Ausbildung jetzt! Berufs-Entscheidung beginnt im Internet - So finden Jugendliche den Traumjob

Trier · Corona-Lockdown muss nicht Stillstand bedeuten. Schon gar nicht für die Zukunftsplanung Jugendlicher. In Trier zeigen Arbeitsamt, Handwerkskammer und IHK auf ihren Webseiten und bei digitalen Beratungsterminen, dass genau jetzt eine gute Zeit ist, sich über den späteren Beruf Gedanken zu machen. Ein Selbsttest:

 TV-Mitarbeiterin Katharina Faessler im Online-Interview mit Thomas Mares (Arbeitsagentur Trier).

TV-Mitarbeiterin Katharina Faessler im Online-Interview mit Thomas Mares (Arbeitsagentur Trier).

Foto: TV/Katharina Faessler

CheckU heißt der Berufstest der Bundesagentur für Arbeit und bedeutet damit übersetzt so viel wie „versteh dich selbst“. Auf der Internetseite der Arbeitsagentur ist der Berufseignungstest unter „Schule, Ausbildung und Studium“ mit einem Klick auf die Frage „Welche Ausbildung, welches Studium passt zu mir“ leicht zu finden – doch nicht nur Schüler können dort Selbsterkenntnis gewinnen.

Nach einer kurzen Registrierung und fast zwei Stunden intensiver Testphase blickt die Autorin etwas platt aber gespannt auf die Auswertung ihrer „Fähigkeiten“. Zwölf grau-grüne Bögen zeigt die Internetseite ihr an – je grüner, desto stärker. Textverständnis, systematische Planung, Perspektivenwechsel und so weiter. Hinter den Rechtecken mit der Aufschrift „Mehr Infos“ steht wie in einem kleinen Zeugnis wohlwollend formuliert: „Deinen Ergebnissen zufolge fällt es dir nicht schwer, mathematische Zusammenhänge zu erkennen“ und „dein mechanisch-technisches Verständnis ist ziemlich gut“. Sie ist ein bisschen stolz. Bis sie weiterliest und erfährt, was es beruflich bedeuten kann, wenn man weniger gut darin war, unter Zeitdruck Zahlenfolgen zu sortieren. Schluck.

So in Schubladen gesteckt und bewertet zu werden, fühlt sich seltsam schülerhaft an. Es helfe aber, differenziert Stärken und Schwächen auszumachen und bewahre vor falschen Entscheidungen findet Berater Thomas Mares (49), Studien- und Ausbildungsberater der Arbeitsagentur seit sechs Jahren. Ihn trifft die Autorin zwei Wochen später zur – wegen Corona digitalen – Beratung. Nach einer Anmeldung per E-Mail – geht auch telefonisch -  gab‘s die Einladung zum Videotermin per Link. Mares sieht sich die Ergebnisse ihres CheckU-Tests an, lächelt und beginnt zu erklären, warum die Autorin womöglich gut Wirtschaftsingenieurin hätte werden können. Wie Berta Benz, die „das Produkt an den Mann“ gebracht habe und ohne die Carl Friedrich wohl nie aus dem Keller herausgekommen wäre mit seinem Automobil.

Wer 16 oder älter ist, darf – so steht es im Sozialgesetzbuch – Beratungsangebote der Arbeitsagentur annehmen, „ohne Limit“ sagt Thomas Mares. Es gebe auch Leute, die er 20 Mal treffe. Wer aber keine Lust habe, sich mit seiner Zukunft zu beschäftigen, solle auch nicht in die Beratung kommen. CheckU-Testergebnisse seien für die Beratung zwar nicht verpflichtend, aber hilfreich „gerade wenn jemand noch gar nicht weiß, wo er hin möchte“.

Gegebenenfalls könne sich bei einer Beratung auch herausstellen, dass auch ein zusätzliches Beratungsgespräch mit Psychologinnen der Arbeitsagentur helfen kann. Und auch ganz spezifische Eignungstests für sehr anspruchsvolle Studiengänge bietet die Arbeitsagentur den daran Interessierten vor Studienbeginn an.  Zum Beispiel sei vielen Psychologie-Interessierten der Mathematikanteil im Studium nicht bewusst. In Gesprächen mit Studienabbrechern, die sich umorientieren wollen, merke er: „Die wenigsten waren vor ihrem Studium in irgendeiner Beratung.“ Das sei schlimm für ihn. Zu sehen, dass junge Menschen etwas anfangen, das ihnen gar nicht liegt.

