Rohbau statt schlüsselfertiges Haus

Trier · Ein 51-jähriger Unternehmer aus dem Saarland steht seit Montag wegen Betrugs vor dem Trierer Landgericht. Er soll Bauherren - auch aus der Region - und Handwerker mit dem Bau schlüsselfertiger Häuser betrogen haben.

Trier. Staatsanwältin Anne Wildfang ist nicht zu beneiden. 90 Minuten lang liest sie die Anklageschrift vor: 34 Fälle, jede Menge Zahlen, Eurobeträge und Fachbegriffe vom Bau wie Rispenband, Schwerlastanker oder Dachpfette. Angeklagt ist ein 51-jähriger Saarländer, der schlüsselfertige Häuser angeboten hat. Mit vier verschiedenen Firmen, zwei davon in Saarburg (Kreis Trier-Saarburg), soll er zwischen 2001 und 2007 Hausbauer und Handwerker übers Ohr gehauen haben.

Die Bauherren sollten je nach Baufortschritt Abschlagszahlungen leisten. Die von ihm beauftragten Handwerker sollten davon Geld erhalten. Doch statt etwa die vereinbarten 17 000 Euro für die installierte Heizungsanlage oder 25 000 Euro für den Zimmerer zu zahlen, reklamierte der gelernte Hochbautechniker bei fast allen Handwerkern angebliche Mängel und zahlte nur einen Teil der Rechnungen oder nichts.

"Vorgefasste Absicht", also Betrug, unterstellt Staatsanwältin Wildfang dem 51-Jährigen, der die Vorwürfe immer wieder mit Kopfschütteln quittiert. Auch soll er die Adressen seiner Firmen im französischen Sierck-les-Bains, im luxemburgischen Remich und in Saarburg bewusst eingesetzt haben, um die Handwerker zu täuschen. Schickten sie die Rechnung etwa nach Saarburg, soll er ihnen mitgeteilt haben, dass der Auftraggeber die Luxemburger Firma sei - doch Geld bekommen haben sollen die Handwerker weder von der einen noch von der anderen Firma.

Auch den Bauherren ging es laut Staatsanwaltschaft nicht besser. Viele Häuser sollen Monate nach Baubeginn und den ersten Abschlagzahlungen noch im Rohbau gestanden haben. In einem Fall sollen komplette Wände im Rohbau gefehlt haben oder nur bis zur halben Höhe gemauert gewesen sein. Betroffen waren etwa Bauherren aus der Nähe von Saarburg, aus Hermeskeil und aus der Pfalz.

400 Häuser habe er mit seinen Firmen gebaut, sagt der Angeklagte. Bevor er sich selbstständig gemacht hat, hat er als Bauleiter gearbeitet. Er sein kein "unerfahrener Bauträger", lässt er das Gericht wissen. Doch von seinem Geld, das er verdient hat, sei nichts mehr übrig. Seit die Ermittlungen gegen ihn laufen (über drei Jahre), zwischenzeitlich hat er auch in Untersuchungshaft gesessen, habe er keine Aufträge mehr, zwei seiner Firmen seien pleite. Handwerker und Bauherren warten noch immer auf ihr Geld. Seine 14 Eigentumswohnungen sind oder werden versteigert, damit die Banken einen Teil des ihm geliehenen Geldes wiederbekommen. Er lebe "von der Hand in den Mund" und müsse demnächst Privatinsolvenz anmelden.

Bislang hatte der 51-Jährige die Betrugsvorwürfe bestritten. Gestern hat er angedeutet - auch zur Überraschung seines Verteidigers Hartmut Diesel -, ein Geständnis abzulegen, falls ihm das Gericht bei der Strafe entgegenkommt. Der Vorsitzende Richter Armin Hardt sagt zu, dass eine Haftstrafe zweieinhalb Jahre nicht überschreitet, falls er mindestens zwölf der 34 Fälle zugebe. Neun Monate davon werden ihm erlassen, weil sich das Verfahren schon seit Jahren hinzieht. Mit einem Geständnis könnte der ansonsten mindestens ein Jahr dauernde Prozess zügig zu Ende gehen. Am Mittwoch wird er fortgesetzt.

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