Weltmarktführer in Weinbautechnik
Wittlich · Ob in Frankreich, Deutschland oder Südafrika: Wo auf der Welt Wein produziert wird, ist die Firma Clemens aus Wittlich mit im Geschäft. Der Maschinenbauer hat erfolgreich eine Nische mit Produkten für den Weinbau besetzt. In diesem Jahr ist das Unternehmen nach eigenen Angaben so erfolgreich wie noch nie in der 60-jährigen Geschichte.
Wittlich. Wer sich heute Abend einen der berühmten Cabernet Sauvignons aus dem kalifornischen Napa Valley aufmacht oder sein Weinglas mit einem südafrikanischen Shiraz von den Rebflächen nahe Kapstadt füllt, der kann ziemlich sicher sein, dass die Trauben auch in irgendeiner Weise mit der Weinbautechnik des Wittlicher Unternehmens Clemens in Verbindung gekommen sind. Ob beim Pflanzen, Düngen oder Entlauben: Der Maschinenbau-Spezialist bezeichnet sich selbst im Geschäftsfeld Weinbau als "Weltmarktführer".
Und auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier zählte das Unternehmen bereits 2006 zu den sogenannten Hidden Champions, den versteckten Weltmeistern im deutschen Mittelstand, die sich wie Clemens in Nischen spezialisieren und innerhalb von 60 Jahren zum unangefochtenen Spitzenreiter ihrer Branche gemausert haben. So beliefert die Wittlicher Clemens GmbH Weingüter und Weinbauschulen weltweit, von den USA über Südafrika und Australien bis nach China und Indien. Der Exportanteil liegt in diesem Geschäftsbereich bei immerhin 70 Prozent. Dazu gehören Spezialmaschinen für eine satellitengesteuerte Rebenpflanzung oder ein neuer Rebholzzieher, der abgeschnittene Reben einsammelt und damit eine der letzten Handarbeiten im Weinberg automatisiert.
Krisen werden beobachtet
Gerade in den Herbstmonaten und bis zum Ende dieses Jahres legt das Unternehmen geschäftlich nochmals einen Endspurt hin, wie Bernhard Clemens, Geschäftsführender Gesellschafter des 125-Mann-Betriebes sagt. Denn nach der Weinlese zeige sich die Zufriedenheit der Winzer mit der diesjährigen Ernte. "Dieses Stimmungsbarometer zeigt uns auf den anstehenden Messen in Frankreich und Italien, wie die Investitionsneigung aussieht", sagt er. Gerade der Weinbau sei für das Unternehmen ein Balancefaktor. "Es gibt nie in allen Weinbauländern gleichzeitig einen Einbruch", sagt Clemens. So sind Wirtschaftskrisen wie die aktuelle im Weinland Spanien etwa für den Maschinenbauer leichter zu verkraften.
Der Firmenchef weiß, dass sich das weltweite Konjunkturklima schnell ändern kann. Etwa in den Jahren 2008/2009, als der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) einen Auftragseinbruch in der Branche um die Hälfte vermeldete. "Anfangs dachten wir noch an Einstellungen, später haben wir für ein Jahr Kurzarbeit eingelegt", erinnert sich Bernhard Clemens. Noch immer schwingt das Unwohlsein aus der Krisenzeit mit. "Man hat trotz guter Auftragslage - dieses Jahr wird vom Umsatz her das beste in der Geschichte des Unternehmens - ein komisches Gefühl", sagt er. Nicht, dass es vorher keine Abschwünge gegeben hätte. "Heutzutage sind die Zyklen schneller und kurzfristiger - und seit 2008 unberechenbarer. Das macht das Arbeiten heute anstrengender als es zu Zeiten unseres Vaters war", sagt der 53-Jährige.
Dabei liegt ein Teil des nationalen und internationalen Erfolgs auch in der Geschichte des Unternehmens begründet. Zu Anfang handelte der Firmengründer unter anderem auch noch mit Haushaltswaren wie Tellern und Tassen sowie mit Fahrrädern. Doch als der Durchbruch mit dem Sitzpflug (siehe Extra) gelang, entwickelte sich der Handwerksbetrieb konsequent zum Industriebetrieb mit eigener Fertigung.
Investition in neue Halle
Systematisch und konsequent wird auch heute noch eine Maschine entwickelt - manchmal bis zu zwei Jahre lang und bis zur Ersatzteilliste auf Russisch oder Spanisch. So systematisch hat sich der Betrieb auch seine Absatzmärkte erschlossen - per Wirtschaftsreisen, aber auch mit einer eigenen Niederlassung im kalifornischen Sacramento, die Bruder und Co-Geschäftsführer Thomas Clemens leitet.
Weil der Maschinenbauer sich auch mit Kellereitechnik und Sondermaschinenbau - also mit individuell hergestellten Geräten - beschäftigt, kann die Firma laut Clemens auch auf besondere Kundenwünsche eingehen. Das geht so weit, dass auch Unternehmen aus der Reifen-, der Lebensmittel- und Textilindustrie sowie Hersteller von Lackieranlagen und Medizintechnik in Wittlich ihre Maschinen ordern.
Um seine Produktion und Fertigung am Standort Wittlich auszubauen, will das Unternehmen schon bald rund eine Million Euro in eine neue Halle und Maschinen investieren. "Wir sind ein Verfechter von ,Made in Germany\'", sagt Bernhard Clemens. Und zum Beweis kündigt er das neue Geschäftsfeld "chemiefreie Gemüseerzeugung" an. Dabei wird die Erde etwa für Feldsalat mit Heißdampf vorbehandelt, um Krankheitserreger abzutöten. Außerdem - so die Erfahrung der Gemüsebauern - wächst der Salat anschließend schneller. In dem Zusammenhang soll die Produktion eines Dampfstrahlers zur Erdvorbehandlung von Ungarn nach Wittlich verlagert werden.
Gerade im Erschließen neuer Märkte sieht das Wittlicher Unternehmen auch künftig noch Wachstumschancen. Etwa in China, Australien und Südamerika, wo es vor allem im Weinbau noch einige Gebiete zu erarbeiten gibt. "Da ist noch viel zu tun", sagt der Unternehmenschef.
Extra
Bernard Clemens hat mit seinem Bruder Matthias das Unternehmen 1952 in Zemmer (Kreis Trier-Saarburg) gegründet. Er betrieb Wagenbau für die Landwirtschaft, ein Eisen- und Haushaltswarengeschäft, eine Tankstelle sowie den Verkauf von Fahrrädern und Motorrädern. Nach dem Durchbruch mit dem ersten Serienprodukt, einem Sitzpflug für den Steillagenweinbau, siedelte sich Clemens 1967 in Wittlich an. Zu den Maschinen für den Weinbau und den Einstieg in die Kellereitechnik kam 1982 der Sondermaschinenbau. 1996 haben die Söhne Bernhard und Thomas das Unternehmen übernommen und weiterentwickelt. Seit 1998 leitet Thomas Clemens die Niederlassung in Sacramento (USA). sas