Webdesign aus Trier für chinesische Satelliten

Trier · Wenn Staaten wie Venezuela oder Nigeria Fernsehsatelliten ins All schicken, ist häufig der einzige kommerzielle Weltraumkonzern Chinas, die China Great Wall Industry Corporation (CGWIC), mit im Boot. Die Homepage des Unternehmens wird nun aufpoliert - von dem Trierer Designer und Fotografen Mehrdad Sade.

Trier. Ob Luxemburger Tankstellenkette, Augenoptik-Geschäfte an der Mosel oder Trierer Estrich-Spezialist: Mehrdad Sades Schwerpunkt ist es, vor allem Unternehmen in der Region Trier ein Profil zu verschaffen, das Betrieb und Dienstleistungen beim Kunden in Erinnerung ruft. Klassische Werbung also. Aber auch Einkaufszentren in Hamburg, eine Klinik im schweizerischen St. Moritz oder eine Kaffeehauskette gehören zu seinen Referenzen. Was ihn und seine vier Mitarbeiter jedoch seit einigen Monaten vor allem umtreibt, soll nun sogar weltweit Aufmerksamkeit erzeugen.
Der gebürtige Iraner, der über Hamburg an die Trierer Hochschule kam und hier Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie studierte, gestaltet die Homepage des chinesischen Raumfahrtkonzerns China Great Wall Industry Corporation (CGWIC) um. Dies ist insofern ungewöhnlich, als dass die CGWIC das einzige, von der kommunistischen Regierung zugelassene, kommerzielle Weltraumunternehmen ist - und damit offen für Aufträge von außen.
Komplette Satellitensysteme inklusive Trägerraketen des Typs "Langer Marsch" gibt es bei CGWIC für rund 300 Millionen US-Dollar, womit es in der kommerziellen Raumfahrt für Kommunikationsdienste, Radio und Fernsehen seit der Gründung 1980 zu den Preisbrechern weltweit zählt - weil ein Start bei CGWIC nur halb so viel wie der auf einer europäischen Ariane 4 kostet. Konkurrenz für traditionsreiche Unternehmen wie EADS oder die Nasa, für Schwellenländer wie Venezuela oder Pakistan aber eine günstigere Möglichkeit zur Teilnahme an moderner Kommunikation.
Bis zu den Olympischen Spielen in Peking 2008 stand die CGWIC gar auf der sogenannten "Itar"-Liste, die Hochtechnologie-Exporte in bestimmte Militärregime verbietet. Inzwischen verzeichnet der Konzern knapp 20 Weltraumstarts pro Jahr, für 2014 wird ein neues Raketensystem erwartet.
Abbau kultureller Unterschiede


Dass ausgerechnet ein kleines Trie rer Büro den Auftrag erhält, Fotos, Schriftzeichen und Produkte wie Trägerraketen und Satelliten der Homepage ins rechte Licht zu rücken und für westliche Kunden attraktiv zu machen, ist Zufall. "Der Auftrag kam über einen Münchner Kunden zustande, der Kontakt nach China hatte. Das war sehr wichtig, so war ich praktisch konkurrenzlos", sagt Mehrdad Sade zufrieden. Damit gehört der 57-Jährige zu den wenigen aus der regionalen Werbebranche, die Wirtschaftsbeziehungen zu China haben (siehe Extra).
Ging es zunächst nur um die Analyse der Homepage und um Vorschläge zur Umgestaltung, so war die Konzernleitung gleich so begeistert, dass der Gesamtauftrag an Sade erging. "Dabei sollten die Farben dezenter und die Formen nüchterner werden", sagt der Designer, der seit 1989 seine Agentur betreibt. Zum Abbau kultureller Unterschiede gehöre viel Überzeugungsarbeit, aber der Kunde habe auch die Einsicht gewonnen, nun auf sich aufmerksam machen zu können.
Kuriosum dabei: Sade erhält alle Aufträge und Wünsche des Kunden per Internet und Mail, muss nicht in China die komplizierten Entscheidungsprozesse abwarten. "Für mich hat das den Vorteil, dass ich gleich mit der Hauptperson verhandle", sagt er. Denn Wirtschaftskontakte mit China brauchen einen langen Atem, wie man bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier weiß. "Der Handel in China beruht auf einem komplexen Hierarchieverständnis", sagt Susanne Martin, IHK-Expertin für Auslandsbeziehungen. Da müsse auch die Atmosphäre stimmen.Extra

In der Informationstechnologie sind die Kontakte zwischen China und der Region Trier erst in der Beschnupper-Phase. Das Medien- und IT-Netzwerk Trier-Luxemburg (MITL) hatte vor einem Jahr erstmals eine Initiative gestartet und eine chinesische Delegation nach Trier eingeladen. Aufträge gab es daraus nur wenige. In anderen Branchen ist das nicht so. Die Exportanteile nach China etwa im Maschinenbau und der Elektrotechnik im Land sind teils zweistellig, manche Unternehmen liegen gar bei 25 Prozent. Hinzu kommen Medizintechnik, Bau, Umwelttechnik, erneuerbare Energien und Nahrungsmittel. Für die Region Trier gilt: Ob Ursprungszeugnisse oder Handelsrechnungen - die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier stellte 2012 immerhin mit 1200 Papieren doppelt so viele Dokumente für China aus wie noch 2011. Allerdings ist daraus das Volumen der Beziehungen laut IHK nicht ableitbar. Detail-infos gibt es für die Region Trier nicht, aber die Zusammenarbeit zeigt verschieden intensive Formen wie Filialen, Lizenznehmer oder projektbezogene Kooperationen. Landesweit gesehen nimmt China Rang 18 bei den Exportzielen ein. Die Ausfuhren ins Reich der Mitte nahmen 2012 um drei Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zu nach einem Umsatzplus von 26 Prozent 2011. Sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen für dieses Jahr werden in keinem Zielland so positiv eingeschätzt wie für China.sas

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