Ryanair hat (zu) spät bestellt

Trier · Wer ist schuld, dass die irische Fluggesellschaft Ryanair im nächsten Jahr zu wenige Flugzeuge hat? Angebliche Lieferengpässe des Flugzeugbauers Boeing sind es wohl nicht. Vielmehr liegt es wohl an der späten Bestellung der Maschinen.

 Ryanair-Chef Michael O'Leary (links) mit dem Chef des Flugzeugbauers Boeing, Ray Connor, nach der Vertragsunterzeichnung im Juni. Foto: Boeing

Ryanair-Chef Michael O'Leary (links) mit dem Chef des Flugzeugbauers Boeing, Ray Connor, nach der Vertragsunterzeichnung im Juni. Foto: Boeing

Trier. Anruf der Frankfurter PR-Agentur Edelmann, die für die irische Fluggesellschaft Ryanair arbeitet, gestern in der TV-Redaktion: Der Grund, warum Ryan air im nächsten Jahr zu wenige Flugzeuge habe, seien nicht etwa Lieferengpässe des Flugzeugbauers Boeing. Boeing sei nicht schuld, dass Ryanair im nächsten Jahr zu wenige Flugzeuge habe und unter anderem vom Hahn welche abziehen müsse, sagt die etwas schüchtern wirkende Agenturmitarbeiterin. "Ryanair hat die Flugzeuge spät bestellt", sagt sie. Zu spät? Das könne man auch nicht sagen.
Flotte soll weiterwachsen


Hintergrund des Anrufs könnte sein, dass möglicherweise der amerikanische Flugzeugbauer Boeing bei seinem Großkunden Ryanair nachgefragt habe, was hinter den Meldungen der vergangenen Tage über angebliche Lieferengpässe der ersten von insgesamt 175 bei ihm georderten Maschinen vom Typ 737-800 stecke.
Der TV hatte wiederholt bei der deutschen Pressestelle von Boeing wegen der angeblichen Lieferengpässe nachgefragt, allerdings keine Antwort darauf bekommen.
Ryanair-Sprecherin Henrike Schmidt hatte am Mittwoch unserer Zeitung gesagt, dass sich die Lieferung der ersten 737-800 verzögere. Damit stünden im nächsten Jahr nicht genügend Flugzeuge zur Verfügung, um alle, vor allem auch die neuen Strecken, zu bedienen. Daher müssten am Hahn drei von neun dort stationierten Maschinen im kommenden Jahr abgezogen werden. Auch in Lübeck und in Baden-Baden fallen dadurch Verbindungen flach. Im niederländischen Maastricht sollen gar keine Ryanair-Maschinen mehr stationiert werden.
Dafür will Ryanair im nächsten Jahr auf dem Flughafen Fiumicino in Rom eine Basis mit sechs Maschinen errichten.
Die Fluggesellschaft hatte allerdings bereits bei Abschluss des 15,6 Milliarden schweren Kaufvertrags mit Boeing im Juni dieses Jahres verkündet, dass die ersten der 175 bestellten Flugzeuge im September 2014 geliefert werden, also damit eben nicht rechtzeitig vor dem Sommerflugplan. An diesem Termin scheint sich wohl auch nichts geändert zu haben.
Bis 2019 soll die Ryanair-Flotte um 100 Maschinen auf 405 wachsen. Jedes Jahr würden 30 bis 50 Flugzeuge geliefert, sagte Schmidt. "Wir haben bestellt, als alle anderen nicht bestellt haben", begründet sie die Engpässe im nächsten Jahr. Daher müsse das Streckennetz so gestaltet werden, dass die Maschinen im nächsten Jahr bestmöglich ausgelastet sind und die Gesellschaft trotz gleichbleibender Anzahl von Flugzeugen wachse.
Für den Hahn bedeutet das einen heftigen Aderlass. Doch es könnte noch schlimmer kommen. Laut der Mainzer Allgemeinen könnte sich die Zahl der auf dem Hahn stationierten Ryanair-Maschinen im Winter nächsten Jahres auf zwei reduzieren. Im Winter dünnt Ryanair aus Spargründen immer sein Streckennetz aus.
Ryanair-Sprecherin Schmidt deutete auch an, dass bei einem Wegfall der seit 2011 erhobenen Luftverkehrsabgabe Ryanair möglicherweise wieder sein Engagement in Deutschland verstärke.
Doch offenbar plant die neue Bundesregierung, an der Ticketsteuer festzuhalten. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums verwies auf TV-Anfrage auf den Koalitionsvertrag, in dem der Vorschlag zur Abschaffung der Ticketsteuer nicht aufgegriffen worden sei.Extra

Technologie aus Deutschland ist nach Angaben des Unternehmens ein wesentlicher Bestandteil vieler Boeing Flugzeuge. Deutsche Luft- und Raumfahrtunternehmen tragen demnach seit Jahren mit technologisch anspruchsvollen Produkten und Dienstleistungen zum Erfolg der Boeing Programme bei. Boeing hat mehrere Hundert Mitarbeiter in Deutschland. Jeppesen, ein Tochterunternehmen von Boeing, beschäftigt fast 500 Mitarbeiter in Neu-Isenburg in der Nähe von Frankfurt. Weitere Boeing Mitarbeiter arbeiten im Deutschland-Büro in Berlin oder sind an deutschen Flughäfen stationiert. red

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