Wirtschaft in der Region will ausländische Kräfte anlocken

Trier · Sieben Jahre mussten Polen, Slowenen, Slowaken, Tschechen und Ungarn warten, bis sie in Deutschland die Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen können. Am 1. Mai ist es nun soweit. Für Arbeitssuchende aus den Ländern und für die deutschen Arbeitgeber ändert sich viel.

 Saisonarbeitskräfte können sich in Zukunft ohne großes Anmeldeverfahren Jobs in der Region suchen. Foto: dpa

Saisonarbeitskräfte können sich in Zukunft ohne großes Anmeldeverfahren Jobs in der Region suchen. Foto: dpa

Vor einigen Jahren ging in Österreich und Deutschland mit der Osterweiterung der EU die Angst um, dass Billigarbeitskräfte aus den neuen EU-Staaten auf den Arbeitsmarkt drängen und damit reguläre Jobs gefährden. Die Ängste gingen so weit, dass man für einige Länder eine Übergangsregelung aushandelte, die nun aber in wenigen Wochen fällt. Bei den Verantwortlichen in der Region herrscht sogar verhaltener Optimismus, ob man mit Hilfe der osteuropäischen Fachkräfte nicht die ein oder andere vakante Stelle besetzten kann.

Saisonverfahren entfällt



Was kommt auf den Arbeitsmarkt zu? "Vom 1. Mai an genießen die Einwohner aus Polen, Slowenien, Tschechien, der Slowakei und Ungarn die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Dies bedeutet, sie können in Deutschland genauso arbeiten wie bisher die alten EU-Bürger. Damit entfällt das sogenannte Saisonverfahren", erklärt der Pressesprecher der Agentur für Arbeit, Thomas Mares.

Noch im vergangenen Jahr waren knapp 5000 Saisonarbeitskräfte aus den osteuropäischen Ländern teilweise in der Region beschäftigt. Rund 4400 in der Landwirtschaft, 300 in der Gastronomie und fast 70 im Schaustellergewerbe.

Mit 3500 kamen die meisten Saisonkräfte aus Polen. Diese Arbeitskräfte können in Zukunft ohne großes Anmeldeverfahren sich Jobs in der Region suchen. "Die Verträge werden einfach zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelt", sagt Mares. Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesarbeitsagentur in Bonn könne aber auch weiterhin Arbeitskräfte aus diesen Ländern vermitteln.

Beim Bauern- und Winzerverband Trier-Saarburg sehen die Verantwortlichen gespannt auf den Termin. "Wir hoffen, dass unsere Mitglieder auch in Zukunft genügend Saisonarbeitskräfte bekommen", sagt Kreisbauernverbandsgeschäftsführer Gerhard Brenner. Für Winzer und Bauern sei es sehr schwierig, die oft komplizierte Rechtslage nachzuvollziehen, und dies werde nun nicht einfacher. Die Anmeldung der Saisonarbeiter, wer ist wann und wie hier sozialversuchungspflichtig, die steuerlichen Aspekte oder die Frage der Rentenversicherung seien nur einige der vielen Fallstricke. Doch generell erhoffen sich Landwirtschaft, Handwerk sowie Gastronomie und Industrie neue Möglichkeiten.

Matthias Schmitt, Geschäftsführer bei der Industrie- und Handelskammer Trier: "Mit einer Arbeitslosenquote von etwas über vier Prozent haben wir in vielen Bereichen Vollbeschäftigung." Weitere Fachkräfte würden nach seiner Ansicht nicht zu einem Verdrängungsprozess führen, sondern die regionale Wirtschaft beleben.

Das Handwerk in der Region hat bereits seine Fühler in der Slowakei ausgestreckt. "Über einen Mitarbeiter haben wir erste Kontakte mit Unternehmerverbänden", sagt HWK-Geschäftsführer Matthias Schwalbach. Stimme die fachliche Qualifikation und gebe es keine Sprachprobleme, sieht er gute Chancen für Betriebe und Arbeitnehmer.

Am Dienstag, 19. April, bietet der Bauern- und Winzerverband Trier-Saarburg ab 9 Uhr im Industriepark in Föhren ein ganztägiges Seminar mit Experten an (Anmeldung unter Telefon 0651/460560).

EXTRA FREIZÜGIGKEIT



Entlohnung: Existiert für die Branche ein Tariflohn und sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer Mitglieder der Tarifvertragsparteien, bildet der Tariflohn die Untergrenze. Die Lohnhöhe kann durch den Tarifvertrag festgelegt werden. Wird der Lohn frei ausgehandelt, darf er nicht sittenwidrig sein. Als Orientierung können mindestens zwei Drittel des vergleichbaren Tariflohns gelten. Für die Arbeitsverträge bei inländischen Arbeitgebern gilt deutsches Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. Der Arbeitsvertrag wird direkt zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber ausgehandelt. dpa

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