20-Millionen-Euro-Klinik geplant

Wo es einst Steyler Missionare und Gläubige hinzog, sollen künftig Touristen, Senioren, Familien, Bauern und Patienten hinkommen: Die Bauarbeiten für die Entwicklung des Geländes St. Paul bei Wittlich-Wengerohr laufen. Ein Großprojekt ist ein Klinik-Neubau.

 Noch ist das gelbe Missionshaus der optische Inbegriff von „St.Paul“. Wenn tatsächlich links davor die Klinik plus zwei Wohntürme gebaut werden, sind sie auffälligster Akzent des Geländes. TV-Foto: Sonja Sünnen

Noch ist das gelbe Missionshaus der optische Inbegriff von „St.Paul“. Wenn tatsächlich links davor die Klinik plus zwei Wohntürme gebaut werden, sind sie auffälligster Akzent des Geländes. TV-Foto: Sonja Sünnen

Wittlich. Ärzte aus China praktizieren in einer 18 Meter hohen Klinik mit 80 Zimmern. Der Bau wird eine Art Wahrzeichen der Stadt. Patienten aus ganz Europa kommen - so sehen das die Planer. Im Ideenpaket für die Zukunft von St. Paul wäre das Gesundheitszentrum für traditionelle chinesische Medizin (TCM) nur ein Baustein von vielen: exklusives Hotel, Gastronomie mit dem besonderen Etwas, Sozial-Zentrum mit Senioren- und Kinderheim, Kindertagesstätte, Vorzeige-Landwirtschaft, Ausflugszentrum mit Park, See, Garten und Autobahnkirche, Wohnprojekt der Zukunft für alle Generationen, Energiekonzept mit Vorbildcharakter und, und, und: Das alles sieht Hans-Jürgen Lichter in Zukunft auf dem Gelände rund um das ehemalige Missionshaus St. Paul. Er macht deutlich: "Wir sind auch nicht der zweite Nürburgring. Das ist ein rein privates Invest." Was im ersten Bauabschnitt, der bis Ende 2011 abgeschlossen sein soll, umgesetzt wird, und im zweiten Schritt, der noch genehmigt werden muss, geplant ist, zeigte er bei einem Ortstermin 40 Interessierten, darunter vielen Lokalpolitikern.

Autobahnkirche: Das Vorhaben ist abgeschlossen und wird von einem Verein getragen. Die Kirche wird zudem als Veranstaltungsraum für kulturelle Zwecke genutzt.

Hotel: Das ehemalige Missionshaus ist entkernt: Es entstehen 53 Zimmer und Suiten. Die Kreishandwerkerschaft zieht in die erste Etage mit ihrem medizinischen Dienst. Weiterhin ziehen ein Arzt, ein Physiotherapeut und ein Psychologe dort ein.

Seniorenresidenz: Die Erdgeschosse der drei Bauten mit 88 Betten stehen, ein vierter Bau ist geplant.

Landwirtschaft: Der Pachtvertrag mit der Justizvollzugsanstalt ist um zehn Jahre verlängert. Unter anderem werden weiter Hühner und Rinder gehalten. Ziel ist eine größtmögliche Selbstversorgung mit Lebensmitteln. Es wird sich auch ein Tierarzt ansiedeln.

Klostergarten: Die Arbeiten für den Klostergarten vor dem künftigen Hotel mit Wasserbecken, Park und 500 Weinbergspfirsichbäumen laufen.

Gastronomie: Die Umbauarbeiten für die Klostergastronomie mit Brauhaus, Weinrestaurant und Vinothek hinter dem künftigen Hotel sind fortgeschritten.

Fischzucht: Das ehemalige Schwimmbecken soll künftig der Fischzucht dienen.

Kinderhaus: Der Umbau des Schwesternwohnheims zu einem Kinderheim ist fortgeschritten. Im April soll Übergabe sein.

Kindertagesstätte: Laut Lichter steht auch das Bistum zur künftigen Kita. Sie könne in Fertigbauweise in drei Monaten errichtet werden.

