Wo der Wind im Land am stärksten bläst

Mainz · Kräfte bündeln für die Energiewende: Das Land arbeitet eng mit Städten und Gemeinden zusammen, um das große Ziel zu erreichen, dass der im Land verbrauchte Strom bis 2030 komplett aus erneuerbaren Energien stammt.

Mainz. Lob von den Kammern bekommt Wirtschafts- und Energieministerin Eveline Lemke (Grüne) nicht oft zu hören. Gestern durfte sie sich zumindest über wohlwollende Worte der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier freuen. Der von Lemke vorgestellte neue Windatlas stößt dort auf Zustimmung. Bislang habe das Land eine Koordination des Windkraftausbaus vermissen lassen - dieser Fehler sei nun zumindest ein Stück weit korrigiert worden, kommentiert IHK-Präsident Peter Adrian.
Auch die kommunalen Spitzenverbände sind zufrieden. Winfried Manns, Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebunds, bezeichnet den neuen Windatlas als "wichtige Entscheidungsgrundlage bei der Regional- und der Bauleitplanung".
Schneller Wind in der Schneifel


Was leistet der Windatlas? Er untersucht unter dem Titel "Energie, die einleuchtet" auf 47 Seiten die sieben vom Windklima her ähnlichen Naturräume Westerwald, Eifel, Trier (Moseltal), Hunsrück, Pfalz, Rhein-Neckar und Rheinhessen und beschreibt, wie dort die Windverhältnisse sind. So heißt es beispielsweise über den Teilraum Eifel: "Insgesamt ist das Windpotenzial in der Eifel durch die exponierte Mittelgebirgslage recht hoch." Im Gebirgszug Schneifel würden die höchsten Windgeschwindigkeiten registriert.
Laut Energieministerin Lemke geht es vor allem darum, landesweit Flächen zu identifizieren, "die man ökologisch und ökonomisch effizient für die Windkraft nutzen kann". Langfristig müsse es das politische Ziel sein, dass die Anlagen sich für Investoren rentierten und der Staat sie nicht mehr subventionieren müsse. Der Windatlas weist vier Prozent der Landesfläche als geeignet aus.
In der Vergangenheit wurden Anlagen offenbar falsch geplant beziehungsweise nicht dort errichtet, wo die Windstärke für einen wirtschaftlichen Betrieb ausreichend ist. Die CDU-Landtagsfraktion kritisiert, der Windatlas komme zu spät, weshalb bereits teilweise ein "Wildwuchs an Windrädern" und dadurch bedingt "unverantwortliche, vermeidbare Schäden" entstanden seien.
Eveline Lemke äußert sich dazu vorsichtig. "Es gibt Projekte, die den im Windatlas aufgezeigten Bedingungen nicht entsprechen", sagt sie. Die Ministerin nimmt an, dass solche Anlagen ab- oder zumindest umgebaut, sprich: mit leistungsfähigerer Technik ausgestattet werden.
Windräder können bis zu 200 Meter hoch sein, erklärt Dieter Wolf, Abteilungsleiter Energie im Ministerium. Die durchschnittliche Nabenhöhe (ohne Rotor) betrage in Rheinland-Pfalz 129 Meter.
Der Ministerin ist bewusst, dass es vielerorts Verunsicherung unter den Bürgern und Befürchtungen über eine "Zerspargelung" der Landschaft gibt. Sie will mit dem Windatlas für eine größere Akzeptanz sorgen. Jeder könne im Internet nachschauen, wie es in seiner Gemeinde mit der Windstärke aussehe. "Es wird schnell ersichtlich, wo sich neue Anlagen nicht rechnen", sagt Lemke. So wird etwa der Pfälzerwald, wo es heftige Proteste hagelte, als nicht geeignete Fläche ausgewiesen. Sie habe das immer gewusst und sich deshalb "auch nicht so aufgeregt".
Winfried Manns weist darauf hin, dass der Windkraftausbau in Rheinland-Pfalz "viele Facetten" beinhaltet. Deshalb gibt der Gemeinde- und Städtebund gemeinsam mit dem Energieministerium die Broschüre "Windenergie und Kommunen" heraus.
Dieser enthält unter anderem Anleitungen, wie Kommunen bei der Standortauswahl und der Verpachtung von Windkraftanlagen vorgehen können. Es werden die rechtlichen Grundlagen erläutert und gute Beispiele aus der Praxis - etwa aus der Verbandsgemeinde Wörrstadt in Rheinhessen - aufgezeigt.
Letztlich geht es laut Manns und Lemke darum, dass alle Ortsgemeinden, Verbandsgemeinden und Kreise an der Wertschöpfung durch neue Anlagen partizipieren, selbst wenn sie keine geeigneten Flächen haben. Die Broschüre benennt verschiedene Kooperationsmöglichkeiten und zeigt auch auf, welche Vor- und Nachteile bestimmte Gesellschaftsformen wie GmbH, Stiftungen, eingetragene Genossenschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts haben.Extra

RWE-Chef Peter Terium sieht wegen des drastischen Strompreisverfalls 30 bis 40 Prozent der RWE-Kraftwerke in den nächsten Jahren "im roten Bereich". "Wenn sich hier nichts ändert, dann wird es wirklich gefährlich", sagte Terium dem Manager Magazin. "Wir befinden uns in der größten Branchenkrise aller Zeiten." Der zweitgrößte deutsche Energiekonzern habe deshalb vor allem Gas- und Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von mehr als 10 000 Megawatt (MW) "unter kritische Beobachtung" gestellt - das entspricht der Leistung von sieben großen Kernkraftwerken und etwa einem Fünftel der RWE-Kraftwerkskapazität (52 000 MW). Weitere Kostensenkungsmaßnahmen im Unternehmen seien ein absolutes Muss, sagte der RWE-Chef. Dabei dürfe es auch bei den Löhnen kein Tabu geben. Zusammen mit der Gewerkschaft arbeite RWE an sozialverträglichen Lösungen, "wie wir zu marktkonformen Entgelten kommen", sagte Terium. Vor einem Jahr hatte RWE konzernweit den Abbau oder die Verlagerung von rund 2400 Stellen bekanntgegeben. Die Politik forderte Terium auf, das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit dem Einspeisevorrang für Wind, Sonnen- und Biomassestrom zu reformieren. Man könne zum Beispiel die Besitzer von Solarpaneelen dazu verpflichten, einen Teil ihres Stroms direkt zu vermarkten, statt ihn, wie bisher, zum festgesetzten Preis einfach in die Netze einzuspeisen. dpa

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