Vetter

Währenddie meisten Gemeindekassen in unserer Grenzregion riesigeDeckungslücken haben, hat Luxemburgs älteste Gemeinde Niederanvenin diesem Jahr einen Bar-Überschuß von statten 8,7 MillionenEuro. Gerade einmal 1,50 Euro pro Einwohner beträgt dieVerschuldung und Ende 2003 sind alle Schulden getilgt. LautBürgermeister Raymond Weydert haben die Einnahmen aus derGewerbesteuer in den fetten sieben Jahren nach 1990 dieGemeindekasse gut gefüllt. Dieses Jahr erhalte die Gemeinde einDrittel aus der Gewerbesteuer (10,8 Millionen Euro) für sich, dierestlichen zwei Drittel würden im Umlageverfahren an wenigerreiche Gemeinden im Land verteilt. Größte Zahler sind nach seinen Angaben Luxair, Cargolux, mehrere internationale Hotels und Unternehmen im Industriegebiet. Der Bürgermeister erläutert, dass der Staat dieses Jahr der Gemeinde 4,5 Millionen Euro aus staatlichen Steuerzuschüssen (Subsidien) gewährt. Luxemburg kann sich diese Zuschüsse leisten, denn im Haushaltsvoranschlag für das laufende Jahr übersteigen die Ausgaben gerade einmal um 500 000 Euro die Einnahmen. Für schlechte Zeiten hat das Großherzogtum vorsorglich in einem Spezialfonds immerhin 3,12 Milliarden Euro als eiserne Reserve liegen.

Das erinnert an den ersten deutschen Finanzministers Fritz Schäfer, der durch seine Haushaltspolitik des Sparens bis 1957 eine Rücklage (Juliusturm) von nach heutigem Wert 35 Milliarden Euro gebildet hatte.

Bürgermeister Weydert weist darauf hin, dass die derzeitige hervorragende Finanzlage der Gemeinde zwar erfreulich sei, aber die vielen begonnenen oder geplanten Baumaßnahmen (Schul- und Sportzentrum, Gemeindegebäude, Straßenerneuerungen, interkommunales Schwimmbad, Erschließungen) würden erhebliche Folgekosten für die Zukunft bringen, für die jetzt schon die notwendigen finanziellen Rücklagen gebildet werden müssten.

Der Niederanvener Bürgermeister beziffert den diesjährigen Gesamtüberschuß der Gemeinde aus ordentlichem Haushalt (Einahmen und Ausgaben) und außerordentlichem Haushalt (Kredite für Investitionen) auf rund 32 Millionen Euro und sieht Niederanven damit unter den finanzkräftigsten Gemeinden in Luxemburg.

Das anhaltende rückläufige Wirtschaftswachstum auch in Luxemburg kann seiner Ansicht nach in den folgenden Jahren zu Mindereinnahmen von bis zu 50 Prozent bei der Gewerbesteuer führen. Laut Raymond Weydert zahlt die Gemeinde ihren rund 40 aktiven Vereinen etwa 50 000 Euro jährlich an Zuschüssen. Für ihren schulischen Erfolg im Schuljahr 2001/2002 erhielten 179 gymnasiale Oberschüler und Studenten von der Gemeinde Prämien von insgesamt rund 42 000 Euro. Gemeindesekretär Jeannot Poiré erinnert aber auch an Zeiten, in denen die "Gemeinde keine Gewerbesteuer erhalten hatte" und jeder Franken vor der Ausgabe zweimal umgedreht wurde.

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