Streit um Biotonne geht weiter

Trier · Knatsch beim Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb). Weil die Vizechefin der für die Abfallwirtschaft im Land zuständigen Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord als gewähltes Mitglied an den Verbandssitzungen teilnimmt, sehen vor allem CDU-Politiker darin einen Interessenkonflikt.

Trier. Die Region will in Sachen Biomüll aus der Reihe tanzen. Obwohl das seit 1. Juni 2012 geltende Kreislaufwirtschaft vorsieht, dass ab kommendem Jahr Bioabfälle, wie etwa Speisereste, getrennt werden müssen vom Restmüll, soll das in der Region nicht so sein. Die vier Landkreise und die Stadt Trier, die im Zweckverband RegAb zusammengeschlossen sind, stimmten bei der Verbandssitzung am Mittwoch in Trier einstimmig dafür, nicht flächendeckend Biotonnen einzuführen. Bislang gibt es diese nur im Vulkaneifelkreis.
Der Grund dafür: Der Zweckverband RegAb betreibt in Mertesdorf (Trier-Saarburg) eine sogenannte Trocknungsanlage. In der wird der Restmüll getrocknet, um daraus Brennstoff zu gewinnen, der verkauft wird. Um hochwertigen Brennstoff zu erhalten, ist aber, so jedenfalls der RegAb, notwendig, dass der Rest-abfall etwa Speisereste und damit eben wichtige organische Stoffe für die Trocknung enthält. Würde eine Biotonne eingeführt, würden laut RegAb-Geschäftsführer Max Monzel nicht nur die Müllgebühren teurer, der für die Trocknung wichtige Biomüll fehle. Die Menge des Restabfalls würde sich je nach Modell (freiwillige oder verpflichtende Einführung der Biotonne) von derzeit 119 200 Tonnen um rund 12 000 oder 25 000 Tonnen zurückgehen. Das geht aus einer am Mittwoch in Trier vorgestellten Abfallanalyse hervor.
Falle die Restabfallmenge unter 100 000 Tonnen, dann sei die Anlage in Mertesdorf, die in zwei Jahren abgeschrieben sein wird, nicht mehr rentabel, sagt Monzel.
Diese einstimmig von den Reg-Ab-Mitgliedern geforderte Ausnahme vom Kreislaufwirtschaftsgesetz, also die Vermeidung der Biotonne, ist aber nur mit einer Genehmigung der für die Abfallwirtschaft zuständigen SGD Nord in Koblenz möglich.CDU wittert Interessenkonflikt


Die Vizepräsidentin dieser Landesbehörde ist die Trierer SPD-Stadträtin Begoña Hermann (Foto: TV-Archiv). In dieser Funktion sitzt die 58-Jährige auch in der Verbandsversammlung des RegAb.
Vor allem CDU-Politiker wie der Konzer Landtagsabgeordnete Bernhard Henter oder der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz sehen darin einen klaren Interessenkonflikt. Hermann sei nicht unabhängig. "Wir bewegen uns am Rande des Gesetzes", sagte Schartz bei der Verbandsversammlung.
Er spielte damit darauf an, dass Beschlüsse des Gremiums möglicherweise ungültig und juristisch angreifbar sein könnten, weil aus Sicht der CDU ein Mitglied befangen sein könnte. Der Zweckverband hat daher wohl die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier mit einer rechtlichen Prüfung beauftragt. Bei der Sitzung am Mittwochabend wurde Hermann dann auch von einer Abstimmung ausgeschlossen, in der es darum ging, die SGD Nord aufzufordern, über die Ausnahmegenehmigung in Sachen Biotonne zu entscheiden. Laut Monzel liegt der Antrag dafür seit Mai 2012 bei der Behörde in Koblenz. Eine Antwort hat es bis gestern nicht gegeben.
Einen Tag nach der RegAb-Sitzung teilte die SGD Nord dann überraschend mit, dass sich der Zweckverband an das Gesetz halten müsse. Mit anderen Worten: Die Behörde ist offensichtlich nicht bereit, die Ausnahme für die Region zu genehmigen. Erst wenn der Verband nachweisen könne, dass das in der Region Trier betriebene Modell mit dem Gesetz vereinbar sei, könne darüber entschieden werden, ob dort auf die Biotonne verzichtet werden dürfe. Kurios dabei: Hermann hat bei der Sitzung in Trier erklärt, dass sie hinter dem Beschluss stehe, auf eine Biotonne in der Region zu verzichten und sich damit quasi gegen ihre eigene Behörde gestellt.
Bei der SGD Nord sieht man allerdings keinen Interessenkonflikt zwischen der Tätigkeit von Hermann und ihren kommunalpolitischen Aufgaben. Hermann sei zuständige Abteilungsleiterin für Raumordnung, Naturschutz und Bauwesen, teilte eine Behördensprecherin auf Anfrage unserer Zeitung mit. "Ihre kommunalpolitischen Aktivitäten in Trier sind der SGD Nord bekannt und stehen nicht im Widerspruch zu ihrer Arbeit als Abteilungsleiterin." Innerhalb der Behörde sei sie nicht mit Angelegenheiten der Abfallwirtschaft betraut und treffe auch keine Entscheidungen dazu.In weiteren Gremien vertreten


Der Zweckverband RegAb ist nicht das einzige Gremium, in dem Hermann vertreten ist. Sie ist zudem Mitglied im Zweckverband Abfallwirtschaft für den Raum Trier, in der Verbandsversammlung Wasserwerk Kylltal, im Verwaltungsrat Kommunale Netze Eifel, im Verwaltungsrat der Stadtwerke Trier und im Aufsichtsrat der Stadtwerke Trier. Auch in der Aufsicht der Trierer Stadtwerke durch Hermann sehen Kritiker durchaus einen Interessenkonflikt. Der regionale Versorger betreibe ja auch Windräder und plane ein Pumpspeicherkraftwerk. Genehmigungsbehörde für diese Projekte ist die SGD Nord.Meinung

Mehr als ein Geschmäckle
Es hat schon mehr als ein Geschmäckle, wenn ausgerechnet die Vizechefin der Behörde über ein Abfallkonzept in der Region abstimmt, die dann anschließend genau dieses Konzept genehmigen muss. Das geht nicht. Das ist ein klarer Interessenkonflikt. Ein Konflikt, der vermeidbar wäre. Die stellvertretende Trierer SPD-Chefin Hermann hätte nach ihrer Berufung als Vizepräsidentin der SGD Nord in Koblenz ihre Ämter in den Gremien ruhen lassen sollen, die ihre Behörde beaufsichtigt, etwa die Abfallzweckverbände. Aber auch die Tätigkeit als Aufsichtsrat der Trierer Stadtwerke, die auch Windräder aufstellen, die von Hermanns Behörde genehmigt werden, birgt zumindest Interessenkonflikte. Die SPD wäre daher gut beraten, so schnell wie möglich diesen Verdacht auszuräumen und Hermann in den entsprechenden Gremien gegen ein anderes, unabhängiges Mitglied auszutauschen. b.wientjes@volksfreund.de

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