Wenn der Hauskauf zu teuer wird

Düsseldorf · Für viele Menschen ist das Ziel aller Träume ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung. Doch nicht immer lohnt sich das auf die Dauer. Der TV erklärt, warum.

Düsseldorf. "Mein Haus, mein Auto, mein Boot." Die sich in der Fernsehwerbung für die Sparkassen gegenseitig übertrumpfenden ehemaligen Schulkameraden Schober und Schröder wussten, worauf es zuallererst ankommt: auf das eigene Haus. Dass Autos und Boote schnell an Wert verloren haben, leuchtet jedem ein. Doch viele Hauskäufer glauben auch heute noch, ihr Heim würde, obwohl sie es täglich nutzen, im Laufe der Zeit mehr wert. Und irren damit häufig.

Zeit der Wertsteigerung vorbei


Zugegeben, früher war das meist so: Wer nach dem Krieg ein Häuschen kaufte und es so wie Hermann-Josef Tenbrücken (Name von der Redaktion geändert) mit viel Eigenarbeit in Schuss hält, hat damit - zumindest auf dem Papier - ein kleines Vermögen gemacht. 22 500 D-Mark kostete seine Doppelhaushälfte auf einem knapp 1100 Quadratmeter großen Grundstück in einem Vorort von Neuss am Niederrhein vor 55 Jahren. Heute schätzt Tenbrücken den Wert auf 250 000 Euro.
Menschen gehen dorthin, wo sie Arbeit finden, so dass in wachsenden Ballungszentren Wohnraum knapper und teurer wird. Auf der anderen Seite stehen auf dem Land Häuser leer, weil die Menschen wegziehen. Das geschieht um so eher, je schlechter die Verkehrsanbindung ist.
Doch fallende Wohnungs- und Hauspreise sind nicht allein ein Problem auf dem Land. Das Beratungsunternehmen Bulwien-Gesa hat analysiert, wie sich die Wohnungspreise in 128 Städten zwischen 2010 und 2015 voraussichtlich entwickeln werden. Wer demnach auf steigende Preise spekuliert, ist in Hamburg, Freiburg, Berlin und Potsdam richtig. Aber: In keinem Fall würde der höhere Preis nach fünf Jahren genügen, um die Nebenkosten beim Erwerb abzudecken.
Neuss gehört zwar nicht zu den Verlierern. Doch Tenbrücken ahnt, dass er vor ein paar Jahren sogar noch mehr als die heute geschätzten 250 000 Euro für sein Haus bekommen hätte. Sicher ist, dass sein Haus wie die meisten in Deutschland die Zeit der großen Wertsteigerungen hinter sich hat. "Bis Anfang der 90er Jahre sind die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen deutlich gestiegen", sagt Andreas Schulten, Vorstand bei Bulwien-Gesa. Zwischen 1975 und 1990 stiegen die Preise für Eigentumswohnungen in Westdeutschland jährlich um drei Prozent, für Reihenhäuser um 3,4 Prozent, stellt Bulwien-Gesa fest. Im wiedervereinigten Deutschland blieben dann bis Ende des vergangenen Jahres nur noch Steigerungsraten von 0,8 bis 0,9 Prozent übrig.
F+B Forschung und Beratung, ein Analysehaus aus Hamburg, hat für seinen Preisvergleich einen jüngeren Zeitraum gewählt und kommt zu einem für Eigenheimbesitzer noch schlechteren Ergebnis: Im Bundesdurchschnitt sind Einfamilienhäuser heute weniger wert als vor sieben Jahren und Eigentumswohnungen nur knapp zwei Prozent mehr wert.
Tenbrücken nimmt es missmutig zur Kenntnis, denn der Rentner hätte seinen Kindern gerne mehr hinterlassen. "Noch immer ist der Wunsch, den Kindern Sachvermögen zu vererben, ein Grund für den Hauskauf", sagt Immobilienspezialist Schulten. "Kinderlose Paare fahren jedoch besser, wenn sie ein Haus mieten statt kaufen und das dadurch gesparte Geld so anlegen, dass sie schnell darüber verfügen können." Dieses Paar kann nicht nur die Anschaffungskosten anlegen, sondern auch die Beträge für Instandsetzung und Modernisierung. Tenbrücken weiß gar nicht mehr, was diese beiden Dinge ihn gekostet haben. Denn Instandhaltung kostet viel Geld. Eigenheimkäufer unterschätzen häufig die jährlichen Instandhaltungskosten. "Wir halten eine Instandhaltungspauschale von mindestens einem Euro pro Quadratmeter und Monat für angebracht", sagt Roland Hustert, Geschäftsführer der LBS West Immobilien. "Bei älteren Objekten sollte sie höher sein." In konkreten Zahlen: Der Käufer eines 120 Quadratmeter großen neuen Reihenhauses sollte jedes Jahr mindestens 1440 Euro für Reparaturen auf die hohe Kante legen.
Mietern, die ins Eigentum wechseln wollen, empfiehlt Hustert eine einfache Überlegung: Wenn die Belastung aus Zins und Tilgung nicht höher als die Miete ist, dann ist der Eigentumserwerb überlegenswert. Zumal die immer noch niedrigen Zinsen die Belastung für Immobilienerwerber niedrig halten. Baufinanzierer wissen, dass die Entscheidung für die eigenen vier Wände aber nicht nur nach solch rationalen Kriterien erfolgt. "Sagen zu können, ich bin Hauseigentümer, ist den Menschen etwas wert", hat Huster im Laufe der Jahre festgestellt. Denn es gilt eben doch: "Mein Haus, …"
Der Autor arbeitet als Experte für die Wirtschaftszeitung Handelsblatt.

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