Rote Karte für Vorstand

Mit bundesweiten Aktionen haben laut IG Metall mehr als 15 000 Mitarbeiter von ThyssenKrupp gegen einen drohenden Stellenabbau und den Konzernumbau protestiert. Bei der ThyssenKrupp-Tochter Bilstein in Mandern kamen rund 600 Mitarbeiter zur außerordentlichen Betriebsversammlung.

 Blick durchs Fenster: Die Tür bleibt bei der Versammlung von Bilstein zu. Beim Autozulieferer geht die Angst um. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Blick durchs Fenster: Die Tür bleibt bei der Versammlung von Bilstein zu. Beim Autozulieferer geht die Angst um. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Trier/Duisburg. "In der Krise und bei besonderen Aufgaben rücken wir hier zusammen", sagte ein Teilnehmer der Veranstaltung. Mehr als 600 Bilstein- und ThyssenKrupp-Mitarbeiter haben sich in der Siebenbornhalle in Mandern versammelt, um mit Betriebsrat, IG-Metall und Geschäftsführung die derzeitige Lage zu besprechen.

Gründe für eine solche Aussprache bietet die derzeitige Lage zur Genüge. Beim Stoßdämpferhersteller Bilstein sind Aufträge und Umsatz weggebrochen, zwischen 30 und 40 Prozent, wie Mitarbeiter aus der internen Versammlung berichteten. "Die Angst geht um", sagt eine Mitarbeiterin, die wie viele anonym bleiben möchte. "Ich bin seit 30 Jahren dabei. So etwas hatten wir noch nicht erlebt", sagt sie. Dabei haben sich wohl Betriebsrat und Geschäftsführung auf eine Verlängerung der Kurzarbeit bis zum Ende März 2010 ausgesprochen. "Betriebsbedingte Kündigungen sollen bis dahin ausgeschlossen werden", hofft ein junger Mann, der erst seit drei Jahren zur Bilstein-Familie gehört. Von der ThyssenKrupp-Bilstein-Geschäftsführung in Ennepetal ist Gerd Kappelhof angereist, um Mitarbeiter zu motivieren, ihnen aber auch den Ernst der Lage zu erklären. "Mit einer Besserung der Auftragslage darf man in den kommenden Monaten nicht rechnen", erzählen die Zuhörer. Betriebsrats-Chef Fritz Weber fordert derweil im Saal, dass der Konzern hinter seinen Leuten stehe. ThyssenKrupp will die Zahl der Konzern-Sparten von fünf auf zwei oder eine verringern und im Stahlbereich 1800 bis 2000 Stellen streichen. Das bereitet den Menschen Sorgen. "Der Vorstand will die Mitbestimmung im Konzern beschneiden", sagt später Fritz Weber, dem TV, das wolle die Arbeitnehmerseite nicht einfach so einstecken.

"Die Rote Karte für den Vorstand", brüllt Weber später in der Halle, dass selbst die Türen den Ruf nicht abhalten können. Roland Wölfl, IG-Metall-Chef aus Trier, sieht in diesem Arbeitgeber-Vorstoß eine große Gefahr. "Hier will man die Mitbestimmung kastrieren, damit man es später bei eventuellen Schließungen und Entlassungen einfacher hat", sagt Wölfl. Morgen soll in einer Aufsichtsratssitzung der ThyssenKrupp AG das "Umbau-Programm" beraten werden. Bei Bilstein hofft man, dass man die Krise übersteht, irgendwie, am besten sogar gestärkt. Fritz Weber fordert deshalb, dass der Zulieferer sich neue Absatzfelder erschließt und in neue umweltfreundliche Produkte investiert. Bilstein beliefert vor allem Premium-Marken: Mercedes und Porsche fahren mit Bilstein-Stoßdämpfern, doch in den hochpreisigen Klassen stockt der Absatz. Bei Bilstein haben sie alle Überstunden abgebaut, die Belegschaft schrumpft "sozialverträglich" von 715 auf knapp 670 bis November (der TV berichtete), es wird Kurzarbeit gefahren. Das Ziel in der Krise: Standort sichern, Kündigungen verhindern. Da rückt die Bilstein-Familie zusammen.

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