Wem gehört die Deutsche Bank?

Berlin. Rekordgewinne und Massenentlassungen: Die Deutsche Bank ist in die Kritik geraten. Doch wer steckt eigentlich hinter dem Bankhaus?

Kabarettisten lieben den Gag: "Was ist falsch an der Auflistung: Deutscher Bundestag, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht, Deutsche Bank? - Nun, die Reihenfolge." Soll heißen, die Macht im Staate hat nicht die Politik, sondern das Kapital. Von letzterem hat der Branchenprimus reichlich - aber noch nicht genug. Denn trotz eines Börsenwertes von 36 Milliarden Euro, einer Kapitalrendite von 16,7 Prozent und einer Gewinnsteigerung im letzten Jahr um stolze 87 Prozent (auf 2,5 Milliarden Euro) ist die Führung der Deutschen Bank AG nicht zufrieden. Der Profit müsse weiter steigen, sagte Bankchef Josef Ackermann und kündigte einen zusätzlichen Personalabbau von 6400 Stellen an. 20 000 Jobs hat er bereits gestrichen. Über die Empörung berichten die Medien derzeit ausführlich. Tenor: "Unerträglich und verantwortungslos" (IG-Metall-Chef Jürgen Peters). Über die Begründung der Bank für ihr Verhalten wurden weniger Worte verloren. Und über die Bank selbst verlautet fast nichts. Zwar kennen viele Bürger durchaus den Vorstandsvorsitzenden Ackermann, der im Mannesmann-Prozess so spektakulär auf sich aufmerksam machte. Doch weiß kaum jemand, wem die nationale Institution Deutsche Bank überhaupt gehört.Aktiengesellschaft mit 500 000 Aktionären

Die überraschende Antwort von Bank-Sprecher Ronald Weichert: "Das wissen wir nicht genau." Der Grund ist simpel: Die größte deutsche Privatbank gehört nicht einigen Wenigen, sondern rund 500 000 Aktionären. Meist Kleinanleger, aber auch große internationale Fonds, die vor allem eins interessiert: die Dividende. Keiner der Aktionäre besitzt mehr als fünf Prozent der Anteile, meldepflichtige Großaktionäre nach dem Wertpapierhandelsgesetz sind nicht bekannt. Einer der größten Anteilseigner ist die spanische Sparkasse La Caixa mit 3,8 Prozent. Streubesitz ist gut für Unternehmensführer, weil sich eine große Masse - die sich nicht absprechen kann - leichter steuern lässt als eine Gruppe mächtiger Großaktionäre, die spezielle Interessen verfolgen. Das hat vor Ackermann auch Rolf Breuer erfahren dürfen, der heute als Vorsitzender des Aufsichtsrats seinen Einfluss geltend macht. Breuer war bis vor vier Jahren Vorstandschef, kontrolliert von Hilmar Kopper. Der wiederum war vor Breuer Deutsche-Bank-Chef und sitzt heute dem Aufsichtsrat der größten deutschen Firma DaimlerChrysler vor. An DaimlerChrysler hält die Deutsche Bank einen Anteil von 10,4 Prozent. Hier schließt sich der Kreis, auch für Ackermann: Der 56-jährige Schweizer gilt als Ziehsohn des alten Kopper, der ihn 1996 von der "Credit Suisse" nach Frankfurt lockte. Wer nun glaubt, in diesem elitären Club der Entscheider werde gemauschelt, könnte irren. Denn in einem der wichtigsten Bankhäuser der Welt (Nummer sechs nach der Bilanzsumme, Nummer zehn nach den Erträgen, Nummer 23 nach Börsenwert) geht alles mit rechten Dingen zu. Auch bezüglich des Gehalts des "Sprechers des Vorstands und Chairman des Group Executive Committee", wie sich Ackermann im globalisierten Business-Jargon nennen darf: Es beträgt rund elf Millionen Euro per anno, Ackermann verdient also 30 000 Euro am Tag. Gegen diese "exzessive Vergütung" hat der Kleinaktionär Herbert Witt auf der Hauptversammlung am 2. Juni 2004 protestiert, weil die "Kultur der Solidarität und des Augenmaßes einer Unkultur der Gier" gewichen sei. Doch vergeblich: Ackermann und dem vierköpfigen Vorstand wurde (mit 99,3 Prozent der Stimmen) ebenso klar Entlastung erteilt wie dem Aufsichtsrat (mit knapp 97 Prozent). Die neue Kritik wird Ackermann & Co. wenig anhaben können. Zwar gilt der Bankboss schon seit dem Mannesmann-Prozess als "Buhmann der Nation" ("Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung"), hat selbst der neue Industrie-Präsident Jürgen Thumann Kritik an der "maximalen Eigenkapitalverzinsung" bei gleichzeitigen Entlassungen geübt. Doch gilt die Binsenweisheit, dass "jeder Anleger möglichst hohe Zinsen will" (Wirtschaftsweiser Wolfgang Franz). Insofern kann sich Ackermann weiter seinem erklärten Ziel widmen, die Kapitalrendite auf 25 Prozent zu steigern.

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