Symbolkampf mit Trillerpfeife

TRIER/LONGUICH. Metaller im Ausstand: Drei Warnstreiks gab es in der Region bereits, weitere sollen von heute an folgen. Insgesamt rund 3500 Beschäftigte will die IG Metall für ihren Protest gewinnen. Ein Blick in die Seele der Metaller zur Funktionärskonferenz.

Die Metaller sind stinksauer. Nicht, weil der Arbeitgeberverband ihnen ein aus ihrer Sicht undiskutables Angebot gemacht hätte. Nein, im Gegenteil: weil er ihnen - entgegen des sonst gewohnten Umganges in Tarifauseinandersetzungen - gar kein Angebot vorgelegt hat und sich einem "Diktat der Gewerkschaften" nicht unterwerfen will. "Mit diesem Verhalten verlassen die Arbeitgeber den zivilisierten Umgang miteinander in der Tarifpolitik. Dieser Verstoß gegen das Schieds- und Schlichtungsabkommen allein rechtfertigt schon Warnstreiks", protestiert denn auch Armin Schild, IG-Metall-Verhandlungsführer des Tarifbezirks Frankfurt mit den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland. "Das war kein Kommunkationsunfall, sondern entweder will man eine Radikalisierung des Konflikts, oder man sieht sich im Vorteil.""Bisherige Aktionen gut gelaufen"

Bei der Funktionärskonferenz der Gewerkschafter in Longuich stellt er nicht nur den aktuellen Verhandlungsstand im Tarifstreit der Metal-Branche dar, sondern motiviert auch die rund 6000 Beschäftigten der zwölf tarifgebundenen Betriebe in der Region Trier, mit Warnstreiks für ihre Forderungen öffentlich einzutreten. Insgesamt arbeiten in der Branche, zu der auch die Holz- und Textilindustrie gerechnet werden, rund 38 000 Mitarbeiter zwischen Eifel, Mosel und Hunsrück. Und etwa 950 Beschäftigte der "großen Zwölf" sind bereits in der vergangenen Woche bei Ideal Standard in Wittlich, Demag Ergotech in Jünkerath (Kreis Daun) und ThyssenKrupp Bilstein Suspension in Mandern (Kreis Trier-Saarburg) vor die Werkstore gezogen. "Die bisherigen Aktionen sind gut gelaufen", sagt Triers IG-Metall-Bevollmächtigter Roland Wölfl und registriert parallel 100 neue Gewerkschaftsmitglieder seit Jahresbeginn. In dieser Woche soll es weitere Warnstreiks mit insgesamt rund 2500 Teilnehmern geben. Heute gibt es Proteste bei Volvo Construction Equipment in Konz, am Dienstag bei Stihl in Weinsheim (Kreis Bitburg-Prüm). Weitere folgen bei GNK Driveline Trier, Siegenia-Aubi in Hermeskeil (Kreis Trier-Saarburg), Dura Automotive Systems in Daun und erneut bei ThyssenKrupp Bilstein sowie Volvo. Derweil haben die Arbeitgeber am Wochenende angekündigt, in dieser Woche ein konkretes Lohnangebot vorlegen zu wollen. "Wir wollen unseren Zahlenvorschlag präzisieren", sagt der Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser in einer Sonntagszeitung. Gleichzeitig dämpft er Erwartungen, ein Angebot könne oberhalb des mit 1,2 Prozent veranschlagten jährlichen Produktivitätsfortschritts der Branche liegen. Solche Aussagen bringen die Metaller auf die Palme. "Fakt ist, dass wir seit 1996 Lohnzurückhaltung üben. Doch statt neue Arbeitsplätze zu schaffen, wurden Stellen abgebaut und Betriebe ins Ausland verlagert", sagt Schild und weiß die Gewerkschafter hinter sich. Nirgendwo in Europa würden die Löhne schneller sinken als in Deutschland, nirgendwo sei dennoch die Arbeitslosigkeit so hoch und die Konjunktur so schwach wie hierzulande. "Rendite-Erwartungen gefährden Arbeitsplätze"

Die Metaller fordern eine Erhöhung der Löhne, Gehälter und Azubi-Vergütungen von fünf Prozent, eine Wiedereinführung des Tarifvertrages über vermögenswirksame Leistungen sowie erstmals eine Weiterbildungs- und Innovationsverpflichtung der Arbeitgeber. "Wir führen einen Symbolkonflikt, in dem es um mehr geht als um fünf Prozent mehr Lohn", sagt Schild. Es gehe auch um eine Auseinandersetzung der Gesellschaft um den Stellenwert von Arbeit: "Nicht unsere Lohnforderung gefährdet Arbeitplätze, sondern die Rendite-Erwartungen der Unternehmer." Und so sind die Fronten klar: Legen die Arbeitgeber am nächsten Verhandlungstag am 10. April kein Angebot vor, werden die Verhandlungen wohl als gescheitert gewertet. Eine Urabstimmung zum Streik wird folgen - es wäre der erste seit 1995. Auch wenn man sich von den Arbeitsniederlegungen im Öffentlichen Dienste gestärkt fühlt, wissen die Metaller: "Bei uns wird es keine Endlosschleife von sieben Wochen geben. Wir können mit unserem Protest wirtschaftlichen Druck ausüben", sagt Schild.

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