Sparen: Ja - Souveränität abgeben: Nein

Trier · 30 000 Mitgliedsbetriebe, mehr als 90 000 Mitarbeiter - die Industrie- und Handelskammer (IHK) vertritt einen Großteil der heimischen Wirtschaft. Wo die Reise bei der IHK hingeht, hat der Präsident der Kammer, Peter Adrian, dem TV im Interview verraten.

 Triwo-Chef Peter Adrian an seinem Arbeitsplatz. In seiner Brust schlagen zwei Herzen, das des IHK-Präsidenten und das des Unternehmers. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Triwo-Chef Peter Adrian an seinem Arbeitsplatz. In seiner Brust schlagen zwei Herzen, das des IHK-Präsidenten und das des Unternehmers. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Trier. Erst vor wenigen Tagen hat die Vollversammlung der IHK Trier einen neuen Hauptgeschäftsführer gewählt (der TV berichtete). Der gebürtige Hamburger Jan Glockauer folgt ab Juli 2012 Arne Rössel, der nach zehn Jahren an der Spitze der IHK Trier zur Schwesterkammer nach Koblenz wechselt. TV-Redakteur Heribert Waschbüsch sprach mit IHK-Präsident Peter Adrian über den Wechsel im Hauptamt. Die Kammern Koblenz und Trier rücken zusammen, wird damit langsam eine Fusion eingeleitet?Adrian: Da deutet sich keine Fusion an. Was Sie aber als Näherrücken wahrnehmen, ist sicher nicht ganz falsch. Wir überlegen gemeinsam, wo können wir in den Verwaltungen, in den internen Diensten, Funktion und Leistungen zusammenfassen, um die Leistungsfähigkeit zu stärken und Kosten einzusparen.Könnte dies auch eine Spezialisierung sein, auf Themen wie Weinwirtschaft, die Nähe zu Luxemburg …?Adrian: Nein, das ist nicht angedacht. Es geht eher um zentrale Dienste. Wir haben bereits mit Mainz, der IHK Rheinhessen, eine Lösung, dass die Kollegen uns EDV-Leistungen zur Verfügung stellen. Umgekehrt übernehmen wir für die Mainzer die Firmendatenpflege. So könnte man mit Koblenz über eine zentrale Personalverwaltung oder die Finanzbuchhaltung sprechen. Weiterhin gibt es im Bereich der inneren Organisation eine Reihe von Aufgaben, die man im ganzen Land verteilen könnte, ohne das davon die Selbstständigkeit der Kammer beeinträchtigt ist. Steckt da der Druck dahinter, dass die IHK Geld sparen muss?Adrian: Eigentlich nicht. Aber ist sehe die Lage aus der Position des Ehrenamtes, des Unternehmers, der ja auch Pflichtmitglied ist und seine Beiträge zahlt. In der Vollversammlung wie im Vorstand sind wir uns einig, dass wir die Kostensituation der Kammer weiter verbessern wollen. Ersparnisse können wir bei entsprechender Haushaltsentwicklung nutzen, die Umlagenbeiträge weiter zu senken. Wir sind die kleinste Kammer im Land und hinken, was das Wirtschaftspotenzial angeht, auch immer noch hinter den Ballungsräumen hinterher. Aufgrund dieser Struktur sind unsere Beiträge höher als in Mainz und Koblenz. Und wenn wir nun auch unsere Beiträge senken (siehe Extra), sind sie dennoch immer noch höher als in Koblenz. Der Pflichtbeitrag steht ja auch im Fokus der Kammergegner, die sogar fordern, die Kammern gleich ganz abzuschaffen …Adrian: Man kann natürlich über alles nachdenken. Dass Unternehmer sich fragen, wofür haben wir diese Kammer?, ist legitim. Nach meiner Ansicht gibt es aber ganz überzeugende Argumente für dieses Kammerwesen. Die IHKs in Deutschland betreiben beispielsweise keine Lobbyarbeit für einzelne Branchen, sondern wirken für die Gesamtheit der Mitgliedsbetriebe. Sie stehen für die Interessen der Wirtschaft in Berlin und gegenüber der EU ein. Dagegen haben wir in Deutschland schon viele Interessengruppen, die die speziellen Fragen ihrer Branchen vorantreiben, auch manchmal zum Nachteil anderer Wirtschaftszweige. Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang das Ehrenamt in der IHK?Adrian: Der Vorstand und die Vollversammlungsmitglieder haben sich der Unabhängigkeit verpflichtet. Bei der IHK Trier bedeutet Ehrenamt zudem, es gibt keine Aufwandsentschädigung. Und das Amt beinhaltet wie es das Wort zeigt Ehre, aber eben verknüpft auch mit einer Gesamtverantwortung und ein wenig Last.Ihr Frontmann, Arne Rössel, wechselt nun nach Koblenz. Wie bewerten Sie das?Adrian: Ich sehe das mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Der Nachteil ist eindeutig, dass wir einen Mann verlieren, den wir sowohl wegen seiner menschlichen Art und seiner fachlichen Qualität sehr hoch schätzen, und den können wir auch nicht so einfach ersetzen. Der Vorteil ist, dass wir in der Zusammenarbeit mit Koblenz nun einen Partner haben, den wir gut kennen und mit dem wir sicher gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten werden.Jan Glockauer wird Arne Rössel im Sommer folgen. Sind Sie mit seiner Wahl zufrieden, welche Erwartungen haben Sie an ihn?Adrian: Dr. Jan Glockauer hat die breite Zustimmung des Vorstands und der Vollversammlung bekommen. Arne Rössel wird ihm ein gut bestelltes Feld übergeben. Aber ich denke schon, dass er der Arbeit und der IHK Trier einen eigenen Stempel aufdrücken wird. Und ich erwarte auch, dass er eigene Schwerpunkte setzt. Ich denke, wir werden uns mit ihm weiterentwickeln.Viel Stress, so kurz vor Weihnachten. Haben Sie denn auch schon ein paar Weihnachtsgeschenke?Adrian: Ganz ehrlich? Noch kein einziges.Extra

Die Kammerbeiträge setzen sich aus einem jährlichen Grundbetrag und einer Umlage zusammen. Die Umlage wird wegen der guten konjunkturellen Lage im kommenden Jahr von 0,36 Prozent auf 0,27 Prozent des Gewerbeertrags gesenkt, was die IHK-Mitgliedsbetriebe in der Region Trier jährlich um etwa 750 000 Euro entlasten wird. Bei der IHK Koblenz liegt diese Umlage bei 0,08 Prozent. Der zu zahlende Grundbetrag von jährlich 46 bis 690 Euro bleibt gleich. Rund 40 Prozent der Betriebe sind beitragsfrei. hw Extra

Peter Adrian ist 54 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder. Er ist seit 1980 selbstständig und seit 1989 Vorstand der Triwo AG Trier und Geschäftsführer von verschiedenen verbundenen Unternehmen. Seit Ende 2006 ist Peter Adrian Präsident der Industrie- und Handelskammer Trier. hw

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort