Trierer Know-how für den Viel-Inselstaat

Trier · Die duale Ausbildung "Made in Germany" ist weltweit anerkannt. In Indonesien gibt es eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Die Berufsbildungspartnerschaft mit der Industrie- und Handelskammer Trier ist eine Chance, die Situation in Indonesien zu verbessern. Zum ersten Mal war nun auch der indonesische Bildungsminister zu Gast in Trier.

 Der indonesische Minister Anies Baswedan (Bildmitte) informiert sich in Trier über Formen der Berufsausbildung; links neben Baswedan IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Glockauer. TV-Foto: Jasmin Wagner

Der indonesische Minister Anies Baswedan (Bildmitte) informiert sich in Trier über Formen der Berufsausbildung; links neben Baswedan IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Glockauer. TV-Foto: Jasmin Wagner

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Trier. Schwarze Kleinbusse mit Diplomatenkennzeichen fahren im Hof der Industrie- und Handelkammer (IHK) Trier vor. Es kündigt sich hoher Besuch an.
Bereits seit vier Jahren hat die Kammer eine Berufsbildungspartnerschaft mit Indonesien. Nun hat das Projekt an Bedeutung gewonnen: Bei ihrem Treffen im Frühjahr in Berlin haben der indonesische Präsident Joko Widodo und Kanzlerin Angela Merkel beschlossen, die Zusammenarbeit beider Länder im Bereich der Wirtschaft zu vertiefen. Vor allem im Bereich der beruflichen Ausbildung soll nach Wunsch des Präsidenten die Partnerschaft mit Deutschland ausgebaut werden. Immerhin ist Indonesien mit rund 240 Millionen Einwohnern der viertbevölkerungsreichste Staat der Welt (siehe Extra). Nun ist zum ersten Mal der indonesische Bildungs- und Kulturminister, Anies Baswedan, mit einer Delegation zu Besuch in Deutschland. Ein Vortrag in der IHK und ein Besuch eines Ausbildungsbetriebs, der GKN Driveline in Trier, stehen auf dem Programm.
Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der IHK, freut sich über den Besuch der Indonesier ganz besonders. Seit vielen Jahren engagiert er sich in der Entwicklungszusammenarbeit. Zusammen mit Andreas Gosche, der das Projekt vor Ort koordiniert, setzt er sich dafür ein, die Berufsausbildung in Indonesien zu verbessern.
Bisher gibt es in Indonesien nur wenige Möglichkeiten, sich nach dem Schulabschluss beruflich weiterzubilden. Außerdem gibt es in den Betrieben noch keine Ausbilder mit entsprechenden pädagogischen Fähigkeiten, die sich um die praktische Seite der Berufsausbildung kümmern. Hier setzt das Pilotprojekt der IHK Trier an: Betriebliche Ausbilder sollen qualifiziert werden, das Ausbildungsangebot soll besser an den Bedarf der Wirtschaft angepasst werden, und es sollen praxisorientierte Lehrpläne entwickelt werden. "Bisher werden in den Berufsschulen oft Dinge unterrichtet, die die Betriebe nicht brauchen", sagt Jan Glockauer bei der Präsentation des Projekts vor der indonesischen Delegation. Es müsse deshalb einen regelmäßigen Austausch zwischen den Berufsschulen und Betrieben geben.
Mit Hilfe der IHK Trier konnten bereits die Ausbildungsberufe Tischler und Laborant in der Provinz Zentraljava neu gestaltet werden. Derzeit werden die Berufe des Mechatronikers, Pflegers und Anwendungsentwicklers in der Provinz Ostjava an deutsche Ausbildungsverordnungen angepasst.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fördert die Berufsbildungspartnerschaft noch bis zum Jahr 2018 mit rund einer Million Euro.
Von dem Projekt profitieren beide Seiten: Schließlich herrscht in Deutschland Fachkräftemangel, der auch mit gut ausgebildeten indonesischen Arbeitern verringert werden könnte.
Wie die Berufsausbildung in einem Betrieb aussehen kann, konnte sich die indonesische Delegation nach dem Besuch in der IHK direkt vor Ort bei GKN Driveline im Trierer Hafen anschauen. In dem Unternehmen arbeiten 562 Menschen, davon sind 52 in sechs verschiedenen Bereichen in der Ausbildung. In dem Werk werden Teile für die Automobilindustrie hergestellt. Im letzten Jahr hat das Unternehmen einen Umsatz von 163 Millionen Euro gemacht. Die komplexen Maschinen kann ein Auszubildender natürlich nicht sofort bedienen. Deshalb gibt es eine Ausbildungswerkstatt, die sich die Indonesier auch angeschaut haben.
Nach wenigen Stunden ist der Besuch der indonesischen Delegation in Trier vorbei, die schwarzen Kleinbusse mit Diplomatenkennzeichen rollen wieder vom Hof. Aber beide Seiten bleiben weiterhin in Kontakt, um gemeinsam an der Berufsausbildung in Indonesien zu arbeiten.
Extra

Indonesien ist eine präsidentielle Demokratie. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist Joko Widodo. Das Land besteht aus 17 507 Inseln, auf denen 240 Millionen Menschen leben. Die Hauptstadt Jakarta liegt auf der Insel Java. Die Wirtschaft Indonesiens ist agrarisch geprägt: Ein Viertel der Beschäftigten arbeitet in der Landwirtschaft. Exportprodukte sind Gold, Kupfer, Nickelerz, Kohle, Holzprodukte, Agrarprodukte, Textilien und Mineralien. jwa

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