Sechs aufgedeckte Fälle und hohe Dunkelziffer

Trier · Sechs Fälle von Korruption hat die Trierer Polizei im vergangenen Jahr registriert, ein Jahr zuvor waren es zehn. Daraus sei kein Trend abzuleiten, sagt die Polizei. Die vorwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen der Region sind Experten zufolge vor allem bei Auslandsgeschäften und freihändigen Vergaben anfällig für Korruption.

Trier. Ein Auto, eine Lustreise, ein Geldschein, der Antragsunterlagen beigelegt ist: Korruption hat viele Gesichter - und ist schwer nachzuweisen.
2011 sind beim Polizeipräsidium Trier fast 35 000 Straftaten erfasst worden. Davon seien sechs Straftaten dem Bereich der Korruption zuzuordnen, sagt Karl-Peter Jochem von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Trier. 2010 waren es zehn Fälle. Ein Trend lasse sich aufgrund der geringen Zahl an Straftaten jedoch nicht ableiten, sagt Jochem.
Amtsträger beteiligt


Drei der erfassten Straftaten fielen auf den Bereich der Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit. Darunter versteht das Strafgesetzbuch korrupte Handlungen, an denen Amtsträger beteiligt sind. Die andere Hälfte entfällt auf die Straftatbestände Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr. Gemeint sind korrupte Handlungen von Privatpersonen. Vor allem auf Landesebene versuche man, Korruption vorzubeugen, sagt Jochem. Das Landeskriminalamt hat ein kostenloses Hinweistelefon für Bürger eingerichtet.
Für kleine und mittelständische Unternehmen, wie es sie in der Region vorwiegend gibt, bestünden besondere Risiken, wenn sie geschäftlich im Ausland aktiv seien oder an freihändigen Vergabeprozessen teilnähmen, sagt Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency International Deutschland. Als freihändige Vergaben bezeichnet man Ausschreibungen, die von geringerem Wert sind und daher nicht öffentlich erfolgen müssen. Die Grenze für solche Ausschreibungen liegt in Rheinland-Pfalz bei 100 000 Euro.
Im aktuellen nationalen Integritätsbericht geht Transparency International Deutschland davon aus, dass die tatsächliche Zahl an Korruptionsfällen erheblich über der der bekannt gewordenen Fälle liegt. Dort heißt es, dass die Dunkelziffer Experten zufolge bis zu 95 Prozent beträgt.
Bundesweit bewegten sich die aufgenommenen Straftaten nach den jüngsten Zahlen im Jahr 2009 mit rund 6000 Delikten auf einem niedrigen Niveau: Mit einem von Transparency International ausgewiesenen Korruptionswahrnehmungsindex von 79 (100 wäre der bestmögliche Wert) liegt Deutschland weltweit auf Platz 13 von 174 untersuchten Ländern (der TV berichtete). Damit wird Deutschland als relativ integer wahrgenommen.
Die Wahrnehmung der Bevölkerung ist allerdings eine ganz andere: Rund 70 Prozent aller Deutschen geben in repräsentativen Umfragen seit Jahren an, dass die Korruption in der Bundesrepublik ihrem Empfinden nach zugenommen habe.
Zahlung gegen Auftrag


Private Firmen und Betriebe sowie Kommunalbehörden gehören mit 59 Prozent zu den Hauptempfängern von unrechtmäßigen Vorteilen. Die Vorteilsgeber sind häufig Privatpersonen oder in der Automobil- und Baubranche, im Handwerk oder im Dienstleistungsgewerbe tätig. Laut Polizei betrifft ein Großteil der Fälle Zahlungen, um an Aufträge zu gelangen.
Um feststellen zu können, wie anfällig das eigene Unternehmen oder die Behörde für Korruption ist, hat Transparency International Deutschland die Checkliste "Self-Audits für Korruptionsprävention" erarbeitet. Anhand dieser Liste kann man erkennen, wo Nachholbedarf besteht.
Der leichteste Weg herauszufinden, ob das eigene Handeln in Ordnung ist, sei allerdings ein einfacher Selbsttest, erklärt Humborg. Dazu müsse man sich lediglich folgende Frage stellen: "Ist es mir recht, dass mein Verhalten morgen in der Zeitung steht?"
Extra

Den kompletten nationalen Integritätsbericht und weitere Informationen rund um das Thema Korruption gibt es im Netz auf www.transparency.de Wer Zeuge von Korruption wird, kann sich telefonisch unter 0800/8899007 oder per E-Mail an lka.sg-korruption@polizei.rlp.de direkt an das Landeskriminalamt wenden. sek

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