Als Lance Armstrong von Wittlich nach Trier fuhr

Wittlich/Trier · Lance Armstrong sorgt derzeit für Schlagzeilen. Doch auch er hat klein angefangen. Vor 15 Jahren fuhr er bei der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt mit und genoss wie die anderen Fahrer in Wittlich das Essen des Malteser Hilfsdienstes.

Wittlich/Trier. Lance Armstrong streift sich das Gelbe Trikot des Spitzenreiters über den Kopf. Bei der Tour de France war das oft der Fall. Zwischen 1999 und 2005 gewann der Radrennfahrer sieben Mal hintereinander das schwerste Etappenrennen der Welt. Im Oktober 2012 musste er alle Siegerleibchen wieder abgeben, weil er des Dopings überführt war. Vor wenigen Tagen hat der Amerikaner auch öffentlich gestanden, über all die Jahre unerlaubte Mittel genommen zu haben. War er auch gedopt, als er am 1. Juli 1998 in Wittlich das Gelbe Trikot des Führenden überstreifte?
Ja, richtig gelesen. Lance Armstrong ist schon einmal in der Kreisstadt über die Zielline gesprintet - allerdings nicht bei der Tour de France, sondern bei der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt. Die besaß damals einen hohen radsportlichen Stellenwert und lockte auch auf den Straßen an Mosel, im Hunsrück und in der Eifel viele Zuschauer an die Strecke.
In der Wittlicher Feldstraße, quasi vor der Lokalredaktion des Trierischen Volksfreunds, überquerte Armstrong damals als Dritter der Halbetappe von Simmern nach Wittlich den Zielstreifen. Der Zeitvorsprung auf den bis dahin führenden Italiener Mariano Piccoli reichte aus, um das Gelbe Trikot zu erobern, das er auch auf dem zweiten Teilstück nach Trier verteidigte.
Wenige Schritte vom Zielstrich entfernt, in der Grundschule am Jahnplatz, heute Georg-Meistermann-Grundschule, legten der 106 Fahrer starke Tross sowie die Betreuer die Mittagspause ein.
Nudeln mit Hackfleischsoße


Auf dem Speiseplan standen Nudeln mit Tomaten- oder Hackfleischsoße, Salat, Weißbrot, Obst und Kuchen - also vor allem Kohlehydrate, um die Energiespeicher der Sportler wieder aufzuladen. Zubereitet wurde das Mahl von Mitarbeitern des Malteser-Hilfsdienstes Dreis.
Federführend war Werner Kranz. Er hatte sich extra einen Tag Urlaub genommen. An Lance Armstrong erinnert er sich knapp 15 Jahre später nicht. "Ich musste mich aufs Kochen konzentrieren.", sagt er. Eine Meinung zum so spät gestandenen Dopingmissbrauch hat er aber. "Das ist enttäuschend. Erst hält er sich bedeckt, und dann hat er den meisten Dreck am Stecken."
Lance Armstrong ist dem TV-Reporter als freundlicher schmächtiger Mann in Erinnerung geblieben, der sogar zu einem kleinen Plausch bereit war und ausdrücklich das Essen lobte. Er war auch damals schon bekannt, war unter anderem 1993 Weltmeister auf der Straße. Armstrong hatte eine schwere Zeit hinter sich. Im Oktober 1996 war bei ihm Hodenkrebs diagnostiziert worden. Der Mann aus Texas musste zweimal operiert werden. Die Fortsetzung seiner Karriere schien mehr als gefährdet.
Doch er kämpfte sich zurück ins Leben und auf das Rennrad. Im Frühjahr 1998 kehrte Armstrong auf die Straße zurück und nahm unter anderem an der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt teil.
Für die Stadt Wittlich war das damals ein besonderes Ereignis. Der damalige Bürgermeister Helmut Hagedorn kommentierte es so: "Man kann sagen, in Wittlich ist was los."
Die Frage, ob Armstrong auch damals schon dopte, wird wahrscheinlich unbeantwortet bleiben. Damals gab es noch die Illusion, dass dieser Sport sauber sein könnte. Viele Fahrer sind seither tief gefallen, Lance Armstrong ist ins Bodenlose gestürzt.
Er fährt keine Rennen mehr, aber Werner Kranz kocht noch immer für die Malteser: an Weiberfastnacht wieder die Erbsensuppe für die Wittlicher Möhnen. cb

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