Qualität entscheidet

LUXEMBURG. Weniger als erwartet, aber mehr als in der Eurozone: Luxemburg verzeichnet ein Wachstum von 1,1 Prozent für 2002. Erst im kommenden Jahr gehen die Statistiker von einem Wachstum von bis zu drei Prozent aus.

Nein, eine Rezession habe es im vergangenen Jahr nicht gegeben,sagt Serge Allegrezza, Direktor des Luxemburger StatistikamtesStatec. Schon 1992 und 1995 sei das Wachstum auf einem soniedrigen Niveau von 1,1 Prozent gewesen. Dennoch liege man nochüber dem Wachstum aller Euro-Länder. Für dieses Jahr gibt esvorsichtige Prognosen für ein Wachstum von gut einem ProzentBruttoinlandsprodukt (BIP). Erst 2004 soll es laut Statec wiederaufwärts gehen - mit bis zu drei Prozent Wachstum. Besonders auffällig ist, dass es vor allem beim Export von Finanzdienstleistungen und Waren einen Rieseneinbruch gab. Hinzukommt, dass sich die Verbrauchernachfrage in Luxemburg bis auf das Nötigste reduziert hat. Vor allem private Investitionen sind zurückgegangen. "Die Investitionsbedingungen sind nach wie vor exzellent", sagt Allegrezza, aber die Dynamik sei schwach. Heißt: Wenn beispielsweise der weltgrößte Satellitenbauer SES Astra ein neues Produkt herstellen will oder sich davon verabschiedet, schlägt sich das im kleinen Großherzogtum stärker nieder.

Der Blick auf den Arbeitsmarkt macht deutlich: Nach wie vor werden mehr Stellen im Großherzogtum geschaffen als abgebaut. Doch der Überschuss beträgt im Gegensatz zu früheren Jahren nur noch zwei Prozent. Dabei hat das Statec festgestellt, dass immer häufiger Grenzgänger aus Deutschland und Frankreich Luxemburgern vorgezogen werden, wenn es um die Besetzung von neuen Stellen geht. "Es werden zwar keine Luxemburger zugunsten von Grenzgängern entlassen aber lieber eingestellt", stellt der Statec-Direktor fest. "Das lässt auch indirekt eine Aussage über die Kompetenz und Qualität unserer Arbeitskräfte zu", resümiert Wirtschaftsminister Henri Grethen selbstkritisch. Ein Unternehmer stelle niemanden nach seinem Wohnort ein. Im Vergleich zu den neu entstandenen Stellen ist die Arbeitslosenquote mit 3,6 Prozent allerdings weniger stark gestiegen als allgemein vermutet. "Das ist nicht mehr als wir auch 1997 hatten", macht Wirtschaftsberater Ferdy Adam klar.

Doch Vorsicht ist bei dem Zahlenwerk mit 135 Tabellen und 69 Grafiken in jedem Fall geboten. Weil viele der 16 000 Unternehmen im Großherzogtum ihren Verpflichtungen nicht nachkommen und ihre Bilanzen mitteilen, sind Korrekturen nach unten und oben möglich. "Wir haben eine große Abhängigkeit vom Bankensektor, der 28 Prozent des BIP ausmacht. Auch schlagen Aktionen großer Unternehmen in unserem kleinen Land stärker durch", sagt Adam. "Ich würde keine Wette eingehen, dass die Angabe von 1,1 Prozent Wachstum nicht noch verändert wird", macht auch Henri Grethen deutlich. Vor allem sei dies ein Problem, wenn die Luxemburger Regierung auf dieser Basis Budgets im Staatshaushalt formulieren müsse, wie dies in der kommenden Woche geschehe. Ändern könne man an der Unternehmenspraxis allerdings wenig, wenn sich selbst Staatsbetriebe wie die Luxemburger Eisenbahn nicht an die Vorgaben halte.

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