Unternehmer sehen fairen Wettbewerb gefährdet

Trier · In Wirtschaftsfragen hat die Vereinigung Trierer Unternehmer eine starke Stimme. Knapp 500 Firmen aus der Region haben sich in der VTU zusammengeschlossen. Anders als die Mitgliedschaft in einer Wirtschaftskammer ist die VTU-Teilhabe freiwillig.

Trier. Vor zwei Jahren feierte die VTU ihr 50-jähriges Bestehen. Gut 460 Mitglieder zählte die Vereinigung damals, heute geht man schon auf die 500er-Marke zu.
"Wir haben uns sehr positiv entwickelt. Wenn wir Mitglieder verlieren, sind es oft kleinere Unternehmen. Demgegenüber haben wir Unternehmer gewonnen, die viele Mitarbeiter haben", sagt der Vorsitzende der Vereinigung Trierer Unternehmer, Frank Natus.
Rechnet man die Beschäftigten der VTU-Mitglieder zusammen, kommt man mittlerweile auf rund 50 000. Bei der VTU kümmern sich inzwischen fünf Juristen und drei Sekretärinnen um die Belange ihrer Mitglieder (siehe Extra). Bevor die Politik in Berlin und Mainz in die Sommerpause geht, möchte der VTU-Vorsitzende den Entscheidungsträgern noch einige Anregungen in die Ferien mitgeben. "Vor allem die Erbschaftsteuerreform ist ein Thema, das uns Unternehmer stark besorgt", sagt Natus.
Bürokratiemonster


Der Trierer Unternehmer befürchtet, dass dem deutschen Mittelstand viel von seiner Wettbewerbsfähigkeit genommen wird. "Es verschlechtert die Position des Mittelstandes gegenüber Mitbewerbern im Ausland, aber auch im Wettbewerb beispielsweise mit Aktiengesellschaften, die gar keine Ebrschaftsteuern zahlen." Vor allem kleinen Betrieben würden über Gebühr bürokratische Verpflichtungen aufgebürdet. "Selbst das Finanzamt Trier hält eine lange Dokumentationspflicht für schwierig und hat die Vorgaben als Bürokratiemonster beschrieben", erinnert Frank Natus an die IHK-Veranstaltung zum Thema. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Meister (CDU), hatte dort die Reform vorgestellt und verteidigt, Frank Natus und Matthäus Niewodniczanski, Geschäftsführer der Bitburger Holding, den Entwurf heftig kritisiert. Die Benachteilung der kleinen und mittleren Betriebe gefährde das "deutsche Erfolgsmodell Mittelstand". Natus: "Die rund 500 größten Familienunternehmen in Deutschland beschäftigen etwa 3,3 Millionen Mitarbeiter." Und während die börsennotierten Unternehmen seit der Krise 2008 rund zehn Prozent der Beschäftigten abgebaut hätten, sei die Zahl beim Mittelstand um acht Prozent angewachsen.
"Die Verschonung von kleinen und mittleren Unternehmen, die auch das Bundesverfassungsgericht nicht infrage gestellt hat, ist gerechtfertigt." Vor allem die aus seiner Sicht doppelte Besteuerung von Privatvermögen sei für Firmenerben nicht hinzunehmen. "Die vom Kabinett beschlossene Reform hat den Gestaltungsspielraum, den das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber gelassen hat, bei weitem nicht ausgeschöpft", fordert Frank Natus Nachbesserungen.
Die VTU sieht auch durch andere politische Entscheidungen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährdet. Frank Natus: "Die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung, eine maßvolle Tarifpolitik und die gute Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben uns erfolgreich durch die Krise kommen lassen." Doch viele heutige Maßnahmen würden Wettbewerbsvorteile zunichtemachen: "Der Mindestlohn ist für die meisten VTU-Unternehmen kein Problem, da sie sowieso mehr zahlen. Doch rechtlich sind viele Fragen ungeklärt", mahnt Natus. So sei etwa die Haftungsfrage offen, wenn ein Unternehmen eine andere Firma beauftrage und diese sich nicht an den Mindestlohn hält. Sabine Plate-Betz, Geschäftsführerin der Vereinigung Trierer Unternehmer, bemängelt zudem den hohen bürokratischen Aufwand: "Spätestens nach sieben Tagen müssen die Arbeitszeiten dokumentiert sein. Das ist vollkommen übertrieben."
Moselaufstieg auf der Agenda


Kritik hat er auch für die Mütterrente ("nicht gerade das Ei des Kolumbus") und die Rente mit 63. "Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels ist die Rente mit 63 ein vollkommen falsches Signal", sagt Frank Natus.
Denn angesichts einer Arbeitslosenquote von 3,6 Prozent und der Nähe zu Luxemburg sei die Fachkräftesicherung für jedes regionale Unternehmen eine ex-treme Herausforderung.
Lob gibt es für die Initiativen von Land und Bund, die Flüchtlingen helfen wollen. "Die Inte-gration in die Arbeitswelt wäre ein wichtiger Schritt, doch gleichzeitig müssen wir auch feststellen, wir können nicht die ganze Welt aufnehmen."
Aber die Kritik der VTU richtet sich nicht nur gegen Berlin. Für die Vereinigung Trierer Unternehmer ist die Infrastruktur in der Region ein Dauerthema: "Wenn es in Trier einen kleinen Unfall gibt, bekommt die Stadt direkt einen Verkehrsinfarkt", sagt Natus. Auch deshalb fordert die Unternehmergemeinschaft vehement für Trier die Nord- und Westumfahrung. "Diese Maßnahmen würden Trier in seiner Tal-lage auch ökologisch entlasten", findet Natus.
Extra

Die Vereinigung Trierer Unternehmer (VTU) wurde 1963 gegründet und ist heute ein Zusammenschluss von fast 500 vorwiegend mittelständischen Unternehmen der Region aus den Bereichen Industrie, Großhandel, Dienstleistung und Handwerk. Mitglied werden kann jedes Unternehmen, das seinen Sitz oder eine Niederlassung in der Region hat. Gegründet wurde die Vereinigung von 13 Unternehmern, erster Vorsitzender war Hellmuth Lemm, Romika Lemm & Co. KG. Frank Natus ist der siebte Vorsitzende. In der gleichen Zeit hatte die VTU vier Geschäftsführer, seit 2010 ist dies Sabine Plate-Betz. An den VTU-Zielen hat sich seit der Gründung nichts geändert: die Bündelung von Unternehmerinteressen, die aktive Vertretung der regionalen Wirtschaft und ein Netzwerk, das branchenübergreifend Informationen- und Erfahrungsaustausch bietet. hw

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