Vom Sorgenkind zum Sonnenschein

"Romika in Not" "Insolvenz soll Romika retten": Diese Schlagzeilen gab es vor mehr als fünf Jahren. Damals stand es schlecht um den Trierer Traditions-Schuhhersteller. Heute ist davon nichts mehr zu sehen - im Gegenteil.

 Renate Henter näht in der gläsernen Manufaktur der Romika Shoes GmbH Lederstücke zusammen, aus denen ein Mokassin entsteht. Geschäftsführer Andreas Garnier schaut zu. TV-Foto: Julia Kalck

Renate Henter näht in der gläsernen Manufaktur der Romika Shoes GmbH Lederstücke zusammen, aus denen ein Mokassin entsteht. Geschäftsführer Andreas Garnier schaut zu. TV-Foto: Julia Kalck

Trier. Renate Henter sitzt hinter der Nähmaschine. Die Ventilatoren brummen, verdrängen die Sommerhitze, die durch die Tür dringt. Renate Henter arbeitet konzentriert. Nicht mit der Maschine, sondern mit Nadel und Faden. Sie näht Mokassins.

Seit 32 Jahren produziert sie Romika-Schuhe. Früher in Gusterath-Tal (Kreis Trier-Saarburg), heute in der gläsernen Manufaktur im Shop der Romika GmbH in der Trierer Metternichstraße, wo die Prototypen der Kollektionen entstehen.

Neustart mit starkem Negativ-Image



Dass sie das noch macht, ist nicht selbstverständlich. Vor fünf Jahren war das Trierer Traditionsunternehmen insolvent. Damals übernahm der Schuhhersteller Josef Seibel aus dem pfälzischen Hauenstein die Trierer. "Wir dachten damals: So kann das nicht bleiben", erzählt Andreas Garnier, Geschäftsführer der Josef-Seibel-Gruppe. Nicht nur die Insolvenz haftete am 1936 gegründeten Unternehmen, auch ein ausgeprägtes Negativ-Image machte Probleme.

Heute sind die dunklen Wolken über der Schuhfabrik verschwunden. "In den letzten fünf Jahren ist der Umsatz um 40 Prozent gestiegen", sagt Garnier. 2009 machte Romika knapp 40 Millionen Euro Umsatz. "Tendenz stark wachsend", so Garnier.

Wachstum von mehr als 20 Prozent



"Mit der kommenden Winterkollektion haben wir bereits ein Wachstum von mehr als 20 Prozent erreicht", sagt der Geschäftsführer. Wie ist der Erfolg zu erklären? Es sind schließlich immer noch Schuhe, die hergestellt werden. In Serie produziert werden sie zwar in Tschechien und Ungarn, die kreative und die technische Produktentwicklung - von der Idee zum Modell - sitzen jedoch in Trier. Das Erfolgsrezept klingt einfach, ist aber effizient: Rückbesinnung auf die alten Stärken, kombiniert mit etwas Neuem. "Wir haben den Anspruch, komfortable und zuverlässige Schuhe herzustellen, erst dann kommt der modische Aspekt", erklärt Garnier. In diese Stärken wurde kräftig investiert: 20 Millionen Euro in den ersten Jahren. Um das Image aufzupolieren, setzte das Unternehmen zudem eine ungewöhnliche Idee um: Mit dem Romikulum gibt es Gastronomie mit großem Biergarten und Festzelt. "Der Standort bot die Möglichkeit", sagt Garnier. "Wir wollten Sympathie verbreiten und auf uns aufmerksam machen." Das Konzept funktioniert - 16 Mitarbeiter gibt es dort, das Festzelt wird demnächst mit festen Wänden ausgestattet, das Geschäft läuft gut.

Damit das auch für die eigentliche Aufgabe gilt, die Schuhherstellung, geht die Seibel-Gruppe nun neue Wege. Mit einer Beteiligung an der Leiser KG, einem Schuhhandelsunternehmen mit 146 Filialen, eröffnen sich neue Absatzwege im Handel - und Einblicke in kommende Trends (der Trierische Volksfreund berichtete).

Mit 49 Prozent ist Seibel am Unternehmen beteiligt, hat das operative Geschäft von Leiser übernommen. Eine Investition in die Zukunft, damit Leute wie Renate Henter auch in den kommenden Jahren noch mit Nadel und Faden aus Lederstücken Mokassins nähen. Extra IVon der Idee zum Schuh: Es gibt bei Romika zwei Kollektionen im Jahr, durchschnittlich mit je 250 Modellen in verschiedenen Ausführungen (Farbe, Material). Mindestens vier Monate dauert der Entwicklungsprozess, bis die Modelle zur Serienproduktion nach Tschechien oder Ungarn gehen. Die Prototypen werden in der gläsernen Manufaktur erstellt. Dort können Besucher die einzelnen Schritte verfolgen und sich erklären lassen. (jka)extra IIZur Josef-Seibel-Gruppe gehören die Josef Seibel Holding GmbH, die Josef Seibel GmbH, die Romika Shoes GmbH und zwölf Auslandsgesellschaften. Unter dem Dach der Gruppe firmieren die Marken Josef Seibel, Romika, Romikids und Westland. Es gibt Produktionsstätten in Deutschland (Hauenstein), Ungarn, Tschechien, Rumänien, Bulgarien, Vietnam, China und Indien. Dort werden im Jahr mehr als sechs Millionen Paar Schuhe hergestellt, die in mehr als 40 Ländern weltweit verkauft werden. Der deutsche Jahresumsatz der Gruppe betrug im vergangenen Jahr 110 Millionen Euro. Weltweit hat die Gruppe 3500 Mitarbeiter, 350 davon in Deutschland. Die Beteiligungsquote an der Leiser KG beträgt 49 Prozent. Mit rund 1600 Mitarbeitern und 146 Filialen ist die Leiser KG einer der größten Schuhfilialisten in Deutschland. (jka)

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