Wie man Abwasser in Wertstoff verwandelt

Ein junges Unternehmen mit großen Ambitionen: Die Armotec Pressenbau in Föhren (Kreis Trier-Saarburg) ist eingebunden in ein bundesweites Projekt zur Rückgewinnung von Rohstoffen aus industriellen Abwässern. Die Forschungsarbeit der Firma wird vom Bund mit knapp 67 000 Euro gefördert.

Föhren. Das Unternehmen ist gerade einmal eineinhalb Jahre alt. Doch die Belegschaft bringt langjähriges Fachwissen in die Produktion ein. Geschäftsführer Frank Selbach und einige seiner Mitarbeiter sind beruflich im Bau von Spezialpressen groß geworden.

Weltweite Chancen dank Nischentechnologie



Im Februar 2009 entstand die Armotec Pressenbau GmbH im Industriepark Föhren. Sie arbeitet eigenständig im Verbund der an gleicher Stelle ansässigen Arens-Gruppe, die in der metallver- und bearbeitenden Branche tätig ist.

Der weltweite Bedarf an hydraulischen Pressen ist relativ überschaubar, und für Standardanwendungen gibt es einige Hersteller, die die globale Nachfrage befriedigen können. Daher sieht Selbach die Chancen seiner Firma in der Herstellung von Sonderpressen, die individuell an die Erfordernisse von Kunden angepasst werden.

Ein wichtiger Abnehmer weltweit ist die sogenannte Feuerfest-Industrie. Dort werden Pressen benötigt, die aus tonähnlichen Massen Bauteile formen, die als hochfeste Keramik etwa für Ofenauskleidungen in der Hüttenindustrie benötigt werden. Auch die Kalksandstein-Industrie ist auf spezielle Pressen angewiesen, in denen ein loser Materialmix unter hohem Druck in handliche Bausteine verwandelt wird. Und selbst viele Nutztiere profitieren von den Ergebnissen der Sonderpressen. "Wir beliefern auch die Salzindustrie, denn die Viehsalz-Lecksteine werden ebenfalls durch Sonderpressen in Form gebracht", erläutert Selbach.

In Föhren können Pressen gebaut werden, die mit Kräften zwischen 500 und 3000 Tonnen arbeiten. Die fertigen Maschinen sind dann zwischen 25 und 140 Tonnen schwer und bis zu zehn Metern hoch.

Mit dem Forschungsprojekt betritt die Armotec Pressenbau Neuland. Die Aufgabenstellung des Vorhabens, an dem acht Unternehmen, zwei Forschungsinstitute und die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung beteiligt sind, klingt kompliziert - und ist es auch: Es geht um die Entwicklung von "Filterpressverfahren zur Entwässerung nanoskaliger Kieselsäureschlämme".

Dahinter verbirgt sich folgendes Problem: Auf der einen Seite entstehen Kieselsäureschlämme als Abfallprodukt in großen Mengen in der chemischen Industrie. Die in der Flüssigkeit enthaltenen Mineralpartikel sind so klein, dass sie mit bloßem Auge nicht auszumachen sind (nanoskalig). Auf der anderen Seite ist Kieselsäure in trockener, kristalliner Form besonders in der Baustoffindustrie ein heiß begehrter Zuschlag zur Verbesserung der Produktqualität - beispielsweise bei der Herstellung von Ziegeln.

Simples Filtrieren reicht nicht aus



Hier setzt das Forschungsprogramm an. Frank Selbach erläutert: "Wir arbeiten an der Problemlösung, wie man aus einer Masse mit etwa 85 Prozent Wasseranteil ein Produkt presst, das im Endstadium noch etwa zehn Prozent Wasser enthalten soll." Simples Filtrieren funktioniert in dem Fall nicht, weil die begehrten Nanopartikel mit dem ausgepressten Wasser weggeschwemmt würden.

Die Föhrener Spezialisten suchen also jetzt einen Weg, wie eine Presse den Schlamm gleichzeitig filtrieren und anschließend die Festpartikel unter hohem Druck in Form bringen kann. Selbach ist zuversichtlich, dass er mit seinen Experten ein wirksames Verfahren entwickeln wird.

Einen weiteren interessanten Einsatz für seine Spezialmaschinen hat Selbach im Hinterkopf. Denn auch aus Hausklärschlamm ließe sich noch okölogischer und ökonomischer Mehrwert pressen.

So sei es denkbar, gleich an Ort und Stelle in einer größeren kommunalen Kläranlage eine Filterpresse einzurichten, die aus dem massenweise vorhandenen Klärschlamm ein umweltverträgliches, weil kohlendioxidneutrales, festes Trockenprodukt fertigt. Dieses könnte beispielsweise - ebenfalls an Ort und Stelle - in einem Blockheizkraftwerk als Brennstoff dienen. Wertvoller Sekundärrohstoff aus Fäkalien - auch eine Idee ganz im Sinne umweltschonender Kreislaufwirtschaft.

extra IDas Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz trat 1996 in Kraft. Sein Ziel ist die Schonung natürlicher Ressourcen und die "hochwertige Verwertung" von Abfällen. Das Deponieren von Abfällen soll ab 2020 endgültig verboten sein. Derzeit werden jedoch unter anderem die vorwiegend in der chemischen Industrie anfallenden Kieselsäureschlämme mit hohen Kosten immer noch deponiert. Im Sinn des Abfallgesetzes wird nun erforscht, wie man mit geeigneten Verfahrenstechniken die in den Schlämmen enthaltene Kieselsäure als sogenannten Sekundärrohstoff zurückgewinnen und anderen Industriezweigen als wertvolle Trockenware zuführen kann. (ek)extra IIKieselsäure erscheint laut dem Wörterbuch der Technischen Universität Freiberg/Sachsen in der Natur als häufigster Gemengteil anderer Gesteine und auch als für sich bestehende Felsart (Quarz), zerkleinert als Kies und Sand, ferner als Sandstein sowie in reinster Kristallform als Bergkristall.

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