Suche nach der Nadel im Heuhafen

TRIER/HANNOVER. (j.e.) Wissenschaftler an der Fachhochschule Trier helfen Unternehmen, in der Informationsflut die Spreu vom Weizen zu trennen. Auf der Cebit stellen sie Anwendungen vor.

Unternehmen, die ihre Marktposition behaupten oder verbessern wollen, sind zum richtigen Zeitpunkt auf die richtigen Informationen angewiesen. Die gibt es wie Sand am Meer. Den Überblick zu behalten, wird immer schwieriger. "Wissensmanagement wird für Unternehmen immer wichtiger”, konstatiert Professor Karl Hans Bläsius von der Fachhochschule Trier. Der Informatiker arbeitet seit fast zehn Jahren daran, Informationen in den Griff zu bekommen. Die Früchte der Grundlagenforschung vermarktet er zusammen mit einem Partner seit vergangenem Jahr über ein Spin-off. Seine Firma "FreeFormation” ist erstmalig auf der Cebit präsent und zeigt, wie Rechnungen und elektronische Post, die in den Eingangskörben der Unternehmen landet, automatisch erfasst, klassifiziert, verteilt und archiviert werden kann. Kein leichtes Unterfangen, da die zugrundeliegenden Dokumente nicht einheitlich strukturiert sind. Freiform-Erkennung heißt das Zauberwort, mit dem das Trierer Unternehmen den Großen der Branche paroli bietet - mit Erfolg. Große Touristik-Unternehmen interessieren sich ebenso für die Innovationen von der Mosel wie Archiv- und Dokumentenspezialisten. An der FH geht die Forschung derweil weiter. Auch im Internet gilt es die Spreu vom Weizen zu trennen. Mediziner beispielsweise suchen täglich Informationen über neue medizinische Erkenntnisse im weltweiten Datennetz. Gibt man etwa in Suchmaschinen das Stichwort "Radiologie” ein, wird man mit bis zu 100 000 weiterführenden Verweisen konfrontiert. In Kooperation mit dem Brüderkrankenhaus wollen Bläsius und sein Team der Sisyphos-Arbeit ein Ende bereiten. Um die Nadeln im Heuhaufen zügig zu finden, haben die FH-Informatiker die Anwendung "INFOX-I” konzipiert, die Ergebnisse von Suchmaschinen durchforstet, strukturiert und dann nur noch relevante Fundstellen ausgibt. Das Programm kann so in einer Nacht bis zu 30 000 Links überprüfen. Zur Anwendung kommen dabei neben der Dokumentanalyse auch die Computerlinguistik und Künstliche Intelligenz. Das System, das Bläsius auf der Cebit vorgestellt hat und das in etwa einem Jahr marktreif sein könnte, lässt sich in vielen Bereichen einsetzen. Einer davon könnte das Auffinden von gebrauchten Maschinen auf elektronischen Marktplätzen sein. Ein Thema, mit dem sich Bläsius' Kollege Professor Norbert Kuhn vom Umwelt-Campus in Birkenfeld beschäftigt. Vertreten ist das Institut für Softwaresysteme in Wirtschaft, Umwelt und Verwaltung (ISS) mit dem Exponat "mtrade”. Dahinter verbirgt sich ein Projekt, das Internet-Handelsplattformen Hilfe verspricht. Einerseits geht es darum, erläutert Kuhn, neue Produktangebote standardisiert einspielen zu können, andererseits soll der Nutzer die angebotenen Waren möglichst komfortabel finden können. Mit Suchalgorithmen, vereinheitlichten Verfahren und neuen Technologien erreichen die Forscher, dass gezielt Produkte in großen Datenbeständen gefunden werden. Zum Einsatz kommen auch "weiche” Suchverfahren. Sie ermöglichen, dass etwa auf der Suche nach einer Maschine mit einem Kilometerstand von 100 000 km auch eine Maschine mit 80 000 km gefunden wird - natürlich mit entsprechender schlechterer Bewertung als etwa ein Fahrzeug mit 95 000 km Laufleistung.

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