Waschen, schneiden, schwarz kassieren

TRIER. Weil sie mit einem manipulierbaren Kassensystem Einnahmen hinterzogen haben sollen, hat die Steuerfahndung elf Friseurbetriebe in der Region durchsucht. Entsprechende Informationen unserer Zeitung bestätigte eine Sprecherin des Trierer Finanzamts.

Aufregung unter den Haarschneidern der Region: Die Steuerfahndung hat in den vergangenen Wochen bundesweit mehrere hundert Friseurbetriebe durchsucht, darunter elf Geschäfte im Raum Trier. Die Inhaber werden verdächtigt, ein Kassenprogramm benutzt zu haben, mit dem die Umsätze im Nachhinein manipuliert werden konnten nach dem Motto: weniger Umsätze = weniger Steuern. Die Branche ist aufgeschreckt, die Finanzbehörden werten die in ihrer Größenordnung wohl einmalige Aktion bereits als Erfolg.Meister legt "Beichte" ab

Auslöser des Durchsuchungsmarathons war die Monate zurückliegende "Beichte" eines Friseurmeisters aus dem Raum Freiburg. Gegenüber Finanzbeamten hatte der Mann die Benutzung einer Kassensoftware eingeräumt, mit der die Umsätze nachträglich (nach unten) manipuliert werden konnten. Wenig später wurde die in Wolfsburg sitzende Herstellerfirma durchsucht, die Kundenlisten sichergestellt. Seitdem bekommt ein Friseur nach dem anderen Besuch von der Steuerfahndung. In den einschlägigen Branchenfachmagazinen ist von bis zu 1300 Geschäften bundesweit die Rede, die das Manipulationsprogramm gekauft haben sollen. Da bislang erst etwa 400 Friseurunternehmen "besucht worden" seien, müsse mit "weiteren Begegnungen der unangenehmen Art bei Friseurunternehmen" gerechnet werden, heißt es in einem Fachblatt. Von insgesamt bundesweit 623 "auffällig gewordenen" Betrieben weiß dagegen die Sprecherin des Trierer Finanzamts, Julia Köster. Laut ihren Angaben bekamen allein in der Region Trier elf Friseure unangemeldeten Besuch. Geschäfte wurden durchsucht, Filialen und auch Privathäuser. Die Steuerfahnder hätten Buchführungsunterlagen sichergestellt, EDV-Daten, Computerprogramme und Kassenbons. Zwar läuft laut Köster die Auswertung noch ("Das sind Unmengen an Daten"). Doch ein Schuss in den Ofen war die Aktion offenbar nicht: "Es sind auf jeden Fall Treffer darunter", sagt die Trierer Finanzbeamtin. "Einige Friseure werden wohl Haare lassen müssen." Wortkarg geben sich dagegen die Obermeister der Friseur-Innungen im Kammerbezirk. Gehört haben zwar alle schon von den Durchsuchungen im Kollegenkreis, kommentieren wollen Walter Oberbillig (Trier-Saarburg), Peter Krebs (Bernkastel-Wittlich) und Guido Wirtz (Westeifel) die Aktion der Steuerfahndung allerdings nicht. "Wir halten uns da raus, das sind schwebende Verfahren", meint einer. "Jede Äußerung wäre Harakiri." Vor Vorverurteilungen und einer "pauschalen Kriminalisierung" der Unternehmen warnt indes der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks. Sollte sich der Verdacht am Ende bei "einigen wenigen schwarzen Schafen" doch bestätigen, dürfe dafür nicht eine ganze Branche in Verruf gebracht werden. Laut Finanzamtssprecherin Julia Köster drohen bei einer Verurteilung Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren. Die Software-Firma hat inzwischen reagiert und das seit Mitte der 90-er Jahre angebotene Statistik-Umsatz-Modul vom Markt genommen. In einer Stellungnahme im Internet räumt der Chef der österreichischen Niederlassung ein, dass mit dem SUM-Modul Missbrauch betrieben werden konnte. Dies sei "aber nicht das Haupteinsatzgebiet dieses Moduls" gewesen. Viele Friseure glauben indes, dass ihre Zunft von der Steuerfahndern "herausgepickt" wurde und nun stellvertretend für andere an den Pranger gestellt wird. "Das läuft doch woanders genauso", sagt ein Friseurmeister, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Zumindest in diesem Punkt gibt ihm Finanzamtssprecherin Köster recht: "Es gibt andere Branchen, wo's ähnlich läuft. Und auch die haben wir im Visier."

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