Weniger Schutz, mehr Jobs?

Berlin Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland haben Angst um ihren Arbeitsplatz.

Nach Umfragen der Institute "Forsa" und "Emnid" fürchtet fast jeder dritte Beschäftigte, seine Stelle zu verlieren. Die damit einher gehende Verunsicherung wird oftmals auch für die anhaltende Kaufzurückhaltung und die schleppende Binnenkonjunktur verantwortlich gemacht. Trotzdem fordern Union, FDP und Wirtschaftsverbände nachdrücklich eine weitere Lockerung des Kündigungsschutzes. Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sagt jetzt aber, dass weniger Kündigungsschutz keineswegs zu den erhofften Effekten auf dem Arbeitsmarkt führt. In der Studie der Nürnberger Experten (das IAB ist der Bundesagentur für Arbeit angegliedert) wird der These widersprochen, weitere Einschränkungen im Kündigungsschutzrecht würden zu spürbar mehr Neueinstellungen und einer Entlastung des Arbeitsmarktes beitragen. Die Autoren, zu denen auch RWI-Vorstand Prof. Thomas Bauer gehört, kommen vielmehr zu dem Schluss, dass "die Änderungen der Schwellenwerte im deutschen Kündigungsschutzrecht weder auf die Zahl der Einstellungen noch auf die Zahl der Kündigungen einen messbaren Einfluss" hatten. Eine erkennbare Beschäftigungsdynamik sei nicht entfaltet worden.Zahlreiche Kritiker

Im Jahr 1996 hatte die Regierung Kohl den Kündigungsschutz gelockert: Kleinbetriebe bis zu zehn Mitarbeitern wurden vom gesetzlichen Schutz ausgenommen. Diesen Schwellenwert hatte die Regierung Schröder drei Jahre später auf fünf Mitarbeiter verringert, doch ist er im Rahmen der "Agenda 2010" zu Beginn dieses Jahres wieder auf den Zehnerwert angehoben worden. Dies halten die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände für unzureichend. Im Leitantrag für den CDU-Parteitag im Dezember ist ein Passus enthalten, der weitere Einschränkungen fordert. Der Schwellenwert soll auf 20 Beschäftigte angehoben werden, der Schutz bei Neueinstellungen soll in den ersten drei Jahren ganz wegfallen. Befürworter einer schärferen Regelung begründen ihre Forderung mit dem Hinweis, der Kündigungsschutz habe sich "seit langem als Beschäftigungsbremse" heraus gestellt (Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt, CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer, FDP-Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel). Dies gelte insbesondere für ältere Arbeitnehmer, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte. Dem widerspricht die Studie des IAB nach Untersuchung der Einstellungsraten und Abgangsraten in Kleinbetrieben vor und nach den Gesetzesänderungen in den 90er Jahren. Ein signifikanter Einfluss auf das Beschäftigungsniveau beziehungsweise die Arbeitslosigkeit habe nicht nachgewiesen werden können.

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