Schraubverschluss kontra Kronkorken

TRIER/MORSCHEID/SCHODEN. Der Korkenzieher könnte als unverzichtbares Accessoire des Weinfreunds bald ausgedient haben. Zahlreiche Winzer stellen Teile ihres Sortiments auf Schraubverschlüsse oder Kronkorken um.

 Immer mehr Winzer füllen ihren Wein in Flaschen mit einem speziellen Schraubverschluss ab.Foto: Wolfgang Lenders

Immer mehr Winzer füllen ihren Wein in Flaschen mit einem speziellen Schraubverschluss ab.Foto: Wolfgang Lenders

Eine Trockenbeerenauslese, die sich mit dem Flaschenöffner für Bierflaschen oder gar dem Feuerzeug öffnen lässt? Für Manfred Loch vom Weinhof Herrenberg ist das eine realistische Vorstellung. Der Winzer aus Schoden (Kreis Trier-Saarburg) will den kompletten Jahrgang 2004 in Flaschen abfüllen, die mit Kronkorken statt mit Naturkorken verschlossen werden. Natürlich, etwas besser als der Verschluss der Bierflasche ist der Kronkorken für den Wein schon: Er ist komplett aus Edelstahl, und auch die Kunststoffschicht, die die Flasche abdichtet, ist dicker als die der alltäglichen Version. Gehalten wird der Nobel-Kronkorken von einer speziellen Kunststoffkapsel. "Die Korken werden jedes Jahr teurer und jedes Jahr schlechter", klagt Manfred Loch. "Wir sind nicht mehr gewillt, das Glücksspiel hinzunehmen." Den Verlust durch Korkgeschmack schätzt der Winzer nur auf "vielleicht zwei Prozent" - im Gegensatz zu vielen Kollegen, die von fünf bis zehn Prozent Ausfall sprechen. Viele Weine schmeckten wegen fehlerhafter Korken aber nicht so, wie sie schmecken sollten. Wichtig für den Wein sei die Geschmacksneutralität des Verschlusses und ein hermetischer Abschluss. Dies biete der Kronkorken. Loch: "Der Verschluss hat für den Wein nur Vorteile." Das sieht Annegret Reh-Gartner vom Weingut Reichsgraf von Kesselstatt in Morscheid (Kreis Trier-Saarburg) anders. "Wir Winzer lieben den Kork", sagt sie. Trotzdem hat sich ihre Firma entschlossen, ab dem Jahrgang 2004 alle Weine ohne Lagenbezeichnung mit einem Schraubverschluss, der Stelvin-Longcap, zu versehen. Dieser Verschluss wird auf ein Schraubgewinde, vergleichbar mit dem einer Sprudelflasche, geschraubt. Der Verschluss ist etwas länger als ein normaler Korken; eine mehrere Zentimeter lange Metallhülse verdeckt als Kapsel den oberen Teil des Flaschenhalses. Bereits seit 1999 füllt das Weingut Literweine in Flaschen mit normalem Schraubverschluss - zu einem großen Teil für die Gastronomie.Naturkorken für edlere Weine

"Die Longcap ist wertiger als ein normaler Schraubverschluss", sagt Reh-Gartner. Der Verschluss habe innen eine Zinnabdichtung, so dass sich die Flasche besser lagern lasse. Trotzdem will sie bei den edleren Weinen auf Naturkork nicht verzichten: "Es gibt Weine, bei denen ist der Reifeprozess gewünscht. Der Liebhaber will sehen, was aus seinem Wein wird." Nicht ganz auf Naturkorken verzichten will auch Wilhelm Haag vom Weingut Fritz Haag in Brauneberg (Kreis Bernkastel-Wittlich). "Wir müssen die Korkwälder schonen", sagt der ehemalige Vorsitzende des Großen Rings der VDP-Weingüter an Mosel, Saar und Ruwer. "Zu viele Korken werden für Billigweine verwendet." Bei einem edlen Wein will Haag allerdings nicht auf Naturkork verzichten. "Wenn ich eine Flasche aufmache, die zehn, 20 oder 30 Jahre alt ist, dann guck' ich mir den Korken an", sagt er. "Im preiswerteren Segment liegt die Zukunft aber in der Stelvin Longkap." Für Kunden in Übersee füllt der Winzer auch schon mal Wein in Flaschen mit diesem Verschluss ab, den er in Deutschland mit "echtem" Korken verkauft. "In Neuseeland und Australien kommt man mit Naturkork nicht an", sagt er. Schwierigkeiten, den Kunden den Schraubverschluss zu verkaufen, gibt es eher im Supermarkt. "Im direkten Kontakt zum Kunden können die Winzer den Grund erklären", sagt Ansgar Schmitz vom Mosel-Saar-Ruwer Wein e.V. "Steht die Flasche im Regal, entsteht oft der Eindruck, es sei ein billiger Wein."

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