Viel Rauch und Aufregung um nichts?

Trier/Karlsruhe/Köln · Das Geschäft mit E-Zigaretten in Deutschland brummt: Etwa 275 Millionen Euro hat die Branche im vergangenen Jahr umgesetzt. Doch mit einem Urteil sorgt nun der Bundesgerichtshof für große Verunsicherung. Auch der in Trier ansässige Tabakkonzern JTI hat groß in E-Zigaretten investiert.

Trier/Karlsruhe/Köln. Wer derzeit in Deutschland Flüssigkeiten (Liquids/siehe Extra) für E-Zigaretten verkauft, macht sich strafbar. Dies hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe erklärt und damit ein Urteil in einem Einzelfall vom Sommer 2013 bestätigt. Das Landgericht Frankfurt hatte einen Händler zu einer Geldstrafe von 9000 Euro verurteilt, weil dieser in seinem Laden und über das Internet E-Zigaretten und Liquids verkauft hatte.

Wo liegt das Problem: Für E-Zigaretten gab es 2013 noch keinen rechtlichen Rahmen. Der BGH nahm mit Blick auf das Frankfurter Urteil eine genaue Einordnung vor und stufte alle Liquids mit Nikotin, der aus Rohtabak gewonnen wurde, als Tabakerzeugnisse ein (Az. 2 StR 525/13). Und in der Tabakverordnung ist verboten, "Tabakerzeugnisse, die zum anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen bestimmt sind, in den Verkehr zu bringen" oder "nicht zugelassene Stoffe verwendet".
Dieses Urteil sorgt nun in der Branche für viel Unruhe, denn bis zum 20. Mai muss die Bundesregierung eine EU-Richtlinie in nationales Gesetz umwandeln, die es EU-weit seit 2014 für Tabak und E-Zigaretten gibt.

Das Kuriose: In der Richtlinie wird dann festgeschrieben, dass die Flüssigkeiten nur bis zu einer bestimmten Konzentration Nikotin enthalten dürfen und sonst keine gesundheitsgefährdenden Inhaltsstoffe. Das heißt, ist das Gesetz verabschiedet, ist der Verkauf der Liquids nicht mehr strafbar.

Branche extrem verunsichert: Laut des Verbands des e-Zigarettenhandels gibt es deutschlandweit 5500 Verkaufsstellen für Liquids. Und was das Urteil für die bedeutet, ist vollkommen unklar. Der Verbandsvorsitzende Dac Sprengel ist deshalb ziemlich verärgert über die Entscheidung. "Im Grunde ist das ein Urteil ohne Wert", sagt er der Deutschen Presseagentur. "Trotzdem wird für 90 Tage ein illegaler Raum geschaffen."

Wie reagiert JTI: Die Entscheidung zu den E-Zigaretten hat keinerlei Auswirkungen auf den Standort Trier. Der Tabakkonzern hat sich im vergangenen Jahr durch Zukäufe ein Standbein auf dem E-Zigarettenmarkt geschaffen, die Liquids werden in der Schweiz produziert. Nach dem Urteil prüfe JTI die Rechtslage. Denn das BGH-Urteil beschäftige sich mit einem konkreten Fall aus dem Jahre 2013 und vor dem Hintergrund der damaligen Rechtslage.
"Es ist also plausibel anzunehmen, dass es eigentlich nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegt, nun für 90 Tage ein Produkt zu kriminalisieren, das er ab Mai diesen Jahres als legal einstufen will."
Der Konzern gehe davon aus, dass es zu dieser Frage noch Klärung seitens des Gesetzgebers geben wird. "Bis dahin werden wir keine Liquids verkaufen", sagt Unternehmenssprecherin Heike Maria Lau dem TV.
Was sagen Händler: Michal Dobrajc, Geschäftsführer des Trie-rer Geschäfts VaporExMachina, hält das ganze für einen Schildbürgerstreich: "Jetzt soll etwas illegal sein, was in 90 Tagen ganz legal ist?" Mit der Verkündung des Urteils sei nun eine große Verunsicherung bei Händlern und Verbrauchern eingetreten. "Doch vor allem Kunden müssen sich überhaupt keine Sorgen machen. Weder Kauf, Konsum oder Besitz von E-Zigaretten oder Liquids ist strafbar", sagt der Händler. Und auch für sich und seine Tausende Kollegen macht er sich nicht zu viele Sorgen. "Ich bin ganz zuversichtlich, dass Behörden jetzt nicht in Aktionismus verfallen."
In diese Richtung argumentiert auch Verbands-Chef Dac Sprengel, schließlich sei bis Ende Mai keine Zeit mehr für lange Gerichtsverhandlungen.Extra

Wie funktioniert so eine E-Zigarette überhaupt? Die E-Zigarette wird im strengen Sinne gar nicht geraucht. Die Flüssigkeit im Inneren, aus den sogenannten Liquids, verdampft zu einem Nebel, der inhaliert wird. 95 Prozent aller Liquids enthalten nach Angaben des Verbands des eZigarettenhandels Nikotin. Hauptsächlich bestehen sie aber aus dem farb- und fast geruchslosen Propylenglykol, dazu aus Glyzerin, Ethanol und oft auch Aromen. Tabakerzeugnissen dürfen solche Stoffe aber nicht beigemischt werden. dpa

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