Wo die Welt bestechlich ist

Berlin · Griechenland gilt als die korruptionsanfälligste Nation im EU-Raum. Doch auch Deutschland ist nicht unbedingt ein Musterstaat, wenn es um die gefühlte Bestechlichkeit im öffentlichen Sektor geht. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Erhebung der Antikorruptionsorganisation Transparency International, die gestern in Berlin veröffentlicht wurde.

Berlin. Der Trierische Volksfreund hat die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema zusammengestellt. Was genau hat die Organisation Transparency untersucht? Der regelmäßig aktualisierte "Korruptionswahrnehmungsindex" listet Länder nach dem Grad ihrer im öffentlichen Bereich empfundenen Korruption auf. Dazu werden Untersuchungen von unabhängigen Institutionen in Punktwerte übertragen, die auf Umfragen unter Experten und Geschäftsleuten über ihre Erfahrungen mit Beamten und Politkern in den jeweiligen Staaten beruhen. Der Index resultiert aus Meinungsbildern und nicht aus tatsächlichen Korruptionsfällen, was laut Transparency die verlässlichste Methode ist.Was sind die wichtigsten Ergebnisse? Unter den 170 aufgeführten Staaten landet Griechenland auf Rang 94 und schneidet damit EU-weit am schlechtesten ab. Im Vergleich zu 2011 ist das ein Einbruch um 14 Plätze. Dagegen weisen Dänemark, Finnland und Neuseeland die geringste Korruptionsanfälligkeit auf. Schlusslichter sind Afghanistan, Nordkorea und Somalia.Gibt es eine Verbindung zwischen Euro-Krise und Korruption?Harte Fakten hat Transparency dafür nicht. Bei Griechenland drängt sich dieser Gedanke allerdings auf. Nach Angaben der in den USA ansässigen Gruppierung "Global Financial Integrity" haben reiche Hellenen zwischen 2003 und 2011 etwa 261 Milliarden Dollar ins Ausland geschafft. Das Geld stamme aus kriminellen Handlungen, Korruption sowie Steuerhinterziehung. Kürzlich hatte ein griechischer Journalist eine Liste veröffentlicht, auf der 2000 Griechen stehen, die ihr Vermögen in der Schweiz bunkern sollen. Auffällig ist, dass andere EU-Sorgenkinder bei der Untersuchung ebenfalls nur mäßig abschneiden: Spanien kommt auf Rang 30, Portugal auf 33 und Italien nur auf Rang 72.Wie schneidet Deutschland in dem Ranking ab? Deutschland belegt beim Korruptionsindex Platz 13. Vor Großbritannien (Rang 17), den USA (19) und Frankreich (22), aber hinter den Niederlanden (9) sowie Island (11) und Luxemburg (12). Gemessen an vergleichbaren Industriestaaten liegt Deutschland nur im Mittelfeld.Wie erklärt sich das Resultat für Deutschland? Die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller, ist davon überzeugt, dass Deutschland besser dastehen könnte, wenn es etwa eine Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung nicht weiter verzögern würde. Dies wiederum sei Voraussetzung für den Beitritt zur immer noch nicht ratifizierten UN-Konvention gegen Korruption. Zugleich kritisierte Müller es als "Unverfrorenheit", dass die schwarz-gelbe Koalition eine strengere Offenlegung der Nebentätigkeiten von Abgeordneten auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl verschieben will.Gibt es konkrete Anzeichen für Korruption in Deutschland? Transparency führt das Gesundheitswesen an. Nach Angaben ihrer Vorsitzenden Müller würden Ärztekammern kaum Auskunft über mögliche Bestechungen geben. Im Fokus stünden dabei sogenannte Anwendungsbeobachtungen, bei denen Pharma-Firmen niedergelassenen Ärzten Geld zukommen ließen, wenn diese für angebliche Studienzwecke bestimmte Medikamente verschrieben. Transparency plant dazu eine gesonderte Untersuchung.

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