Was erwartet die regionale Wirtschaft von 2020 Winzer schauen besorgt in die USA

Trier/Bitburg/Mainz · Rezession nein, aber ...: Was die regionale Wirtschaft im Jahr 2020 erwartet.

 Für viele Moselwinzer sind die US-Zölle eine große Herausforderung.

Für viele Moselwinzer sind die US-Zölle eine große Herausforderung.

Foto: dpa/Peter Zschunke

Die Industrie fürchtet einen harten Brexit, Winzer zittern vor US-Präsident Donald Trump, das Handwerk rechnet mit vollen Auftragsbüchern: Das Jahr 2020 könnte in der regionalen Wirtschaft Gewinner und Verlierer hervorbringen, zeigt eine Umfrage des Trierischen Volksfreunds bei Kammern und Unternehmerverbänden. Immerhin: Mit einer Rezession – einem Rückgang der Konjunktur – rechnet die Wirtschaft im Raum Trier nicht. Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Trier, verweist auf die überwiegend mittelständisch geprägte Unternehmensstruktur in der Region, die weniger abhängig vom Export und damit von globalen Handelskonflikten sei. Glockauer schränkt aber ein, dass sich das Wirtschaftswachstum auch im Raum Trier abschwächen dürfte: „Die Region kann sich der nachlassenden wirtschaftlichen Dynamik auf nationaler Ebene nicht komplett entziehen.“ Große Unsicherheiten gingen von den USA aus. „Bereits bestehende Strafzölle treffen insbesondere den Weinexport. Eine weitere Erhöhung dieser Zölle um 100 Prozent dürfte bei einzelnen Betrieben der Weinwirtschaft zu schwerwiegenden Auswirkungen führen“, sagt Glockauer. Es gelte, eine weitere Eskalation zu vermeiden und in Verhandlungen an Lösungen zu arbeiten. Sabine Plate-Betz, Geschäftsführerin der Vereinigung Trierer Unternehmer (VTU), sagt mit Blick auf die amerikanische Präsidentenwahl im November: „Es wäre zu begrüßen, wenn die USA nach der Wahl zu gemäßigterem Auftreten zurückfinden würde und die gewohnten, vertrauensvollen transatlantischen Beziehungen wiederhergestellt werden könnten.“ Sie warnt auch vor einem ungeregelten Brexit und einer Eskalation von Handelskonflikten, was in der Region zu einem Rückgang von Investitionen und einem Abbau von Arbeitsplätzen führen könne. Im verarbeitenden Gewerbe und in der Industrie – insbesondere bei Automobil und Zulieferern – seien einige Betriebe bereits gezwungen, Kurzarbeit anzumelden, sagt Plate-Betz. Eine Wirtschaftsflaute für den Raum Trier erwarte sie nicht, denn: „Gleichwohl erweisen sich die Dienstleistungsbereiche als robust und das Handwerk ist bestens aufgestellt, so dass die Region insgesamt zwar von einer Konjunkturabschwächung nicht verschont werden wird, eine Rezession aber nicht zu erwarten ist.“

Tatsächlich malt das Handwerk in der Region ein optimistisches Bild von 2020. Geschäftsführer Matthias Schwalbach von der Handwerkskammer (HWK) Trier rechnet nach „vollen Auftragsbüchern“ in 2019 auch in diesem Jahr mit viel Arbeit für Betriebe. Die Erklärung von Schwalbach: „Die größte Kundengruppe des Handwerks sind Privatleute. Diese investieren aufgrund einer guten Einkommensentwicklung und niedriger Zinsen gerne in Handwerksleistungen. Das dürfte auch in diesem Jahr so bleiben.“ Steigende Gehälter und Renten dürften zu einer entsprechenden Nachfrage führen, auch Luxemburg bleibe eine Konjunkturlokomotive, sagt Schwalbach, der einen Brexit zwar als Belastung für exportorientierte Unternehmen sieht, aber einschränkt: „Andererseits dürfte der Finanzplatz Luxemburg vom Brexit profitieren. Dies stimuliert die Nachfrage, zum Beispiel nach Bauleistungen in der Großregion.“ Besorgt zeigt sich die regionale Wirtschaft wegen fehlender Fachkräfte, dem immer noch nicht freigegebenen A-1-Lückenschluss, Mobilfunklöchern, lahmem Internet und mauen öffentlichem Nahverkehr im ländlichen Raum. Besonders in der Eifel beklagen das Unternehmen – wie die Bitburger Brauerei – laut. VTU-Geschäftsführerin Plate-Betz fordert: „Den genannten Themenfeldern muss sich die Wirtschaftspolitik des Landes dringend annehmen, sich der von der regionalen Wirtschaft geäußerten Kritik stellen und gemeinsam mit den Unternehmen Lösungen erarbeiten, weil anderenfalls zu befürchten ist, dass die Region in jeder Hinsicht abgehängt wird.“

Für ganz Rheinland-Pfalz rechnet die Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU) – anders als die Region Trier – mit größeren Einbußen, weil Schwankungen dort Industrie-Standorte treffen. Mit einer Rezession im Land rechnet auch LVU-Hauptgeschäftsführer Karsten Tacke nicht. Er sagt: „Deutschlandweit weder 2019 noch 2020 – auch wenn die Wachstumsraten bescheiden bleiben. In Rheinland-Pfalz dürfte es 2020 wieder für Wachstum reichen, wenn auch unter dem Bundesdurchschnitt. Die Bauwirtschaft und die Dienstleister sowie der Staat mit seinen Ausgaben und Investitionen werden für dieses Wachstum sorgen, nicht aber die Industrie.“

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