Tabakbranche kämpft gegen Zigaretten-Mafia

Trier · 25 Millionen gefälschte Zigaretten der JTI-Marke Palace sind am Luxemburger Flughafen Findel vor wenigen Tagen sichergestellt worden. Kein Einzelfall: Nach Branchenangaben wird jede fünfte in Deutschland gerauchte Zigarette nicht versteuert. Ein immenser Schaden für die Industrie und den Bund.

Trier. Genau 25,31 Millionen gefälschte Zigaretten (mindestens eine Millionen Schachteln) haben kürzlich luxemburgische Zollbeamte auf dem Cargocenter am Findel in einer türkischen Frachtmaschine gefunden. Dies war der bisher größte Fahndungserfolg der Behörde. Die Zigaretten der Marke Palace kamen aus Dubai und waren wahrscheinlich für den europäischen Markt bestimmt. Laut Luxemburger Tageblatt kam der Tipp an die Zollfahndung von Japan Tobacco International (JTI), die die Marke auf den kanarischen Inseln bis Dezember 2011 produziert hatte.
Ein großes Problem



Gefälschte Zigaretten sind für den japanischen Tabakkonzern und sein Trierer Werk (siehe Extra I) ein großes Problem. "Fälschungen, gerade auch der Marke Palace, sind beliebt bei Schmugglern, die beabsichtigen, die illegalen Märkte Europas, insbesondere Irland und Großbritannien zu versorgen. Aufgriffe dieser Marke in Millionenstückzahlen haben wir in den vergangenen Jahren überall in der EU registriert - etwa in Irland, Belgien oder Italien," erklärt Heike Maria Lau, Leiterin Politik und Kommunikation bei JTI. Unter finanziellen Aspekten ist vor allem der Staat der Verlierer beim Zigarettenschmuggel. 2011 seien 20 Prozent der in Deutschland konsumierten Zigaretten nicht versteuert worden - Tendenz steigend.
"Das sind circa 23,5 Milliarden Zigaretten, 1,5 Milliarden mehr als im Vorjahr", erklärt Heike Maria Lau. Nach ihrer Rechnung gehen damit dem Bund etwa 4,2 Milliarden Euro an Steuern durch die Lappen, während der Schaden für den Handel und die Industrie bei 1,3 Milliarden Euro liegt.
Laut Tabakbranche fallen unter den Begriff der nicht versteuerten Zigaretten allerdings auch jene Glimmstängel, die im "kleinen Grenzverkehr" illegal importiert werden. Sie machen mit rund zehn Milliarden Stück jede zweite Zigarette aus, die aus dem EU-Ausland nach Deutschland kommt. Das organisierte Verbrechen hat indes bei den Importen aus dem Nicht-EU-Ausland stark die Finger im Spiel. "Wir gehen mit Blick auf Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung von 3,6 Milliarden Zigaretten aus, die kriminelle Organisationen nach Deutschland schmuggeln," erklärt Lau.
Und auch hier muss man unterscheiden zwischen geschmuggelter Originalware und Produktfälschungen (siehe Extra II).
Doch ganz kampflos schaut die Tabakindustrie dem kriminellen Treiben nicht zu. "Wir haben eine eigene Sicherheitsabteilung, unter anderen mit ehemaligen Zoll- und Polizeibeamten, die weltweit illegalen Aktivitäten nachspüren und sie melden", erklärt Heike Maria Lau.
Zudem würden die eigenen globalen Vertriebsketten überwacht, Händler überprüft und kontrolliert, um einen Beitrag dazu zu leisten, dass JTI-Produkte nicht in illegalen Kanälen verschwinden. "Wir verwenden ein spezielles System, mit dem Ware durch die gesamte Wertschöpfungskette überwacht werden kann. Damit ist es möglich, illegale Warenbewegungen zu orten und dann auch zu unterbinden", erklärt die Sprecherin.
Darüber hinaus hat die Industrie 2007 mit der Europäischen Union ein Abkommen zur Bekämpfung von Zigarettenschmuggel und Zigarettenfälschung geschlossen.
Polen ganz vorn



Die Zigaretten-Mafia agiert und produziert weltweit. Lau: "Zwar sind Asien und Osteuropa nach wie vor der Schwerpunkt illegaler Produktionsstätten, jedoch auch in Deutschland und diversen anderen EU Staaten sind schon illegale Produktionsstätten aufgedeckt worden."
Nach der vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung veröffentlichten Packungsstudie kommen nicht versteuerte Zigaretten meist aus Polen (zehn Milliarden Zigaretten) aus Tschechien (sechs Milliarden), Russland (1,3 Milliarden) und der Ukraine (eine Milliarde).Extra

Unter den Sammelbegriff illegaler Zigarettenhandel fallen sowohl geschmuggelte Originalware, Produktfälschungen als auch sogenannte Cheap Whites wie Jin Ling. Das sind Zigaretten, die von nicht etablierten Herstellern produziert werden. Preislich und qualitativ entsprechen sie nicht Markenprodukten - häufig ähneln sie aber international bekannten Marken. Solche Billigprodukte verletzen keine lokalen Gesetze im Produktionsland, werden aber nach Ansicht der Tabakindustrie speziell für Schmuggelzwecke produziert. Illegal produzierte Zigaretten entziehen sich jeder Kontrolle durch Behörden und Verbraucherschutz. "Berichte zitieren den Zoll, dass dieser nach Untersuchung von gefälschten Zigaretten von gefundenen Zutaten wie geschredderten CDs, Schwermetallen oder Kot, von nicht eingehaltenen Teer- und Nikotinwerten und weiteren Abweichungen von Packungsangaben berichtet", sagt JTI-Sprecherin Lau. hwExtra

Der Konzern Japan Tobacco International ist der weltweit drittgrößte Tabakproduzent. Hauptsitz der Firma ist in Genf, die JTI Germany GmbH umfasst die Standorte Trier und Köln. In Trier arbeiten etwa 1600 Mitarbeiter und 36 Azubis. 2011 wurden etwa 54 Milliarden Zigaretten produziert. Zu den wichtigsten in Trier hergestellten Marken gehören Camel und Winston. 90 Prozent gehen in den Export. hw

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