Schwarzgeld: Steuerbetrüger suchen Auswege

Trier · Die einen flüchten über die Grenze, die anderen versuchen, sich mit einem umfassenden Geständnis beim Finanzamt aus der Bredouille zu retten. Deutsche Steuerbetrüger sind durch die Entwicklung der vergangenen Monate aufgeschreckt und wollen ihre ausländischen Anlagen weißwaschen - legal oder illegal.

Trier. Da staunten die Zollbeamten nicht schlecht: Als sie einen 69-jährigen pensionierten Lehrer im Raum Trier an der Grenze zu Luxemburg kontrollierten, fanden sie bei ihm mehr als 1,5 Millionen Euro, versteckt unter Kleidungsstücken und in einem Rucksack. Insgesamt sechs Geldbündel im Wert von jeweils 250 000 Euro und zudem ein Umschlag mit 35 560 Euro.
Erfahrung statt Auflauern


Der Pensionär hatte die Frage der Fahnder, ob er mehr als 10 000 Euro bei sich habe, verneint. Das war im November 2012. Inzwischen hat das Amtsgericht Saarbrücken das gegen ihn vom Zoll verhängte Bußgeld von 380 000 Euro bestätigt.
Kein Einzelfall: 2012 gingen dem Zoll 43 Personen ins Netz, die 3,1 Millionen Euro unangemeldet einführen wollten. 2010 lag die Summe noch bei lediglich 1,3 Millionen Euro.
Vorwürfe, Zollfahnder würden deutschen Bürgern vor luxemburgischen Banken auflauern, um sie dann den Kollegen an der Grenze zu melden, dementiert Thomas Molitor, Sprecher des Hauptzollamtes Koblenz: "Das ist lächerlich. Wir dürfen nicht im Ausland ermitteln."
Finanzämter profitieren


Auch aus ganz praktischer Sicht sei der Vorwurf lächerlich. Bei den vielen Banken in Luxemburg (141), den vielen Grenzübergängen (knapp 20) und nur zwei mobilen Kontrolleinheiten sei das praktisch unmöglich. "Aber die Kollegen haben eine Menge Erfahrung, auf die sie sich bei ihren Kontrollen verlassen können."
"Wir profitieren so zu hundert Prozent vom Abfallprodukt des Zolls", erklärt ein Finanzbeamter aus NRW. Die Erkenntnisse der Zollverwaltung aus der Überwachung des grenzüberschreitenden Geldverkehrs werden koordiniert vom zentral zuständigen Finanzamt für Steuerstrafsachen in Essen. Von dort aus werden die Finanzämter informiert, wenn der Zoll jemanden dabei erwischt, wie er unangemeldet mit mehr als 10 000 Euro einreisen möchte. Doch nicht nur das.
"Wir bekommen auch Hinweise, wenn etwa bei Kontrollen nur Kontoauszüge gefunden werden oder andere Verdachsmomente auffallen", erklärt der Beamte.
Dabei gehen dem Zoll kaum Personen aus der Region Trier ins Netz. "Das ist nicht verwunderlich, jemanden mit Autokennzeichen aus der Region zu finden, das ist wie die Nadel im Heuhaufen suchen", meint der Finanzbeamte.
So gab es nach TV-Informationen in den vergangenen Monaten auch nur eine Meldung ans Trie rer Finanzamt.
Doch über fehlende Selbstanzeigen brauchen sich die Finanzbehörden in Rheinland-Pfalz nicht zu beschweren. Wie eine kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Ulrich Steinbach an das Land belegt, steigt die Zahl der Selbstanzeigen sprunghaft.

Weißgeldstrategie


"Durch den Ankauf der Steuer-CD und die Verhinderung des Steuerabkommens mit der Schweiz ist ein großer Beitrag zur Bekämpfung und Ahndung der Steuerhinterziehung geleistet worden.
Insgesamt sind im Jahr 2011 bei den rheinland-pfälzischen Finanzämtern 832 Selbstanzeigen eingegangen, 2012 waren es schon 1359 und bis zum 17. Juli 2013 sind allein 1408 Selbstanzeigen bei der Steuerverwaltung eingereicht worden", stellt Steinbach fest.