Mehrgenerationendorf: Das Projekt gehört zum zweiten, noch nicht genehmigten Bauabschnitt: Es soll 78 Baustellen für Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Gemeinschaftsprojekte geben. Mit 350 bis 400 künftigen Bewohnern wird gerechnet. Außerdem sind auf der fünf Hektar großen Nettobaufläche Gewerbe und Dienstleistung vorgesehen.

TCM-Klinik: Bis zu 24 chinesische Fachärzte sollen in einem Klinikneubau arbeiten. Die TCM-Klinik ist mit 2000 Quadratmetern Fläche im Erdgeschoss geplant, darauf in einem Rundbau vier Bettengeschosse mit 80 Zimmern plus Dachgeschoss. Dazu sind als Rundbauten zwei Apartmenttürme mit sieben und neun Geschossen geplant: einer als Wohnstätte der Ärzte, einer für Langzeitpatienten. Die Klinik wäre laut Planern ein "Alleinstellungsmerkmal", da es je Bundesland nur eine geben könne und mit einem Einzugsbereich aus ganz Europa gerechnet werde.

Finanzen: Die mittlerweile drei Gesellschaften, die sich um die Entwicklung des Geländes rund um das ehemalige Klostergelände St. Paul kümmern, sind aus der Hofgut Stift Kloster Machern AG hervorgegangen, die das Gelände der Steyler Missionare gekauft hat. Sie ist verbunden mit der Günther-Reh-Stiftung und dem Trier er Bürgerverein 1864 (TBV), deren Geschäftsführer Hans-Jürgen Lichter ist.

Nach seinen Angaben werden im ersten Bauabschnitt 25 Millionen Euro investiert. Für den zweiten Bauabschnitt (Mehrgenerationendorf, TCM-Klinik) sollen allein in den Klinik-Bau 20 Millionen Euro fließen. Sämtliche Finanzierungen seien private Investitionen. Lichter betont, dass die privaten Investitionen in die Infrastruktur (wie das Wegenetz), die später an die Stadt übergeben würden, für beide Bauabschnitte 5,5 Millionen Euro betrügen. Eine Summe, die den Bilanzen des städtischen Haushaltes zugute komme.

Arbeitsplätze: Laut Hans-Jürgen Lichter werden im Zuge des ersten Bauabschnittes 150 Arbeitsplätze geschaffen, und "300 kommen insgesamt im zweiten Bauabschnitt dazu."

Zeitplan: Der erste Bauabschnitt mit rund zehn Hektar und 4,6 Hektar-Netto-Bauland (Hotel, Gastronomie, Senioren- und Kinderheim, Klostergartenanlage) soll bis Ende 2011 weitestgehend abgeschlossen sein. Für den zweiten Bauabschnitt mit rund zehn Hektar Netto-Bauland rechnet Lichter mit fünf bis sechs Jahren bis zur kompletten Umsetzung.

Meinung

Zukunftsvisionen auf plattem Land

Wenn jemand Land, Geld und Ideen hat, darf der machen, was er will? Das sind zugespitzt die Sorgen derer, die sich schwertun mit den ehrgeizigen, ja gigantischen Plänen für St. Paul. Eines muss man den Machern lassen. Eine 08/15-Geschichte wollen sie keineswegs auf die Beine stellen. Ihr Konzept hat unterschiedliche Standbeine. Tatsache ist: Wenn alles umgesetzt ist, wird St. Paul ein neues Zentrum, das Auswirkungen auf das Umfeld hat. Ob die gut oder schlecht sind, müssen die Entscheider für den zweiten Bauabschnitt jetzt abwägen. Eines ist jedenfalls vorbildlich: Die offene Informationspolitik lässt nicht zu wünschen übrig. s.suennen@volksfreund.de

Extra Zitate: "Wenn die Steyler nicht weg wären, würden wir nicht plötzlich das 21. Jahrhundert gefährdet sehen, nur weil St. Paul nicht entwickelt wird." Michael Wagner, Grünen-Stadtrat "Wo heute Dunlop steht, würden heute noch Radieschen und Kartoffeln wachsen. Auch diese Entscheidung war höchst umstritten." Bürgermeister Joachim Rodenkirch "Wir vertrauen der Wirkungsweise der Baukunst. Nebenwirkungen sind uns keine bekannt." Wolfgang Greb, Architekt, Planer der TCM-Klinik

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