Warnschuss der Wirtschaft - Kritik an Verkehrsprojekte-Auswahl

Trier · Der A-1-Lückenschluss in der Eifel und der im Bau befindliche Hochmoselübergang sind die beiden großen Straßenbauprojekte in der Region, die von der Landesregierung unterstützt werden. Das sei begrüßenswert, löse aber die Verkehrsprobleme im Raum Trier nicht, klagt die Wirtschaft.

 Symbolfoto

Symbolfoto

Foto: dpa

Trier. Vor wenigen Wochen hat sich der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) in die Höhle des Löwen gewagt. Lewentz stellte bei einer Verkehrskonferenz der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier die Ergebnisse der vom Land beauftragten "Multimodalen Verkehrsstudie Trier-Luxemburg" vor und erläuterte, welche Rückschlüsse die Landesregierung daraus zieht: keine neuen Straßen, mehr Mittel für Bus und Bahn. Auch Jutta Blatzheim-Roegler von den Grünen als Koalitionspartner der SPD verteidigte dieses Vorgehen.
Schon bei der Veranstaltung prallten beide Politiker auf Widerstand, der sich jetzt massiv formiert: "Wir können und wollen nicht tatenlos zusehen, wie die Verkehrsprobleme im Trierer Tal und in der Umgebung ungelöst bleiben", sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Glockauer.
"Wir sind enttäuscht. Für uns ist das nicht erledigt, wir bleiben aktiv", ergänzt Manfred Bitter, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) Trier.
Briefe an Lewentz und Blatzheim-Roegler sind unterwegs.
Verärgert ist man darüber, dass die von der Landesregierung zugesagte Mitwirkung und Transparenz ausgeblieben sei. "Wenn man ein bestimmtes Vorgehen bespricht, dann erwartet die Region auch, dass man sich daran hält", kritisiert Manfred Bitter.
Mit der Reihenfolge der Ereignisse habe man ein Problem: Die rot-grüne Koalition habe sich intern verständigt, welche Straßenbauprojekte in Rheinland-Pfalz zum Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet würden. Die Region sei hinterher in Kenntnis gesetzt worden. Ministerpräsidentin Malu Dreyer habe danach um Verständnis gebeten. Das Verkehrsgutachten des Landes habe man immer noch nicht.
Jan Glockauer kritisiert, die Entscheidungen der Landesregierung seien weniger an der Sache ausgerichtet gewesen als an parteitaktischem Kalkül. "Um die Sache muss es aber gehen. Und da wollen wir uns mehr einbringen, um das Beste für die Region rauszuholen", sagt Glockauer. Als positives Beispiel nennt er Baden-Württemberg. Dort habe Rot-Grün in einem mehrstufigen Verfahren mit Regionalkonferenzen unter Beteiligung der Öffentlichkeit einen Kriterienkatalog für Verkehrsmaßnahmen erarbeitet.Kammern fordern Umdenken


Den Kammern, der Vereinigung Trierer Unternehmer (VTU) und der Initiative Region Trier (IRT) geht es darum, die Landesregierung zum Umdenken zu bewegen. Sie fordern, den Moselaufstieg, also eine Direktanbindung des Konzer und Saarburger Raums an die A 64 nach Luxemburg im Westen von Trier, sowie die Nordumfahrung doch noch zum Bundesverkehrswegeplan 2015 anzumelden. Letztere würde durch den ökologisch sensiblen Meulenwald führen und das Moseltal mit der A 64 nördlich von Trier verbinden. Geschätzte Kosten: 150 Millionen Euro Nordumfahrung, 50 Millionen Euro Westumfahrung.
Die Argumente: Viele Menschen sehnten sich nach einer Lösung der Verkehrsprobleme im Trierer Tal, die zu den Stoßzeiten eine Belastung für Anwohner und Autofahrer bedeute - sowie für viele Unternehmen samt Kunden und Mitarbeiter eingeschränkte Erreichbarkeit. Laut IHK-Verkehrsexperte Wilfried Ebel würde die Westumfahrung die Stadt Trier entlasten, die Nordumfahrung mehr das Moseltal.
Das Land muss nach Ansicht der Kammern Lösungen anbieten. Die Stärkung des ÖPNV sei keine, zumal bei vielen Projekten noch unklar sei, wie sie finanziert und umgesetzt werden sollten. Jan Glockauer verweist auf ein Erfolgsmodell wie den Industriepark Föhren. Dort sei für jeden klar ersichtlich, wie eine gute Verkehrsinfrastruktur zu neuen Gewerbeansiedlungen führe.
Obwohl die Zeit drängt - Mitte September endet für alle Bundesländer die Anmeldefrist zum für die nächsten zehn Jahre geltenden Bundesverkehrswegeplan - setzt die regionale Wirtschaft auf einen zielführenden Dialog mit der Landesregierung. In den Schreiben an Minister Roger Lewentz und die Grüne Jutta Blatzheim-Roegler werden ausdrücklich Diskussionen über Alternativen wie den Ausbau der B 52 und der Ehranger Brücke oder der Bau einer Brücke zwischen Temmels und Mertert erwähnt.
Skeptisch bleibt man in Bezug auf den Lückenschluss der Autobahn 1 in der Eifel. So wurde aufmerksam die angebliche öffentliche Aussage von Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler registriert, angemeldet heiße noch nicht gebaut. "In der Tat wird es bestimmt noch zehn Jahre bis zum ersten Spatenstich dauern", mutmaßt Jan Glockauer. Man erwarte vom Land, dass zügig das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werde.Extra

Nach dem Grundgesetz ist der Bund für die Bundesverkehrswege verantwortlich. Grundlage für Erhaltung, Entwicklung und Ausbau der Infrastuktur ist der Bundesverkehrswegeplan. Er wird vom Bundesverkehrsministerium aufgestellt und vom Bundeskabinett beschlossen. Der Plan enthält alle beabsichtigten Straßen-, Schienen- und Wasserstraßenprojekte sowie den Erhaltungsbedarf. Er ist jedoch ein Rahmenprogramm und Planungsinstrument, kein Finanzierungsplan; und er hat keinen Gesetzescharakter. Der Bundesverkehrswegeplan gilt für zehn bis 15 Jahre. Im Rahmen der Aufstellung muss der Bund nachweisen, dass ein erwogenes Projekt gesamtwirtschaftlich sinnvoll und notwendig ist. Der Aus- und Neubaubedarf wird auf Basis des in Prognosen vorhergesagten Verkehrsaufkommens ermittelt. Der Bundestag entscheidet über die Aufnahme der Projekte des Plans in die Bedarfspläne der Ausbaugesetze. Damit ist dann der Bedarf gesetzlich festgelegt.fcgExtra

Unter dem Motto "Schlechte Straßen, tägliche Staus" hat die Landes-CDU einen Verkehrsmelder im Internet installiert. Unter www.cdu-rlp.de/infrastruktur können Bürger Problemstrecken, die sie ärgern, melden. Leider würden vom Land bei Autobahnen und Bundesstraßen nicht alle möglichen Bundesmittel abgerufen, begründet CDU-Chefin Julia Klöckner die Aktion. Klöckner ergänzt, man wolle mit der Internetseite für das Thema Bürger und die Landesregierung sensibilisieren.fcg

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort