Umkämpfter Markt

Trier . Vermögensverwaltung ist eine anstrengende Sache, erst recht, wenn die Möglichkeiten der Anlage fast unüberschaubar sind. Wir fragten den ZDF-Börsenexperten, Michael Sahr, zu was er rät und was von dem "kleinen Oscar" aus Luxemburg zu halten ist.

In Luxemburg wurden Europas beste Fonds gekürt. Wie aussagekräftig sind eigentlich solche Preise? Und an wen wenden sie sich?Sahr: Über die Bedeutung der "European Fund Awards" würde ich sagen: vielleicht ein kleiner Oscar, einer unter vielen. Solche Fonds-Auszeichnungen schießen zur Zeit wie Kraut aus dem Boden. In den letzten Jahren ist um Fonds ein Riesen-Markt entstanden, also haben auch unabhängige Firmen Interesse daran, sich über solche Ranglisten ins Gespräch zu bringen. Solche Preisverleihungen sind, wie der große Oscar auch, immer auch Werbeveranstaltungen, im Ergebnis natürlich interessant, aber mehr auch nicht. Sie sind keine ausreichende Informationsquelle, um zu folgern: kaufen oder verkaufen! Wenn nicht allein über solche "Awards", wie kann sich der private Anleger in dem Dickicht an Fonds orientieren? Sahr: Das ist wirklich eine Qual-Wahl, das stimmt. Ich persönlich würde empfehlen, Beratung einzuholen bei einem Finanzprofi einer vertrauten Hausbank. Beratung ist ganz wichtig, um ein individuelles Konzept für den Vermögensaufbau zu schneidern. Es ist aber nicht das einzige. Man kann sich selbst einlesen und sollte dabei auch unabhängige Quellen nutzen. Wir orientieren uns hier in der Börsenberichterstattung am BVI, das ist der Bundesverband der Investmentgesellschaften. Die sind zwar nicht unabhängig, geben aber neutral Sachinformationen weiter. (Info: www.bvi.de, Anm. der Red.) Lassen sich aktuelle Trends im Fonds-Geschäft ausmachen? Sahr: In der Aktienhochzeit waren es Aktienfonds, in der Bloß-keine-Aktien-Zeit waren es Rentenfonds. Im Moment geht der Trend wieder hin zu Mischfonds. Diese Trends entstehen auch durch die Art der Beratung: Es wird immer pro-zyklisch empfohlen und nicht gegen den Trend geschwommen. Man versucht, den Kunden da abzuholen, wo er steht und ihn nicht zu verunsichern. Trotz aller Skepsis gegenüber "Trends" - gibt es etwas, was Anleger in diesem Jahr beachten sollten? Sahr: Ehrlich gesagt bin ich gegen eine Jahressicht bei Fonds, man sollte Fonds-Entwicklungen eher langfristig beobachten. Nicht: jetzt rein und in einem Vierteljahr wieder raus. Die größten Aussichten auf Erfolg hat man ohnehin nicht mit einem bestimmten Fond, sondern erst wenn man langfristig und regelmäßig einzahlt und dabei das Risiko streut. Eine gute Mischung wäre: ein breit angelegter Rentenfond, der von einem soliden großen Haus herausgegeben wird und sich über längere Jahre am Markt entwickelt hat, plus - als eher riskante Zutat - ein Aktienfond, der anders als ein Spezialfond weltweit, auf größeren Märkten aufgestellt ist. Was halten Sie von Dachfonds? Sahr: Dachfonds suggerieren, dass sie ein Minimum an Risiko und ein Maximum an Ertragschancen bieten. Das hat sich in der Vergangenheit leider nicht bewährt. Verluste fuhr man auch mit Dachfonds ein. Die letzten Jahre haben gezeigt: mitgefangen - mitgehangen . Wenn ich in Aktienfonds investiere und die Aktien gehen in der breiten Masse runter, dann ist es letzten Endes nur noch eine Frage des ein "Bisschen schlechter" oder ein "Bisschen besser" im schlechten Bereich. Herr Sahr, verraten Sie, wo Sie in diesem Jahr anlegen? Sahr: Als Börsenreporter sollte man am besten gar nicht anlegen… Nun, als jüngerer Mann, mit 33, lege ich eher langfristig an und versuche, da eine gute Streuung an Fonds zu wählen. Ich persönlich bringe eine gewisse Risikobereitschaft mit, deshalb sind auch Aktienfonds mit dabei. Wer lieber auf Nummer Sicher geht, entscheidet sich für ein Rentenpapier oder einem Rentenfond. Der Aktienmarkt dagegen ist immer Chance und Risiko. Der Altmeister der Börse, Kostolany, hat mal gesagt: Das an der Börse verdiente Geld ist Schmerzensgeld. Das gilt leider auch für Aktienfonds. Die Fragen stellte TV-Mitarbeiterin Katrin Helwich.

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