Stihl-Vorstandsvorsitzender Bertram Kandziora im TV-Gespräch

Waiblingen · Stihl ist seit vier Jahrzehnten die weltweit meistverkaufte Motorsägenmarke. Und auch aus der Finanzkrise ist das Unternehmen gestärkt hervorgegangen. Im TV-Gespräch mit Redakteurin Sabine Schwadorf erklärt der Stihl-Vorstandsvorsitzende Bertram Kandziora den Erfolg des traditionsreichen Familienunternehmens.

Stihl gibt es seit 85 Jahren. Seit Jahrzehnten ist das Unternehmen Weltmarktführer. Worauf führen Sie den langanhaltenden Erfolg zurück?
Kandziora: Der Erfolg liegt in der langfristigen Strategie begründet. Zu keinem Zeitpunkt wird nach kurzfristigen Erfolgen geschaut. Dazu gehört, dass man jahrzehntelang in den Bereichen Produkte, Vertrieb und Service Spitzenleistungen bringt. Zu den Grundfesten von Stihl gehört die Firmen-Philosophie.

Inwiefern macht die Tatsache, dass die große Holding ein Familienunternehmen ist, den Erfolg aus?
Kandziora: Das Ziel der Familie Stihl ist, das Unternehmen auch langfristig als Familienunternehmen zu erhalten. Dazu gehört auch der Erhalt möglichst aller Standorte. Wir werden nicht mal schnell, nur weil es irgendwo billiger ist, einen Standort schließen. Wir managen ertragsreiche und erfolgreiche Geschäftsfelder. Zur nachhaltigen Strategie und Philosophie gehört auch, ganz bewusst weiterhin in signifikantem Umfang in Deutschland zu produzieren.

Gibt es da eine Quote, die Sie erfüllen wollen oder müssen?
Kandziora: Nein. Unser Ziel ist es, die Standorte stabil zu halten und so ausgewogen wachsen zu lassen, dass das Gesamtziel aufgeht. Bei einem Umsatzanteil von 90 Prozent im Ausland ist es nicht möglich dieses Geschäft nur mit Standorten in Deutschland zu betreiben. Das heißt, wir brauchen den internationalen Fertigungsverbund, um kostengünstig und marktnah ein großes Produktionsvolumen zu erzielen. Wir haben einen guten Mix von Fertigungsstandorten in Deutschland, den USA und der Schweiz, ergänzt um Brasilien, Österreich und China. Die typischen Produkte aus Deutschland sind Profiprodukte, die Einsteiger- und Massenprodukte kommen eher aus dem Ausland. So können wir dem Fachhandel eine vollständige Produktpalette anbieten. Und da kommt Weinsheim ins Spiel. In professionellen Produkten sind Magnesiumbauteile, wie sie dort gefertigt werden, wesentlich häufiger verwendet als in Massenprodukten.

Sie sind aus der Finanzkrise gestärkt hervorgegangen, obwohl die Metallbranche eher schlecht abgeschnitten hat. Was haben Sie besser gemacht als die anderen?
Kandziora: Ein Zeichen für unser erfolgreiches Wachstum ist, dass die Eigenkapitalquote im Jahr der Wirtschaftskrise nicht geschrumpft, sondern gewachsen ist (2009 auf rund 65 Prozent, Anm. der Red.). Die Entnahmen für private Zwecke liegen auf niedrigem Niveau, das meiste wird von den Eigentümern in die Firma reinvestiert. In einer Krise hat das den Vorteil, Gebäude und Maschinen sind bezahlt und gehören Stihl. Außerdem haben wir hohe Millionen-Beträge gegenüber der ursprünglichen Planung im operativen Geschäft eingespart. Aber in alles, was die Zukunft betrifft, etwa die Weiterentwicklung der Produkte und der Fertigungstechnologien, wurde mehr investiert. In der Krise hatten wir mit dieser Strategie keinen Zeitverlust, sondern konnten durch höhere Investitionen etwa unsere Akku-Produkte noch schneller entwickeln. Das Ergebnis von 2010 zeigt, dass wir mit einem Umsatzwachstum von 16 Prozent mit vielen neuen Produkten im Markt punkten konnten.

Die größten Herausforderungen im Weltmarkt sind …
Kandziora: Wir haben viele boomende Regionen weltweit. Auch in Deutschland sind wir gewachsen und legen momentan besonders stark zu. Die generelle Herausforderung ist, dass wir zur Zeit Mengensteigerungen haben, die uns alles abfordern.

Sie kommen also mit Ihrer Produktion nicht mehr hinterher.
Kandziora: Wir haben alle Hände voll damit zu tun, alle Teile und Produkte bereitzustellen. Der Markt ist sehr dynamisch. Wir haben einen monatlichen Überarbeitungsrhythmus, wo wir die Produktionsprogramme überarbeiten. Die mussten wir jetzt jedes Mal anpassen aus der Erkenntnis heraus: Wir haben mehr verkauft als wir geplant haben. Diese Mengenerhöhungen sind ist natürlich eine Herausforderung in der ganzen Logistikkette.

Wie sieht die Strategie für die Zukunft aus?
Kandziora: Weiterhin Wachstum aus eigener Kraft im Kerngeschäft; Firmenkäufe machen wir nur im Ausnahmefall; Wachstum finanzieren wir nur selbst, nicht auf Kredit. Bei den Produkten entwickelt sich alles in Richtung mehr Elektronik. Wir sehen auch einen Trend zu Akkuprodukten, die aber die Benzinprodukte nicht ersetzen, sondern ergänzen werden. Außerdem schauen wir weltweit nach neuen und sich entwickelnden Märkten.

Welche Rolle spielt Weinsheim in dieser Strategie?
Kandziora: Unsere Produkte leben davon, dass sie leicht und gleichzeitig robust sind. Der ideale Werkstoff für die Kombination aus Leichtigkeit und dauerhafter Haltbarkeit bei hoher Belastung ist Magnesium. Weinsheim ist deshalb für uns der Standort, der in der Stihl-Gruppe für die leichten Bauteile steht. Es ist einer der führenden Technologiestandorte in der Gruppe. Wir haben zwar auch eine Magnesiumgießerei in Brasilien, aber die Technologieführerschaft ist ganz klar in Weinsheim. Das Innovationszentrum im Thema Leichtbau und Magnesium ist und bleibt für uns Weinsheim.

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