Neue Welle von Anzeigen


Nach Ansicht von Jürgen Kentenich, Chef des Finanzamtes Trier, hat aber vor allem die Ankündigung von Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, dass das Großherzogtum einem Informationsaustausch über die Zinserträge ausländischer Anleger zustimmt, zu einer neuen Welle von Selbstanzeigen geführt.
Steuerbetrüger können sich mit einer Offenlegung vor einer Strafe schützen. Paragraf 371 der Abgabenordnung sichert zu, dass ein Steuerbetrüger, der sich selbst anzeigt, nicht bestraft wird, aber nur, wenn er die komplette Steuerhinterziehung gesteht, und zwar nicht scheibchenweise, sondern vollkommen, ohne offene Fragen und in einem Aufwasch. Zudem darf gegen den Steuerbetrüger seitens der Behörden noch nicht ermittelt werden.
"Die Selbstanzeige braucht eine gute Vorbereitung", erklärt Jürgen Kentenich.
Und seiner Meinung nach sind derzeit viele Steuerberater dabei, ihre Mandanten zum Gang aufs Finanzamt vorzubereiten. Die Zahl der Selbstanzeiger ist in den vergangenen Wochen gestiegen, von 66 auf nun 83. "Es werden noch viel, viel mehr", glaubt Jürgen Kentenich.
Banken fürchten Strafen


In der Branche wird gemunkelt, dass luxemburgische Banken inzwischen eine sogenannte Weißgeldstrategie fahren, wie sie bereits Schweizer Banken forcieren. Das bedeutet, Anleger werden angehalten, ihre Schwarzgeldkonten dem deutschen Fiskus anzuzeigen.
Die Banken fürchten Verbandsstrafen, wie sie die Credit Suisse getroffen haben und wie sie der UBS drohen. Die Credit Suisse musste 150 Millionen Euro wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zahlen und die UBS muss mit einer ähnlich hohen Strafe rechnen.
"Der Druck auf Steuerbetrüger wird weiter zunehmen. Von allen Seiten", glaubt Finanzamtschef Jürgen Kentenich.Extra

Ein geständiger Bankdaten-Dieb aus Deutschland ist in der Schweiz zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren verurteilt werden. Ein Teil davon wird zur Bewährung ausgesetzt. Der 54-jährige IT-Techniker wurde am Donnerstag vom Schweizer Bundesstrafgericht in Bellinzona der Wirtschaftsspionage, der Verletzung des Bank- und Geschäftsgeheimnisses sowie der Geldwäscherei für schuldig befunden. Der Mann hatte laut Anklage rund 2700 Datensätze deutscher Kunden bei der Zürcher Privatbank Julius Bär gestohlen und für 1,1 Millionen Euro an den deutschen Fiskus verkauft. dpaExtra

Jeder, der bei einer Zollkontrolle mit Bargeld in Höhe von 10 000 Euro oder mehr aus einem Mitgliedstaat der EU nach Deutschland einreist oder ausreist, muss diesen Betrag bei Kontrollen des Zolls angeben. Wer vom Zoll kontrolliert wird, muss die Höhe des Vermögens angeben sowie dessen Herkunft, den wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck erklären. Wer der Aufforderung nicht oder nicht vollständig nachkommt, handelt ordnungswidrig. Eine solche Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. Von den Einsätzen profitieren auch die Finanzämter. Der Zoll stellt zwar keinen Steuerbetrügern nach. Doch Erkenntnisse, die im Rahmen der Geldwäsche-Ermittlungen anfallen, werden vom Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Essen gesammelt und an die zuständigen Finanzämter weitergeleitet. hw

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