Die Bundesagentur für Arbeit hat viele verschiedene Online-Angebote zur beruflichen Orientierung, die je nach Situation weiterhelfen können. Erste Anlaufstelle zur beruflichen Orientierung und bei der Ausbildungsplatzsuche bleibe aber die Berufsberatung. Dabei ist die Video-Beratung eine gute Möglichkeit, schnell und unkompliziert mit dem eigenen Berufsberater in Kontakt zu treten, vor allem in Zeiten von Corona.

Wer keine Beratung zu seinen Testergebnissen per Video-Telefonat nutzen möchte, kommt auch selbst anhand der Ergebnisse auf Links zu Ausbildungen und Studiengängen, die zu den Interessen und Fähigkeiten passen sollen. Alle 20 Ausbildungs-Empfehlungen für die Autorin auf der ersten Seite passen laut Punktezahl so halb zu ihr. Nicht nachzuvollziehen sind die als Top 6 grün markierten typischen Frauenberufe, obgleich die Autorin im Test absichtlich keine soziale Ader betont hat.

Zu allen Berufen kann man sich nun anzeigen lassen, welche davon in der Region gerade ausgebildet werden. Technische Produktdesignerin oder Technische Assistentin im Bereich regenerative Energietechnik scheint hier aber zu speziell zu sein, freie Stellen gibt es demnach nur in Idar-Oberstein oder Landau. Thomas Mares klärt auf: Dass manchmal keine Ergebnisse vorliegen, kann auch daran liegen, dass manche ausbildenden Betriebe ihre Angebote noch nicht durchgegeben haben. Es lohnt also, sich auch auf anderen Webseiten umzuschauen.

Gut, dass die Webseiten der Industrie und Handelskammer (IHK) und der Handwerkskammer das Angebot für motivierte Schulabgänger hier komplettieren. Bei der Handwerkskammer Trier finden sich gleich oben links auf der Webseite unter dem Punkt „Ausbildung“ Infos für Schüler, Eltern und Lehrkräfte. Der dort empfohlene neue gemeinsame Ausbildungsatlas mit der IHK Trier zeigt grafisch an, welche Ausbildungsbetriebe und -möglichkeiten es in der Region gerade gibt.

Die genaue Berufsbezeichnung zeigt zwar nicht gleich Ergebnisse, doch über das Schlagwort Technik finden sich viele andere Ausbildungsberufe darunter zum Beispiel „Mediengestalter Digital und Print Fachrichtung: Gestaltung und Technik“. Über einen grünen Button kann man sich Ausbildungsbetriebe im Umkreis von fünf Kilometern um Trier anzeigen lassen und bekommt immerhin 19 Ergebnisse auf der Landkarte. So erfährt man Name und Adresse der Betriebe, die diese Ausbildung gerade oder schon einmal angeboten haben. Die genauen Infos recherchiert man selbst.

Über den Weg Berufe von A bis Z bei der Handwerkskammer findet die Autorin dann sogar noch ein Stellenangebot zu ihrem Traumjob des Technischen Produktdesigners in Bitburg – anfangen könnte sie dort sofort, eine Telefonnummer zum Betrieb ist hinterlegt.

Nach etwa einer halben Stunde ist die persönliche Beratung am Laptop zu Ende. In einem anderen Leben wäre die Autorin nun vielleicht wirklich Mediengestalterin, Produktdesignerin oder Wirtschaftsingenieurin geworden. Wichtig sei aber immer auch, dass es eine eigene Entscheidung bleibe, sagt Berater Thomas Mares zum Abschied. Eltern sind seiner Einschätzung nach zwar die wichtigsten Ratgeber bei der Entscheidung zur Berufswahl, aber sie seien nicht unabhängig: „Eltern kennen ihr Kind aus der Kindheit“. Wenn sie ein Beratungsgespräch begleiten sei wichtig, dass sie sich das vorher bewusst machten. Die Beratenden dagegen geben eine unabhängigere Einschätzung.

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