Saarländer retten geprellte Wurstverpacker

Saarbrücken · Von einem Vermittler, der in einem Schönheitssalon in Litauen residiert, wurden Arbeiter entsandt, um beim Wursthersteller Höll zu arbeiten. Seit Wochen warten sie auf Lohn. Jetzt sind Hilfsmaßnahmen angelaufen.

Saarbrücken. Das Schicksal der über 30 Osteuropäer, die bis letzte Woche für den Personaldienstleister Rolf Wenzel aus Hamm (Nordrhein-Westfalen) über einen Werkvertrag bei dem Saarbrücker Wursthersteller Höll arbeiteten, hat eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Nach einem Bericht der Saarbrücker Zeitung, dass die Frauen und Männer aus Bulgarien, Litauen, Rumänen und Moldawien quasi mittellos in drei Wohnungen eines Altbaus in Saarbrücken leben, haben sich bei der Gewerkschaft NGG (Nahrung, Genuss, Gaststätten) Privatpersonen und Firmen gemeldet, die mit Geld und Sachspenden helfen wollen. "Jede Hilfe ist willkommen", sagt NGG-Geschäftsführer Mark Baumeister.
Die Osteuropäer zwischen 19 und 47 Jahren warten nach eigenen Angaben seit Wochen auf ihren Lohn. Höll-Geschäftsführer Rainer Wenz ging bis Dienstag davon aus, dass der Dienstleister, dessen Vertrag kurzfristig beendet wurde, seine Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern erfüllt hat. Mittlerweile sind die Höll-Repräsentanten, darunter Betriebsratschef Dirk Naumann und Berater Michael Geisinger, klüger. "Wir sind vom Stuhl gefallen", so Geisinger. Angeblich war Höll nicht bekannt, dass Wenzel ausländliche Vermittler als Subunternehmer einsetzte, die wiederum über Adressen in Warschau und Litauen das Personal für die Höll-Verpackungsabteilung verpflichteten. Betroffene berichteten, sie seien über Angebote im Internet angeworben worden, ein Monatslohn von 1000 Euro und mehr - für osteuropäische Verhältnisse ein Vermögen - sei ihnen versprochen worden. Bar ausgezahlt wurden seit Anfang Februar, so schilderten sie, Abschlagszahlungen zwischen 100 und 300 Euro.
Vermittler der Bulgaren, Rumänen und Moldawier ist ein Warschauer Unternehmen mit dem Namen "Respekt". Die Verträge sind in polnisch. Mindestens fünf Leute aus Litauen wurden von einem "Direktorius Danas D. " in der litauischen Stadt Elektrénai auf eigene Kosten ins Saarland geschickt. Dieser Vermittler soll in einem Schönheitssalon residieren.
Hilfsbereite Höll-Vertreter brachten den Leiharbeitern in den vergangenen Tagen Lebensmittel und finanzierten den Einkauf von Hygieneartikeln.
Der Wursthersteller, der sich noch von einer Insolvenz erholt, befürchtet durch den Skandal einen neuen Imageschaden. Für heute ist eine Erklärung von Firmenchef Wenz angekündigt. Zwischen NGG und Höll laufen Gespräche, ob das Unternehmen den Arbeitern ihren Lohn auszahlt und sich im Gegenzug deren Forderungen an den Personalservice abtreten lässt. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken prüft noch, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleitet. Die Landesregierung macht für mögliche weitere Unterstützung der Firma zur Auflage, prekäre Arbeitsverhältnisse zu beenden und eigenes Personal einzustellen. mju

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