Wo ist VW?

Brüssel · 2017 soll die Brennstoffzelle an Schub gewinnen. Daimler und BMW mischen kräftig mit, Volkswagen bleibt im Hintergrund.

Brüssel Es gibt die Technologie seit Jahrzehnten. Immer wieder präsentierten auch deutsche Hersteller Prototypen. Doch die letzten Jahre über war es ruhig geworden um die Brennstoffzelle. Ganz anders dagegen das Elektroauto - im Fachjargon die batterieelektrische Lösung. Es ist rasant auf dem Vormarsch. Doch die Forschungsabteilungen der großen Autobauer ließen die Brennstoffzelle nie fallen.
Hinter den Kulissen rumort es schon länger, jetzt wird auf das Gaspedal gedrückt: Daimler wird im Herbst auf der IAA als erster deutscher Hersteller einen SUV mit Brennstoffzellen-Technologie vorstellen, der serienmäßig produziert werden soll. Und BMW hat für 2021 eine Kleinserie angekündigt. Welche Modelle mit der Technologie ausgerüstet werden, das ist noch nicht entschieden. Wahrscheinlich ist jedoch, dass 1000 bis 5000 Stück im gehobenen Segment gebaut werden.
´Zum Hintergrund:
Bei eher auf Langstrecken ausgelegten größeren Autos kann die Brennstoffzelle am besten ihren Trumpf ausspielen. Das Tanken geht so schnell wie bei einem herkömmlichen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Letztlich handelt es sich bei der Brennstoffzelle auch um ein Elektrofahrzeug, das emissionsfrei fährt: Die Brennstoffzelle stellt aus Wasserstoff emissionsfrei Strom her, der dann das Auto antreibt. Die Technologie ist aber bequemer als beim batterieelektrisch betriebenen Auto, bei denen das Aufladen der Akkus lange dauert und es auf absehbare Zeit nicht genügend Schnell-Ladestationen für einen Massenbetrieb geben wird.
Während immer mehr Hersteller reine Elektrofahrzeuge anbieten und auch die Reichweiten langsam größer werden, bezweifeln viele Experten, ob das batterieelektrische Auto das Rennen um die Zukunftstechnologie machen wird. "In der Branche herrscht Einigkeit, dass die Brennstoffzelle die einzig sinnvolle Lösung ist", so etwa der Experte Peter Fuß von der Unternehmensberatung Ernst & Young.
Auch ein BMW-Insider bekennt: "Bis zum Jahr 2030 kann niemand zuverlässig voraussagen, welche Antriebstechnologie sich durchsetzt." Gerade die deutschen Hersteller, die viele Fahrzeuge in gehobenen Segmenten verkaufen, reizt die Brennstoffzelle: Reichweiten von 500 Kilometer sind schon heute kein Problem. Umso mehr fällt auf, dass ein großer deutscher Hersteller nicht mit von der Partie ist.
Vor wenigen Tagen haben 13 weltweit tätige Konzerne am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos eine milliardenschwere Initiative gestartet, um die Brennstoffzellen-Technologie voran zu treiben. Zehn Milliarden Euro wollen die Konzerne in den nächsten fünf Jahren investieren. Bis es überhaupt zum Durchbruch kommen kann, muss ein Tankstellen-Netz aufgebaut werden. Derzeit gibt es in Deutschland nicht einmal 30 Tankstellen, wo man Wasserstoff auffüllen kann. Immer wieder sind auch welche kaputt. Damit das Netz trägt, werden allein in Deutschland 400 Tankstellen benötigt. Kostenpunkt einer Tankstelle: mindestens eine Million Euro. Federführend bei der Initiative von Davos ist der französische Gase-Hersteller Air-Liquide, Linde ist ebenso an Bord wie die Ölmultis Shell und Total. Auch vier namhafte Autobauer machen mit, darunter Toyota und Hyundai, die in der Branche am konsequentesten die Technologie verfolgen, und Daimler und BMW.
Aber der Wolfsburger VW-Konzern eben nicht. Viele rätseln warum? Auffällig ist auch, dass sich VW aus dem einflussreichen Brüsseler Netzwerk Hydrogen Europe verabschiedet hat, das auf EU-Ebene der Technologie den Weg bahnen will. Monate später ist immerhin Audi beim Brüsseler Netzwerk eingestiegen. Die VW-Tochter entwickelt auch gerade einen Prototyp für ein Brennstoffzellen-Fahrzeug auf Basis eines sportlichen Geländewagens. Der Konzern selbst behauptet, keine Zukunftstechnologie zu verpassen. Ein VW-Sprecher wehrt gegenüber unserer Zeitung ab: "Der Konzern sieht den Wasserstoffantrieb, neben den rein batterieelektrisch angetrieben Fahrzeugen, als eine wichtige Technologie für die Mobilität der Zukunft an." Aus diesem Grund sei die Entscheidung gefallen, der Marke Audi konzernintern die Führung zur weiteren Erforschung der Brennstoffzellentechnologie zu übergeben.
Die Bundesregierung glaubt an die Brennstoffzelle. Im November hat sie erst beschlossen, 247 Millionen Euro dafür bereit zu stellen.UNTERSUCHUNGSAUSCHUSS WILL PIëCH VORLADEN


Extra

(dpa) Der Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestags beharrt auf einer Befragung des früheren VW-Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch. Das Gremium beschloss am Montag, den 79-Jährigen für eine Sitzung am 6. März als Zeugen vorzuladen. "Die Sache ist viel zu ernst, als dass man unverbindliche Angebote machen könnte", sagte der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens der Deutschen Presse-Agentur. Piëch hatte am Freitag über seinen Anwalt Gerhard Strate mitteilen lassen, er werde auf das "Angebot einer öffentlichen Anhörung vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages nicht eingehen". Piëch ist Österreicher und könnte freiwillig vor einem Untersuchungsausschuss aussagen. Zum Erscheinen verpflichtet sind ausländische Staatsbürger, die sich nicht in Deutschland aufhalten, im Unterschied zu deutschen Staatsbürgern aber nicht. Behrens sagte, die jüngsten Vorwürfe im Abgas-Skandal machten es dringend erforderlich, beide Seiten zu hören. Piëch soll laut Medienberichten in Befragungen durch Staatsanwälte und einer von VW engagierten Kanzlei Anschuldigungen gegen mehrere VW-Aufsichtsräte erhoben haben, darunter den niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil. Dieser hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

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