Vorsicht, fliegender Gerichtsstand!

Ein falsches Foto in einer Auktion, eine fehlende Widerrufsbelehrung, ein abgekürzter Vorname im Impressum oder falsche Widerrufsfristen - schon bei kleinen Fehlern kann der Internethandel teuer werden.

 Sieht so einfach aus: der Handel im Internet. Foto: Ebay

Sieht so einfach aus: der Handel im Internet. Foto: Ebay

Trier. Abmahnungen von Onlinehändlern durch echte oder falsche Wettbewerber und ihre Rechtsanwälte treffen heute fast jeden, der im weltweiten Netz versucht, seine Sachen an den Mann zu bringen. Experten kritisieren immer stärker, dass hier ein guter Ansatz missbraucht wird: "Die Zahl der Abmahnungen hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, das den Verdacht nahelegt, hier wird ein legitimes und sinnvolles Rechtsmittel schamlos ausgenutzt", sagt der zuständige Experte bei der Industrie- und Handelskammer, Rolf Ersfeld. Gerade die Gerichte könnten hier nach Ansicht von Kritikern einiges entschärfen, wenn sie stärker die sogenannte Bagatellklausel gebrauchen würden. Demnach läge eine unzulässige Wettbewerbshandlung nur vor, "wenn sie geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Wettbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich beeinträchtigt". Viele Hoffnungen richten sich nun auf einen Entwurf des Justizministeriums: Bundesjustizministerin Brigitte Zypries will nämlich gegen "hinterfragungswürdig" hohe Kostenansprüche von Anwälten bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen vorgehen. Doch diese Einschränkung zielt allein auf "einfach gelagerte Fälle mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs". Doch die Gefahr als "gewerblicher Händler" zu gelten, ist groß. Schon wer abgetragene Kleider auf einer Internetplattform verkauft, muss mit Abmahnungen rechnen, wenn er etwa keine Widerrufsbelehrung aufführt.Auch eine andere Auslegung bereitet dem IHK-Experten einigen Ärger: "Der Rechtsmissbrauch beim sogenannten fliegenden Gerichtsstand." Demnach hat ein abmahnendes Unternehmen die Möglichkeit, sich bundesweit ein Gericht auszusuchen (§ 14 Abs. 2 S. 1 UWG). Das Kammergericht Berlin hat vor kurzem (Beschluss v. 25.01.2008, Az. 5 W 371/07) ein solches Verhalten aber missbilligt. Im vorliegenden Fall hatte ein Unternehmen in fast 270 Fällen Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) abgemahnt. Die häufigste Ursache: fehlerhafte oder fehlende Widerufsbelehrungen. Dabei hatte das Berliner Gericht nicht einmal die hohe Zahl gerügt, sondern das abmahnende Unternehmen hatte die Prozesse bei Gerichten anhängig gemacht, die in erheblicher Entfernung zum Wohnsitz der Beklagten lagen. Da das Gericht für diese Praxis keinen sachlichen Grund sah, beurteilte es die Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich. extra Expertenrat am Telefon: Zum Thema Recht im Online-Handel gibt es viele Fragen, die nicht immer leicht und eindeutig zu beantworten sind. Hinzu kommt, dass viele Nutzer oftmals nicht wissen, an wen sie sich mit diesen Problemen wenden können. Abhilfe schafft eine Lesertelefonaktion am Donnerstag, 29. Mai. Die Kampagne "Online Kaufen - mit Verstand!" der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes, des weltweiten Online-Marktplatzes Ebay und des Bundesverbands des Deutschen Versandhandels (bvh) macht deutlich, dass Käufer und Verkäufer im Internet-Handel sich über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sein sollten. Drei ausgewiesene Rechtsexperten auf dem Gebiet Online-Handel beantworten Ihnen vertraulich und kompetent alle Ihre Fragen rund um das Thema "Recht im Internet-Handel": Dr. Alexander Schneehain, Rechtsanwalt, Göttingen; Dr. Peter Rheinländer, Justitiar beim Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh), Frankfurt; Jörg Dittrich, Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Online-Recht, Hamburg. Die Telefonaktion ist am Donnerstag, 29. Mai, 10 bis 17 Uhr, unter der gebührenfreien Hotline 0800/ 5 33 22 11.

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