Stahlwerk-Zukunft entscheidet sich im Februar

Trier · Der Countdown für die Zukunft des Trierer Stahlwerks läuft: Im November hatte die westfälische Pampus-Gruppe für das Trierer Stahlwerk (TSW) Insolvenzantrag gestellt. Bis Januar sind die Löhne so gesichert, doch wie geht es weiter? Betriebsrat und IG Metall hoffen auf einen Investor.

 Im Februar wird der Ofen im Trierer Stahlwerk wohl ausgehen. Die Verantwortlichen hoffen aber weiter auf einen Investor. TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Im Februar wird der Ofen im Trierer Stahlwerk wohl ausgehen. Die Verantwortlichen hoffen aber weiter auf einen Investor. TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Trier. Für heute 14 Uhr hat der vorläufige Insolvenzverwalter Christoph Schulte-Kaubrügger aus Dortmund die etwa 300 Mitarbeiter zur Betriebsversammlung eingeladen. Die Zukunft des Stahlwerks steht auf dem Spiel. Hat der Insolvenzverwalter einen oder mehrere Interessenten an der Hand, die das Stahlwerk an der Mosel weiterführen wollen? Ohne einen neuen Geldgeber geht beim TSW der Ofen aus. Im November hatte die Pampus-Gruppe (Hamm/Westfalen) einen Insolvenzantrag für das Trie rer Unternehmen beim Amtsgericht in Dortmund gestellt. Nach unbestätigten TV-Informationen hat das Stahlwerk Verbindlichkeiten von 150 Millionen Euro gegenüber seinen Gläubigern.
Die Zeit drängt


Durch den Insolvenzantrag bekamen die Mitarbeiter für drei Monate ihren Lohn aus der sogenannten Insolvenzkasse gezahlt. Die Arbeitsagentur ist für die Auszahlung zuständig.
Ende Januar laufen diese Zahlungen aber aus. Der Insolvenzverwalter muss nun bewerten, ob und wie das Stahlwerk eine Zukunft haben kann und somit einen Insolvenzplan zur Weiterführung des Unternehmens erstellen.
Beim Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall gilt deshalb weiter das Prinzip Hoffnung. "Die Lage in der Stahlbranche ist gar nicht so schlecht. Es müsste sich eigentlich ein Investor für das Trierer Stahlwerk finden", glaubt der IG-Metall-Chef für die Region Trier, Roland Wölfl.
Auch der TSW-Betriebsratsvorsitzende Rudi Heinz rechnet sich Chancen aus: "Es gibt wohl einige Interessenten für das Stahlwerk", sagt er dem TV. Das Problem in Trier ist indes derzeit noch die enge Verbindung zum ehemaligen Mutterkonzern. "Das TSW wurde zuletzt im Wesentlichen von Unternehmen der Pampus-Gruppe beauftragt und realisierte hierdurch etwa 90 Prozent seiner Umsätze. Eine - jedenfalls mittelfristige - Fortführung des Geschäftsbetriebes setzt daher eine weitere Beauftragung durch die Pampus-Gruppe voraus", hatte der Insolvenzspezialist Schulte-Kaubrügger Ende November gesagt.
Dieses Vorhaben ist nur teilweise geglückt. Konkret bedeutet dies: Das Trierer Stahlwerk bezieht derzeit weiter seinen Schrott von der Pampus-Gruppe und verkauft seine Stahlmatten auch zu fast 100 Prozent an den westfälischen Konzern.
Arbeitsagentur springt ein


Zudem ist das Zeitfenster, um einen neuen Investor für das Trie rer Stahlwerk zu begeistern, recht kurz gewesen. Nach TV-Informationen hat der Insolvenzverwalter dennoch mehrere aus- und inländische Interessenten aus der Stahlbranche sowie einige Finanzinvestoren, die sich ein Engagement an der Mosel vorstellen könnten. Ende Januar muss sich der Insolvenzverwalter also entscheiden, ob er das Stahlwerk weiterbetreibt. Dies geht nur, wenn er die laufenden Kosten aus dem Betrieb heraus bestreiten kann.
Wahrscheinlich wird der Insolvenzverwalter deshalb in der Betriebsversammlung den Mitarbeitern mitteilen, dass sie zum größten Teil (200 bis 250 Mitarbeiter) freigestellt werden.
Eine solche Freistellung ist im Insolvenzrecht möglich. Das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen, die Mitarbeiter arbeiten aber nicht und erhalten in Höhe des Arbeitslosengeldes Unterstützung von der Arbeitsagentur. Gehen die Geschäfte weiter, kann die Arbeitsagentur diese Leistung als Masseforderungen an das insolvente Unternehmen anmelden. Eine solche Lösung, die beim TSW wahrscheinlich ist, hat Vorteile für die Mitarbeiter, die weiter im ungekündigten Arbeitsverhältnis bleiben, und für das Unternehmen, das schnell bei entsprechender Auftragslage oder bei einem Verkauf wieder in Betrieb gehen kann.
Geht ab Februar zudem die vorläufige Insolvenz in ein Insolvenzverfahren über, kann der Verwalter mit den Gläubigern über eine Begleichung der Verbindlichkeiten verhandeln. Dabei fällt in den meisten Insolvenzverfahren die Quote niedrig aus. Eine Schuldenquote über zehn Prozent gilt unter Experten schon als ganz gut. In anderen Fällen wurden aber auch schon die Schulden zu 100 Prozent getilgt.
Sieht der Insolvenzverwalter keine Chance, das Unternehmen fortzuführen, müsste er den Mitarbeitern kündigen und eventuell Verhandlungen zu einem Sozialplan anbieten.
Die Zeit fürs TSW ist begrenzt. Spätestens im Februar muss ein Interessent sich für das Trierer Stahlwerk entscheiden, sonst gehen wahrscheinlich die Lichter für immer aus.Extra

Die Stahlindustrie zählt einer Studie zufolge zu den wichtigsten Trägern der deutschen Wirtschaft. Allein die Außenhandelsmotoren Maschinenbau und Automobilbau benötigten für ihre Produktion einen hohen Anteil an Vorprodukten der Stahlerzeuger. Das geht aus einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie zur Rohstoffindustrie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) hervor. Die deutsche Stahlbranche rechnet für das laufende Jahr 2012 mit einer etwa gleichbleibenden Stahlproduktion im Vergleich zum Vorjahr. "Wir rechnen für 2012 mit einer Rohstahlproduktion von rund 44 Millionen Tonnen. Die Erzeugung wird im Wesentlichen stabil bleiben", sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. Doch aus einzelnen Betrieben gibt es durchaus auch andere Anzeichen. In Luxemburg lässt der weltgrößte Stahlhersteller Arcelor Mittal seine Stahlwerke in Rodange und Schifflingen auf Sparflamme kochen. Im Februar wird neu über die Zukunft des Stahlstandortes Luxemburg entschieden. Vor wenigen Tagen haben nun auch die Badischen Stahlwerke in Kehl für ihre rund 900 Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet. Die Stahlöfen bleiben laut Medienberichten bis Ende Februar kalt. dpa/hw

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