Schöne Braut, halbe Miete

SAARBURG/KOBLENZ. Die Zukunft des Saarburger Kunststoffherstellers Tectro ist bis Juni gesichert. Insolvenzanwalt Franz J. Abel gab gestern Nachmittag nach Kundengesprächen den 150 verbliebenen Mitarbeitern Entwarnung.

Der Fortbestand der insolventen Firma Tectro stand in dieser Woche auf des Messers Schneide. "Die wichtigen Tectro-Kunden haben horrenden Preissteigerungen im zweistelligen Bereich zugestimmt, sonst wäre hier am Montag Schicht gewesen", bringt Abel die Brisanz der Situation auf den Punkt. Ob die Kunden dies mangels Alternativen gemacht hätten, oder um Tectro zu helfen, will Abel nicht bewerten. "Doch auch das ist nur die halbe Miete", sagt der erfahrene Insolvenzanwalt. Rund 4,5 Millionen Euro muss Abel bei Tectro einsparen, um das Unternehmen in die schwarzen Zahlen zurückzuführen. Bis Juni hat er sich dafür nun Zeit (und vor allem auch Geld) genommen. Als starker Insolvenzverwalter trägt nämlich Abel das unternehmerische Risiko. Es sei wichtig, Tectro zu sanieren, damit das Unternehmen für Investoren wieder interessant werde. Deshalb habe man in dieser Woche auch rund 50 Mitarbeiter entlassen müssen. Er wünsche sich, dass auch alle das Angebot annähmen, in eine Transfergesellschaft zur weiteren Qualifizierung zu wechseln. "Auch das ist ein Baustein, der für uns wichtig ist", meinte der Anwalt aus St. Wendel. Im Hintergrund hat Abel bereits Gespräche mit mehreren Investoren geführt. Er hofft nun, dass sich aus den ersten Gesprächen und nach den harten Sanierungs- und Preiserhöhungsmaßnahmen konkrete Angebote ergeben. "Wir haben die Braut so schön gemacht wie es geht. Nun muss nur noch einer anbeißen." Bei zwei Investoren habe er ein gutes Gefühl: "Das sind interessante Unternehmen, bei denen sich auch einige Synergie-Effekte ergeben könnten." Doch letztendlich warnt Abel vor zu viel Enthusiasmus. Personalabbau und Preiserhöhungen hätten Tectro eine Frist bis Juni verschafft, "wenn aber keiner springt und in die heikle Kunststoff- und Zulieferbranche investieren will, gehen dann die Lichter aus", sagt Abel. In der Belegschaft kam die Nachricht trotzdem positiv an. "Wir wissen, dass wir längst noch nicht aus dem Schneider sind", sagte Betriebsratsvorsitzender Horst Molitor: "Doch wir haben nun wieder ein gutes Stück Hoffnung mehr."

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